Keine Zeit mehr zum Lachen
Am 20. Jubiläum hat die Stiftung Humor & Gesundheit das Ende ihrer Arbeit verkündet. Sie hat in den vergangenen Jahren rund 100 Projekte unterstützt, die sich für heilsamen Humor zum Wohle älterer Menschen einsetzen.
Nur wenige Meter vom Trubel der Herbstmesse entfernt, steht eine Clownin vor dem Ramsteiner Hof an der Rittergasse und empfängt die Besucher*innen am Jubiläum der Stiftung für Humor & Gesundheit mit einer roten Nase und Ballonen. Mit einem Lächeln im Gesicht betreten die Mitglieder den Saal, auch wenn es heisst, Abschied zu nehmen. Denn die Stiftung feiert nicht nur ihr 20-jähriges Bestehen, sie verkündet auch ihre Auflösung. Wer nun aber einen traurigen Anlass erwartet, täuscht sich, denn an dem Nachmittag kommen zahlreiche Humorschaffende auf die Bühne und berichten mit kleinen Showeinlagen von ihrer Arbeit mit betagten Menschen.
«Humor kann nicht nur ansteckend, sondern auch heilsam für das körperliche und psychische Wohl sein.»Beat Hänni, Präsident des Stiftungsrates
Die Stiftung hat in den vergangenen 20 Jahren viele Projekte angestossen, die bis in die heutige Zeit und sicher auch in Zukunft noch realisiert werden. Ziel sei immer gewesen, eine Anschubfinanzierung zu leisten, sagt der Präsident des Stiftungsrates Beat Hänni. «Diese Zeiten sind nun leider vorbei. Viele Alters- und Pflegeheime haben heute andere Prioritäten und kaum noch Ressourcen für interne Humorschulungen des Personals oder für Auftritte von Humorschaffenden und Begegnungsclowns mit Demenzbetroffenen in den Institutionen selbst.
«Heimleiter*innen sind heute Geschäftsführer*innen, das Heim muss sich rentieren und Humor dieser Priorität unterzuordnen wird immer schwerer.» Hänni ist aufgrund seiner Erfahrung sicher: «Humor kann nicht nur ansteckend, sondern auch heilsam für das körperliche und psychische Wohl sein. Die Wertschätzung von Humor und heiterer Gelassenheit nimmt im Alter zu.»
«Es hat sich gezeigt, dass der Stiftungszweck nicht mehr erfüllt werden kann.»Klaus Bally, Stiftungsrat
Es sei das Ziel der Stiftung gewesen, älteren und unterstützungsbedürftigen Menschen das Leben durch Vermittlung von Humor zu verschönern, wie der ehemalige Hausarzt und Stiftungsrat Klaus Bally in seiner Ansprache sagt: «In den vergangenen 20 Jahren ist es uns gelungen, viele Projekte anzustossen.» Es habe sich aber gezeigt, dass der Stiftungszweck nicht mehr erfüllt werden könne, weil das Interesse an der Vermittlung von Humor zurück gehe und kaum noch neue Ideen realisiert werden könnten. Dies, obgleich einfühlsamer und respektvoller Humor das körperliche und psychische Wohl stärken würde – darüber scheinen sich alle im Saal einig zu sein.
«Humor kennt kein Alter», sagt auch Hänni. Er hat die Stiftung vor 20 Jahren als Co-Gründer ins Leben gerufen und sieht die Aufhebung nun mit einem lachenden und einem weinenden Auge. «Ich fühle Freude, Genugtuung und auch Stolz über das, was wir im Stiftungsrat erreicht haben», sagt der 85-Jährige. Dies dank treuen Spender und Spenderinnen.
Hänni blickt zurück auf die Zeiten, in denen Humorforschung gross geschrieben wurde und er gemeinsam mit der Stiftung in den Jahren 2014-17 Humorkongresse im Basler Congress Center zu Themen wie «Humor in Pflege und Therapie» oder «Humor als Ressource der Bewältigung» organisiert hat. «Innerhalb der Gesellschaft wurde immer mehr akzeptiert, dass Humor heilsam sein kann und es wichtig ist, gerade älteren Menschen mit Humor zu begegnen und sie aufzuheitern», erinnert er sich.
«Humor trotz(t) Alter»
Zeitweise hätten Altersheime für das gesamte Personal vom Koch bis zur Pflegerin eine Humorschulung gebucht. Wegweisend sei damals auch die Forschung des Psychologen Willibald Ruch und seinem Team an der Uni Zürich gewesen, zu dessen Schwerpunkten die positive Psychologie und die Erforschung des Humors gehörten. Die Bewegung von den 1990er Jahren bis weit in die 2000er Jahre hinein habe der Stiftung Auftrieb gegeben, erzählt Hänni.
Mittlerweile ist er lange pensioniert, sein Engagement begann er aber bereits in Zeiten, in denen er noch in der Pharmabranche tätig war. Künftig hält er weiter interaktive Referate an Veranstaltungen von sozialen Vereinigungen, wie Kirchgemeinden oder Seniorenorganisationen. Seine Mission ist, seine Erfahrungen im Bereich des heilsamen Humors und als Humorarbeiter, wie er sich nennt, weiterzugeben. Sein Credo: «Humor trotz(t) Alter».
Das Ende der Stiftung ist vor allem von Dankbarkeit geprägt. Das verkörpert auch das Clownduo Crövetten, das auf der Bühne steht. Tanja Sprenger und Nicole Mara Burri geben Einblicke in ihre «sehr berührende Arbeit» mit älteren Menschen. Sie berichten von einer Seniorin, die sagte: «Wenn ihr jede Woche vorbei kommen würdet, bräuchten wir weder einen Arzt noch Medikamente.»
Dennoch bekommt auch das Duo zu spüren, dass sich Alters- und Pflegeheime kaum noch Ressourcen für ihre Arbeit haben. Selbst ihr Angebot, gratis Humorschulungen für das Personal zu geben, werde kaum noch angenommen, weil das Pflegepersonal keine Zeit für diese Zusatzleistung habe. Ihr Auftritt aber zeigt: Die Crövetten nehmen’s mit Humor und bieten ihre Arbeit weiterhin an. Die Künstlerinnen Lea Ganz und Brigitte Schanz bringen es mit ihrem Clown-Theater auf den Punkt, als sie singen: «Jedes Ende ist ein Anfang vom nächsten neuen Schritt.»