Das musst du zur Service-Citoyen-Initiative wissen
Die Service-Citoyen-Initiative, über die wir am 30. November abstimmen, will den obligatorischen Militärdienst zu einem allgemeinen Bürger*innendienst für alle weiterentwickeln. Die zehn wichtigsten Fragen und Antworten.
Wer soll gemäss der Initiative einen Dienst absolvieren?
Die Initiative will die heutige, nur für Männer geltende, Wehrpflicht in einen allgemeinen Dienst für alle Schweizer*innen überführen. Künftig soll jede Person mit Schweizer Bürgerrecht einen Dienst zugunsten der Allgemeinheit und der Umwelt leisten. Das Parlament könnte zudem bestimmen, ob auch Personen ohne Schweizer Pass teilnehmen oder eine Ersatzabgabe entrichten müssen. Menschen mit erheblichen Behinderungen wären von der Dienstpflicht befreit. Anstelle einer klassischen Tauglichkeitsprüfung soll es einen Fähigkeiten- und Präferenzcheck geben, um die Einsätze besser an individuelle Stärken anzupassen.
Welche Bereiche umfasst der Dienst?
Der Dienst könnte in der Armee, im Zivilschutz, im Zivildienst oder durch die Ersatzabgabe geleistet werden. Der zivile Dienst soll sich an bestehenden Einsatzbereichen orientieren – etwa im Gesundheitswesen, in der Bildung, im Sozialen, in der Landwirtschaft oder im Naturschutz. Die Initiative sieht zudem vor, dass neue Tätigkeitsfelder hinzukommen könnten, zum Beispiel in der Katastrophenprävention, Brandbekämpfung oder Cybersicherheit.
Wie wird gewährleistet, dass genügend Menschen ins Militär gehen?
Nach Ansicht des Initiativkomitees würde der Service Citoyen die Armee und den Zivilschutz stärken, weil künftig die gesamte Bevölkerung infrage käme. Damit stünde ein deutlich grösseres Reservoir an potenziellen Dienstleistenden zur Verfügung. Das erhöhe Planungssicherheit und verhindere Engpässe, unter denen Armee und Zivilschutz heute leiden.
In welchem Alter müsste der Dienst geleistet werden?
Das Dienstalter soll – wie heute – nicht in der Verfassung festgeschrieben werden. Der Hauptteil des Dienstes soll weiterhin im jungen Erwachsenenalter, also zwischen 18 und 25 Jahren, geleistet werden. Das Parlament könnte die Altersgrenzen später anpassen.
Was würde die Umstellung kosten?
Der Bund zahlt derzeit jährlich rund 800 Millionen Franken an Erwerbsersatz für dienstleistende Personen sowie 170 Millionen Franken für die Militärversicherung. Laut Bundesrat würden sich diese Kosten bei einer Annahme der Initiative etwa verdoppeln, weil künftig doppelt so viele Personen dienstpflichtig wären. Hinzu kämen indirekte Kosten für Arbeitgeber*innen, wenn auch Frauen während des Dienstes am Arbeitsplatz fehlen. Das Komitee bezeichnet diese Berechnungen als «sehr fragwürdig», weil sie auf unsicheren Annahmen beruhen und die Einsparungen, die der Nutzen eines Service Citoyen erzielen würde, ausklammern.
Wie lange dauert der Dienst?
Die Dienstdauer soll nicht in der Verfassung verankert werden. Sie könnte sich an der heutigen Wehrpflicht orientieren – also rund 245 Diensttage. Wenn künftig mehr Menschen Dienst leisten, sei auch eine Verkürzung denkbar.
Wie wird man im Dienst entlohnt?
Dienstleistende sollen wie heute durch Sold und Erwerbsersatz entschädigt werden. Damit, so das Initiativkomitee, könne jede*r unabhängig von Einkommen oder Lebenssituation Dienst leisten. Die Erwerbsersatzordnung biete zudem Schutz bei Krankheit oder Unfall.
Wer ist für und wer gegen die Initiative?
Das Initiativkomitee umfasst 27 Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Mit dabei sind Vertreter*innen aus fast allen grossen Parteien – mit Ausnahme der SVP. Präsidiert wird das Komitee von Noémie Roten, Militärrichterin und Moderatorin.
Gegen die Initiative positionierten sich sowohl National- als auch Ständerat deutlich. Auch der Arbeitgeberverband, Economiesuisse und der Verband Militärischer Gesellschaften Schweiz empfehlen ein Nein. Mitte, FDP, SP und die Grünen lehnen die Initiative ab. Die GLP Schweiz befürwortet sie.
Was sind die Pro- und Contra-Argumente?
Die Befürworter*innen sehen in der Initiative eine Antwort auf neue Sicherheitsrisiken – von geopolitischen Konflikten über Cyberangriffe bis zu Naturkatastrophen. Der erweiterte Dienst solle nicht nur die Armee, sondern auch die Zivilgesellschaft widerstandsfähiger machen. Zudem betonen sie den gesellschaftlichen Nutzen: Ein gemeinsamer Dienst bringe Menschen aus verschiedenen Lebenswelten zusammen, stärke Solidarität und vermittle jungen Menschen wichtige Kompetenzen. Die Gegner*innen verweisen vor allem auf die hohen Kosten und den zusätzlichen personellen Ausfall in der Wirtschaft. Linke Kritiker*innen argumentieren zudem, Frauen leisteten bereits heute überproportional viel unbezahlte Arbeit – ein weiterer Pflichtdienst sei daher nicht gerechtfertigt.
Hat die Initiative eine Chance?
Die Erfolgsaussichten gelten als gering. Bundesrat und Parlament lehnen das Volksbegehren ab. In der SRG-Umfrage von Mitte Oktober lag die Zustimmung zwar mit 48 zu 46 Prozent knapp vorne (6 Prozent Enthaltung), laut den Expert*innen gleichen sich die Stimmabsichten allerdings erfahrungsgemäss den Empfehlung von Bundesrat und Parlament an. Eine Annahme wäre daher eher eine Überraschung.