Nationalrat will Bonusverbot für Grossbanken

Nach dem CS-Debakel will der Nationalrat ein Bonusverbot für systemrelevante Banken und höhere Eigenkapitalvorschriften. Die Linken finden das gut, bürgerlichen Nationalrätinnen aus beiden Basel passt das jedoch nicht. Warum nicht? Eine Umfrage.

A cleaning vehicle collects garbage past logos of the Swiss banks Credit Suisse and UBS in Zurich, Switzerland on Sunday March 19, 2023. (KEYSTONE/Michael Buholzer).
(Bild: KEYSTONE / MICHAEL BUHOLZER)

Nach dem Fall CS will die Politik offenbar dringend handeln und den Grossbanken so schnell wie möglich härtere Vorgaben machen. Das fand der Nationalrat am Dienstag und überwies drei SP-Vorstösse an den Bundesrat. Die Partei hatte diese schon 2021 eingereicht, als das ganze Ausmass der CS-Krise noch nicht absehbar war.

So will das Parlament,

  • dass systemrelevante Banken ihren obersten Chefs keine Boni auszahlen mehr dürfen, weil, so die SP «bonusgetriebene Anreizsysteme eine aggressive Risikokultur» förderten.

  • dass global tätige Banken mindestens 15 Prozent Eigenkapital haben müssen, um bei einer allfälligen Krise nicht die Steuerzahler*innen zu belasten. 

  • dass die eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA Banken und ihre Verantwortlichen büssen kann, wenn diese gegen die Regeln verstossen. 

Zwar hatte der Bundesrat schon in der ausserordentlichen Session letzten Monat erklärt, er wolle Regulierungen prüfen. Doch der Nationalrat wollte offenbar mehr Verbindlichkeit und Symbolik (so kurz vor den Wahlen). Im Ständerat dürfte die SP mit ihren Forderungen mehr Widerstand erwarten.

Und auch bei bürgerlichen Politiker*innen aus der Region stiessen die Regulierungen nicht auf grosse Freude, während Linke fanden, es sei höchste Zeit. Warum? Das haben wir alle Vertreter*innen aus beiden Basel in Bern gefragt. Das sind die Antworten, die wir erhalten haben.

Samira Marti
Samira Marti, SP BL

Der Nationalrat fordert ein Boniverbot für systemrelevante Banken. Warum ist das wichtig aus Ihrer Sicht?

Weil die variablen Entschädigungen risikotreibend sind. Sie führen dazu, dass ein Unternehmen zu hohe Risiken eingeht, weil der kurzfristige Profit überhöht wird. Wenn du zusätzlich noch eine Staatsgarantie im Hintergrund hast, dann führt das zu einer Kultur der Verantwortungslosigkeit auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. In der ausserordentlichen Session zum Fall CS letzten Monat hat das Parlament zwar Vorstösse überwiesen, aufgrund derer der Bundesrat jetzt Boniverbote überprüfen soll. Aber die Politik «prüft» Boniverbote nun schon seit 15 Jahren. Jetzt haben wir die zweite Bankenkrise, jetzt ist fertig mit Prüfen, jetzt müssen wir uns entscheiden. Das gilt auch für höhere Kapitalvorschriften.

Banken müssen in Zukunft mindestens 15 Prozent Eigenkapital haben, wenn es nach dem Nationalrat geht.

Ja. Hausbesitzer müssen 20 Prozent bringen. Je höher die Eigenkapitalvorschriften, desto solider ein Unternehmen. Grad, wenn eine Bank ein hohes Risiko eingeht, ist es wichtig, dass sie sich mit einer hohen Eigenkapitalquote stabilisiert. Wichtig ist meiner Meinung nach eine progressive Eigenkapitalquote – je grösser die Bank, desto mehr Eigenkapital muss sie haben. Denn die neue Megabank UBS ist zu gross für ein kleines Land wie die Schweiz – die jetzige Bilanz der Bank ist doppelt so gross wie die gesamte Wirtschaftsleistung der Schweiz in einem ganzen Jahr. Eine progressive Eigenkapitalquote ist ein Anreiz, nicht unendlich zu wachsen. 

Ausserdem soll die Finma fehlbare Banken büssen können.

Heute hat die Finma grade in Bezug auf die grossen Privatbanken zu wenig Handlungsspielraum und tritt zu zahm auf. Daher braucht es neue Instrumente. So ist es beispielsweise nötig, dass man auch man bestimmte Kader persönlich zur Verantwortung ziehen kann. 

Nationalrat Thomas de Courten, SVP-BL, portraitiert am Montag, 9. Dezember 2019 in Bern.
Thomas de Courten, SVP BL

Warum stimmten Sie Nein zum Boniverbot für systemrelevante Banken?

Der SP-Vorstoss ist populistisch «in», aber faktisch wirkungslos. Seit der letzten Bankenkrise und der Abzocker-Initiative sind Vergütungen in börsenkotierten Aktiengesellschaften bereits umfassend behördlich reguliert und kontrolliert. Genützt hat es gar nichts. Statt mit sinnlosen Verboten müssten sich die verantwortlichen Verwaltungsräte und Manager mit persönlichem Eigentum und Vermögen an den Staatshilfen für gescheiterte systemrelevante Unternehmen beteiligen. Nur, wenn’s ans eigene Portemonnaie geht, macht's weh.

Sie lehnten auch eine 15-prozentige Eigenkapitalquote bei Grossbanken ab.

Die Forderung ist in der Höhe willkürlich und in der Wirkung kontraproduktiv. Die CS ist auch nicht an fehlenden Eigenmitteln gescheitert, sondern gerade trotz entsprechender internationaler Vorgaben. Und das internationale Big Business bzw. Investment Banking kümmert das einer einzelnen Schweizer Bank gar nicht. Mehr Eigenmittel für die Bank müssten aber finanziert werden. Die höheren Kosten hat letztlich der Bankkunde zu tragen. Die kleinen Sparer und die mittelständischen Kreditnehmer bzw. Hypothekarkunden käme das teuer zu stehen. 

Und was spricht aus Ihrer Sicht gegen Finma-Bussen für fehlbare Banken?

Der FINMA stehen bereits heute Aufsichtsinstrumente wie ein Berufs- oder Tätigkeitsverbot, Bussen oder die Einziehung von Vermögenswerten zur Verfügung. Nur hat die FINMA bei der CS ihren Aufsichts-Job nicht richtig gemacht. Wer büsst jetzt die Verantwortlichen der Finma? Hätte die Finma eher und konsequent ihre Aufgabe erfüllt, wäre es gar nie soweit gekommen und die CS hätte nach den geltenden Gesetzen und Regeln abgewickelt werden können. Ohne einen derart grossen Schaden für den Bankenplatz und ohne derart immense Kosten für die Steuerzahlenden.

Florence Brenzikofer, Nationalraetin GP-BL, portraitiert am 3. Dezember 2019 in Bern. (Foto Parlamentsdienste)
Florence Brenzikofer, Grüne BL

Der Nationalrat fordert ein Boniverbot für systemrelevante Banken. Warum ist das wichtig aus Ihrer Sicht?

Die hohen Boni bei den Grossbanken führen dazu, dass viel zu grosse Risiken eingegangen werden. Solche Boni steigern nicht die Leistung, sondern sie führen zu einer Kultur der kollektiven Verantwortungslosigkeit, bei welcher der langfristige Erfolg des Unternehmens aus dem Blick gerät. Bei den systemrelevanten Banken – die faktisch weiterhin eine Staatsgarantie haben und im Fall der Fälle von uns Steuerzahler*innen gerettet werden müssen – können wir dieses Risiko nicht mehr eingehen.

Banken müssen in Zukunft mindestens 15 Prozent Eigenkapital haben müssen, wenn es nach dem Nationalrat geht.

Wir Grünen fordern spätestens seit der Finanzkrise 2008 höhere Eigenkapitalvorschriften, denn diese würden die Widerstandsfähigkeit von Banken im Krisenfall erhöhen. Leider haben die bürgerlichen Parteien bisher alle Versuche abgewehrt, die Bankenregulierungen zu verschärfen und die Eigenkapitalvorschriften zu erhöhen. Dass wir nun innerhalb von 15 Jahren bereits zweimal eine Grossbank retten mussten, ist eine Folge dieser Laissez-faire-Politik. Wenn wir die Klimaerhitzung nicht aufhalten, werden zukünftig übrigens auch Klima- und Biodiversitätsrisiken zum Stabilitätsproblem für die Banken. Wir Grüne fordern darum, dass diese ebenfalls in den Eigenkapitalvorschriften berücksichtigt werden müssen.

Ausserdem soll die Finma fehlbare Banken büssen können.

Wir müssen zwingend die Finanzmarktaufsicht stärker und Bankmanager besser zur Verantwortung ziehen können. Der Bundesrat arbeitet auf Anstoss von uns Grünen (Postulat Gerhard Andrey) bereits an einem Bericht, der Massnahmen aufzeigt. Selbstverständlich soll die Finma an fehlbare Banken und Manager auch Bussen ausstellen können.

Daniela Schneeberger, Nationalraetin FDP-BL, portraitiert am 5. Dezember 2019 in Bern.
Daniela Schneeberger, FDP BL

Der Nationalrat will ein Boniverbot für systemrelevante Banken. Sie stimmten dagegen, warum?

Der Vorstoss der Linken war eine Affekthandlung, die nicht durchdacht ist. Das Vergütungssystem insbesondere vom Kader bei globalen Banken muss angepasst werden, dahingehend, dass die betreffenden Regeln auf klaren und messbaren Kriterien beruhen. Sie müssen helfen zu verhindern, dass übermässige Risiken eingegangen werden. Eine solche Regelung ist komplex und muss gut durchdacht sein – dazu braucht es also Klärungen. Es kann ja nicht sein, dass z. B. gut arbeitende Geschäftsführer von Filialen (und das zählt die Motion auch auf) bei guter Arbeitsleistung auf einen Bonus einfach verzichten müssen, weil sie unter eine Regelung fallen, die zu wenig durchdacht ist. Sie sehen, es braucht eine smarte Regelung der variablen Lohnbestandteile. Bitte vergessen Sie nicht: Ein Bankenrun kann mit einem Verbot, wie es der SP vorschwebt, nicht verhindert werden.

Was haben Sie gegen eine mindestens 15 Prozent grosse Eigenkapitalquote bei Grossbanken?

Das Ziel ist ja, dass ein Bankenrun verhindert werden kann. Der Vorstoss wirkt hier nicht. Deutsch und deutlich: Höheres Eigenkapital wird den Bankenrun nicht verhindern. Die CS hatte genügend Eigenkapital. Aber: Höhere Eigenkapitalvorschriften haben auch Auswirkungen auf z. B. Hypozinsen und damit auf die Kunden. Hypotheken werden teurer, wenn die Eigenkapitalvorschriften erhöht werden, da die Bank mehr Kapital binden muss. Die Leidtragenden wären also alle Hypothekarkunden, die nun wirklich nichts für die aktuelle Situation können. Sie sehen, der Schnellschuss ist letztlich ein Schuss ins Knie der Kunden. Auch hier muss man sagen, solche einschneidende Massnahmen bedürfen zuerst einer Prüfung und dann einer smarten Massnahme, die man nicht aus dem Hut zaubern kann.

Sie befürworten, dass die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma fehlbare Banken büssen kann. Weshalb?

Es handelt sich hier um ein Postulat. Also der Bundesrat wird aufgefordert, die Einführung von Sanktionen und Bussen zu prüfen. Wir gehen davon aus, dass dies einen präventiven Charakter haben soll – denn wenn gewisse Handlungen unter Strafe oder Busse gestellt werden, dann hat das eine gezielte Wirkung. Dies entspricht unserer Forderung, die wir auch in der Kommission eingegeben hatten und die dann als Basis im Kommissionspostulat gemündet hat. Für mich ist dies ein Beweis, dass wir ganz gezielt die Schuldigen strafen wollen – ohne unüberlegte Kollateralschäden und ohne Vorverurteilung all jener Banker, die sich korrekt verhalten.

 

Nationalrat Eric Nussbaumer, SP-BL, portraitiert am Montag, 9. Dezember 2019 in Bern.
Eric Nussbaumer, SP BL

Der Nationalrat will, systemrelevante Banken ihren obersten Chefs keine Boni auszahlen mehr dürfen. Warum ist das richtig aus ihrer Sicht?

Der normale Mensch braucht keine Boni sondern nur einen anständigen Lohn. Der Rest ist ein unternehmerisches Gemeinschaftswerk. Wenn es gut geht, sollen alle einen 14. oder 15. Monatslohn bekommen.  

Ausserdem sollen global tätige Banken mindestens 15 Prozent Eigenkapital haben müssen. Wie stehen Sie dazu?

Erhöhtes Eigenkapital heisst, dass ein Unternehmen höhere Verluste selber tragen kann. Das ist richtig. Es gibt keine Logik, die besagt, dass bei Banken die Öffentlichkeit früher einspringen muss, wenn die Verluste hoch ausfallen.

 Die Finma soll in Zukunft fehlbare Banken büssen können.

Ja, eine Aufsichtsbehörde muss gezielt sanktionieren können. Dazu gehören auch Bussen.

 

Elisabeth Schneider-Schneiter
Elisabeth Schneider-Schneiter, Mitte BL

Warum stimmten Sie Nein zum Boniverbot für systemrelevante Banken und höheren Eigenkapitalvorschriften für Grossbanken?

Es besteht Handlungsbedarf bei der Regulierung von systemrelevanten Grossbanken, das ist klar. Deshalb haben Nationalrat und Ständerat anlässlich der ausserordentlichen Session zum Fall CS Prüfungsanträge an den Bundesrat überwiesen – auch im Bereich Boni und Kapitalisierung. Es gilt jetzt, diese Prüfungsberichte abzuwarten, sorgfältig zu analysieren und dann zu beschliessen, welche Regulierung es braucht.

Nationalrätin Sandra Sollberger
Sandra Sollberger, SVP BL

Warum stimmten Sie Nein zum Boniverbot für systemrelevante Banken?

Zu diesem Thema haben wir eine ausführliche Ausserordentliche Session im April durchgeführt und auch hitzig über Boni, höhere Eigenkapitalvorschriften und Finma-Bussen debattiert. Stand der Dinge ist, dass der Bundesrat mit diversen Postulaten nun beauftragt ist, verschiedene Optionen und Lösungen zu präsentieren und zu vergleichen. Boni-Einschränkungen, Eigenkapitalvorschriften und Bussenkompetenzen der Finma sind dabei explizit als zu prüfende Fragen enthalten. Danach sollen Gesetzesanpassungen folgen, nachdem eine Auslegeordnung und Analyse gemacht wurde.

Sibel Arslan, Nationalraetin GP-BS, portraitiert am 10. Dezember 2019 in Bern. (Foto Parlamentsdienste)
Sibel Arslan, Basta/Grüne BS

Der Nationalrat will, dass systemrelevante Banken ihren obersten Chefs keine Boni auszahlen mehr dürfen. Warum ist das richtig aus ihrer Sicht?

Ich habe noch nie verstanden, warum es ein Bonussystem braucht. Man verdient ja gut genug, wenn man auf einer gewissenen Ebene arbeitet. Sogar renommierte Wirtschaftsexperten kritisieren das Bonimodell seit Jahren. Daher finde ich gut, hat der Nationalrat die Forderung eines Boniverbots an den Bundesrat überwiesen.

Ausserdem sollen global tätige Banken mindestens 15 Prozent Eigenkapital haben müssen. Wie stehen Sie dazu?

Wir müssen jetzt dringend die Too-Big-To-Fail-Regeln anpassen, und über die Verletzlichkeit des Schweizer Finanzplatzes diskutieren. Das Risiko ist sonst zu gross für die Gesamtwirtschaft des Landes.

Die Finma soll in Zukunft fehlbare Banken büssen können.

Endlich sprechen wir über die Verantwortlichkeit der Kaderpersonen im Finanzwesen. Diese muss mit griffigen Massnahmen geregelt werden, bisher war die Finma ein zahnloses Kätzchen.

von-Falkenstein-Patricia-1
Patricia von Falkenstein LDP BS

Warum stimmten Sie Nein zum Boniverbot für systemrelevante Banken?

Das Kommissionspostulat der Rechtskommission, in der ich Mitglied bin, will eine Überprüfung der Bonuszahlungen, der Bundesrat und das Parlament hat dieses Postulat bereits angenommen, was wichtig und richtig war. Die Erkenntnisse dieses Postulats sollten zuerst abgewartet werden. Das Vergütungssystem muss angepasst werden, so dass keine zu grossen Risiken eingegangen werden um grosse Boni zu erhalten. Die Boni ganz allgemein abzuschaffen ist wahrscheinlich nicht die richtige Lösung, denn diese können ein wesentlicher Bestandteil des Lohnes sein. Darum muss diese Regelung gut durchdacht sein. Exzesse und zu hohe Boni sollen aber nicht mehr möglich sein.

Was spricht aus Ihrer Sicht dagegen, dass Grossbanken Eigenkapitalquoten von 15 Prozent haben müssen?

Die Schweiz besitzt bereits heute starke Anforderungen an die Eigenmittel der Banken, diese wurden seit der Finanzkrise deutlich erhöht. Die CS ist nicht wegen fehlender Eigenmittel, sondern wegen mangelnder Liquidität in die Krise gelangt. Mehr Eigenmittel würde den Hypothekarmarkt beeinflussen, es würden also die Hypothekarnehmenden bestraft, was sicher niemandem hilft, im Gegenteil. Auch betreffend Erhöhung der Eigenmittel muss zuerst geklärt werden, was Sinn macht und was im Falle einer Krise tatsächlich hilft. Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sind bis heute nicht belastet worden.

Die Finma soll fehlbare Banken büssen können. Warum befürworten Sie diese Forderung?

Dazu wurden bereits ähnlich Forderungen, z. B. von der FDP eingereicht. Dieses Postulat der SP will, dass der Bundesrat prüft, ob die Einführung von Sanktionen und Bussen sinnvoll sind. An der ausserordentlichen Session zum Fall CS wurde bereits ein Kommissionspostulat der Rechtskommission überwiesen. Mit dem Inhalt, dass der Bundesrat eine rechtliche Auslegeordnung betreffend die mögliche Verantwortlichkeit von früheren und aktiven Führungsorganen der CS aus Sicht des Staates/Privaten machen soll. Diese Forderung geht in eine ähnliche Richtung und ist zu begrüssen.

Portrait von Nationalraetin Sarah Wyss, SP-BS, am Rand der Herbstsession der Eidgenoessischen Raete, am Dienstag, 21. September 2021 im Bundeshaus in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
Sarah Wyss, SP BS

Der Nationalrat möchte, Stand jetzt, ein Boniverbot für systemrelevante Banken. Warum ist das wichtig aus Ihrer Sicht?

Variable Löhne führen zu Fehlanreizen, dies ist bei obersten Chefs besonders schlimm. Denn anstatt nachhaltige Geschäfte voranzutreiben, wird einseitig und kurzfristig gehandelt. Dies schadet dem Unternehmen und schlussendlich müssen die Steuerzahlenden dafür gerade stehen. Hinzu kommt, dass es schlicht unanständig und fernab von jeglicher Realität ist, was die Chefs verdienen. Ein Hohn gegenüber ganz vielen Menschen, welche tagtäglich aufstehen und zur Arbeit gehen.

Ebenfalls hat der Nationalrat einen Vorstoss für 15 Prozent Eigenkapital bei Grossbanken überwiesen. Warum finden Sie das richtig?

Das Eigenkapital gibt einer Bank Stabilität. Damit kann sie weitere Kredite vergeben und im worst-case auch einspringen. Wenn aber zu wenig Eigenkapital vorhanden ist, dann gibt es durchaus auch wenig Vertrauen in die Bank, krisenresistent zu sein. Und das kann dann zu Bankenrettungen wie dieser führten. Deshalb braucht es für systemrelevante Banken mehr als die Regelungen von Basel III, denn schlussendlich müssen sonst wieder die Steuerzahlenden in die Presche springen.

Die Finma soll fehlbare Banken büssen können. Ist das sinnvoll?

Ja. Die Finma ist zahnlos und das ist politisch so gewollt. Und das ist falsch. Bussen und andere weitere Instrumente könnten die Finma stärken. Aber es ist wichtig zu betonen, dass es gesetzlich stärkere Regulierungen braucht. Dieses CS-Debakel ist nicht wegen der zahnlosen Finma passiert sondern in erster Linie, weil eine bürgerliche Mehrheit im Parlament seit der UBS Rettung jegliche Regulierung abgelehnt hatte.

Katja Christ GLP
Katja Christ, GLP Basel

Der Nationalrat forderte ein Boniverbot für systemrelevante Banken. Sie haben sich enthalten. Warum?

Die Forderung per verpflichtender Motion nach einem absoluten Verbot von Bonuszahlungen an Verwaltungsrat und Geschäftsleitung von systemrelevanten Banken ist ein einschneidender Eingriff in die verfassungsmässig garantierte Wirtschaftsfreiheit. Um eine solche Forderung unterstützen zu können, muss ich sicher gehen können, dass diese Massnahme geeignet und erforderlich ist, um das damit angestrebte Ziel erreichen zu können. Zudem muss ich auch wissen, welche negativen Folgen ein komplettes Verbot mit sich bringen könnte. Ich bin überzeugt, dass wir bei den Boni eine Anpassung brauchen. Solche ausufernden Auszahlungen trotz Verlusten ist nicht mehr akzeptabel. Ein Bonus-Malus-System könnte jedoch eine Antwort darauf sein, anstelle eines Verbots. Ich möchte jedenfalls die Postulatsberichte abwarten, die wir an der ausserordentlichen Session in Auftrag gegeben haben. Ich möchte solche Entscheide aufgrund fundierter Kenntnisse aller Fakten und Auswirkungen treffen können. Meine Enthaltung zeigt demnach, dass ich inhaltlich Handlungsbedarf sehe, diese Motion kann ich aber so und heute nicht unterstützen.

Der Nationalrat stimmte darüber ab, ob Banken mindestens 15 Prozent Eigenkapital haben müssen. Auch hier haben Sie sich enthalten, warum?

Für systemrelevante Banken sind strengere Eigenmittel- und Liquiditätsvorschriften zu prüfen. Ebenso alle weiteren Massnahmen, die die Stabilität und Resilienz der Banken verbessern. Aber: Das aktuelle Bankengesetz verlangt, dass systemrelevante Banken besondere Anforderungen erfüllen müssen. Diese müssen 

  • verhältnismässig sein 
  • und die Auswirkungen auf die betroffenen Banken und den Wettbewerb berücksichtigen 
  • sowie international anerkannten Standards Rechnung tragen.

Würde ich heute und jetzt einer verpflichtenden Motion zustimmen, die eine Eigenkapitalquote von mind. 15 Prozent verlangt, so verletze ich damit alle drei Anforderungen ohne zu wissen, ob genau diese Massnahme angemessen und zielführend ist. Wieso genau 15 Prozent? Wie können wir das belegen? Was für negative Auswirkungen auf die Bevölkerung hat eine solche Mindestforderung, die wohl auch im Credit-Suisse-Debakel nichts gebracht hätte. Ich möchte also auch hier in voller Kenntnis aller Tatsachen und Auswirkungen entscheiden können und möchte die beim Bundesrat hängigen Postulatsberichte dazu abwarten. Da ich jedoch auch hier Handlungsbedarf erkenne, enthalte ich mich bei dieser Motion.

Und soll die Finma fehlbare Banken büssen?

Ja, das befürworte ich. Die Ressourcen und Durchsetzungsmittel der Finanzmarktaufsicht (Finma) sind dringend zu verbessern. Es braucht genügend Personal mit der nötigen Expertise und Erfahrung, um die Banken wirksam zu beaufsichtigen. Es handelt sich zudem um ein Postulat und geht in dieselbe Stossrichtung wie das von den Kommissionen bereits in der ao-Session gefordert und von mir unterstützt wurde. Der Bundesrat muss aufzeigen, wie er die Finma wirksam stärken kann.

Mustafa Atici
Mustafa Atici, SP BS

Der Nationalrat forderte ein Boniverbot für systemrelevante Banken. Warum ist das wichtig aus Ihrer Sicht?

Boni schaffen einen starken Anreiz, masslose Risiken einzugehen. Boni führen auch zu einer falschen Personalauswahl, denn sie ziehen die besonders Geldgierigen an, aber nicht jene, die Verantwortung für das Wohlergehen aller übernehmen wollen. Es braucht gesetzliche Leitplanken, weil die Aktionärsdemokratie bei der Begrenzung massloser Boni und Gehälter völlig versagt hat. Angesichts der faktischen Staatsgarantie für systemrelevante Banken können wir den Verlust nicht länger den Steuerzahlenden überlassen und den Gewinn den geldgierigen Boni-Jägern. 

Banken sollen ausserdem mindestens 15 Prozent Eigenkapital haben müssen.

Es ist ganz einfach: Je höher das Eigenkapital, desto sicherer die Bank. Gerade in Zeiten von verunsicherten Kunden und Kundinnen wird eine ausreichend hohe Eigenkapitalquote zum Wettbewerbsvorteil. Wer vertraut sein Geld schon gerne einer Bank an, deren Polster bloss wenige Prozent ausmacht? 

Soll die Finma fehlbare Banken büssen können?

Ja. Es gibt Banker, die etwas nur begreifen, wenn es andernfalls monetäre Konsequenzen hat. Das hat inzwischen auch die FINMA selbst begriffen, die nach dem CS-Debakel unmissverständlich die Einführung einer Bussenkompetenz fordert – so wie das bei den Aufsichtsbehörden in den USA, dem Vereinigten Königreich und der EU längst der Fall ist

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Bei Bajour als: Journalistin.

Hier weil: Das Hobby meines Mannes finanziert sich nicht von alleine.

Davor: Chefredaktorin im Lokalmedium meines ❤️-ens (Bajour), TagesWoche (selig), Gesundheitstipp und Basler Zeitung

Kann: alles in Frage stellen

Kann nicht: es bleiben lassen

Liebt an Basel: Mit der Familie am Birsköpfli rumhängen und von rechts mit Reggaeton und von links mit Techno beschallt zu werden. Schnitzelbängg im SRF-Regionaljournal nachhören. In der Migros mit fremden Leuten quatschen. Das Bücherbrocki. Die Menschen, die von überall kommen.

Vermisst in Basel: Klartext, eine gepflegte Fluchkultur und Berge.

Interessensbindungen:

  • Vorstand Gönnerverein des Presserats
  • War während der Jugend mal für die JUSO im Churer Gemeindeparlament. Bin aber ausgetreten, als es mit dem Journalismus und mir ernst wurde.

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