«Motiviert bis in die Haarspitzen»
Jérôme Thiriet will die Nachfolge von Beat Jans antreten. Sie wollen die Schmach von 2020 wettmachen und die rotgrüne Mehrheit in der Basler Regierung zurück holen. Dafür riskieren sie den Frieden mit der SP.
Manchmal zählt es doch, schneller zu sein. Bevor am Mittwochabend die SP an der Delegiertenversammlung entscheidet, ob Mustafa Atici oder Edibe Gölgeli den Sitz in der Regierung verteidigen soll, der durch Beat Jans’ Wahl in den Bundesrat frei wird, preschten die Grünen vor. Um 7 Uhr gab’s die Medieneinladung, um 10.30 wurde die Katze aus dem Sack gelassen: Die Grünen wollen bei der Ersatzwahl am 3. März antreten.
Die Katze trägt bei der Pressekonferenz im Unternehmen Mitte einen gut sitzenden Anzug und Turnschuhe von New Balance. Jérôme Thiriet, Grossrat seit 2019, hat dort Erfahrung in der Geschäftsprüfungs-, Bildungs- und Kultur sowie der Wirtschaft- und Abgabekommission gesammelt. Das Grünen-Co-Präsidium Raffaela Hanauer und Benjamin van Vulpen präsentierte den Medienschaffenden gut gelaunt den Politiker, dem schon länger Regierungsambitionen nachgesagt werden.
Hanauer beschreibt ihn als «kompetent, führungserfahren und teamstark». Van Vulpen sagt, Thiriet kenne als «grüner Unternehmer» die Sorgen und Nöte der Wirtschaft. Thiriet ist nämlich seit 2014 geschäftsführender Inhaber der KurierZentrale, einem Velo-Kurierdienst. «Never Sleep, Always Deliver» steht als Motto auf deren Website.
Ob das auch auf Thiriet zutrifft? Bei der Pressekonferenz sagt er, er sei «motiviert bis in die Haarspitzen» für diese Kandidatur. Er bezeichnet sich selbst als «Macher», erzählt von seinem vielseitigen Engagement als waschechter Kleinbasler. Mit ihm könne man auch ausserhalb des linken Wähler*innenspektrums Stimmen holen, ist sich der Vorstand sicher.
Die Personalie ist also keine Überraschung – die Nomination an sich hingegen durchaus eine kleine. Die drei Grünen betonen an allen Ecken und Enden, wie wichtig es sei, die «sozial-grüne Mehrheit» wieder in der Regierung zu etablieren. Das lässt sich auf zwei Arten lesen: Einerseits soll gesagt werden, dass die Grünen ihren Regierungsanspruch erkennen und schon im März (nicht erst im Oktober bei den Gesamterneuerungswahlen) geltend machen wollen.
Andererseits soll das aber auch versöhnlich gegenüber der SP klingen, die man mit der Kandidatur nicht gerade happy gemacht haben dürfte. Denn es ist ja der SP-Sitz, der angegriffen wird. Darum sagt Hanauer auch, dass man die SP vorgängig über den Entscheid informiert habe und dass eine starke SP ebenso wichtig für die, ja, sozial-grüne Mehrheit sei.
So argumentiert sie weiter, dass man sich erhofft, mit einem grünen Kandidat eine breite linke Basis zu mobilisieren. Eine gewisse Unruhe, dass noch ein Sitz an die Bürgerlichen – die FDP will ihren Schlachtplan morgen bekannt geben – verloren gehen könnte, ist spürbar. Dabei wäre es ja eigentlich eine geschlossene linke Kandidatur, die es dafür bräuchte. Die Basta hat schliesslich bereits angekündigt, nicht bei den Ersatzwahlen antreten zu wollen.
Doch wer hat überhaupt den linken Vorteil auf seiner Seite? Für Atici beziehungsweise Gölgeli würde sprechen, dass sie Sichtbarkeit für den hohen Anteil der migrantisch geprägten Bevölkerung von Basel schaffen könnten. Für Thiriet beziehungsweise die Grünen könnte die attestierte Deutungshoheit über Umweltthemen von Vorteil sein. Denn für das ambitionierte Netto-Null-Ziel bis 2037 laufen die Fäden in der Fachstelle Klima zusammen – und das ist im Präsidialdepartement angesiedelt.
Die Grünen werden am 7. Januar bei ihrer Mitgliederversammlung endgültig entscheiden, ob sie definitiv, wie vom Vorstand vorgeschlagen, Thiriet ins Rennen schicken. Mit einem flotten Velo-Kurier haben sie da zumindest keine schlechten Chancen. Denn sprinten kann er.
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