Tanzende Metallfiguren und schneebedeckte Berglandschaften
Im Kunsthaus Baselland werden zwei Wochen lang die Werke von Bachelor- und Master-Studierenden des Instituts «Kunst Gender Natur», HGK Basel FHNW, ausgestellt. Bajour war vor Ort und blickte in die Welt der Jung-Künstler*innen.
Gleich beim Eingang stehen auf Stoff überzogenen Säulen Keramik-Figuren in verschiedenen Formen. Die Figuren sind mit Glas- und Perlenketten geschmückt und erinnern an eine Art Schmuck-Präsentation. Dahinter eine Hand, die aus einer Gewitterwolke erscheint. Man befindet sich direkt im Geschehen: Videoinstallationen, farbige Skulpturen und düstere Malereien füllen den ersten Raum des Kunsthaus Baselland. In jeder Ecke gibt es etwas Neues zu entdecken, die Treppen und Gänge führen in kleine, lebendige Kunst-Welten.
44 Studierende des Instituts «Kunst Gender Natur» HGK Basel der FHNW bespielen mit ihren 43 Arbeiten das helle und einladende Kunsthaus. Die Diplomausstellung trägt den spanischen Titel «EL GRAN GRITO», was auf Deutsch übersetzt «der grosse Schrei» bedeutet. Dieser Schrei ist aber nicht etwa als Schmerzensschrei zu deuten, sondern als «grosser Schrei der Freude», wie Chus Martínez, Leiterin des Instituts, erklärt. Ein bestimmtes Thema habe die Ausstellung zwar nicht, aber «alle Arbeiten kommunizieren miteinander», fügt Martínez hinzu.
Chus Martínez ist Co-Kuratorin der Diplomausstellung sowie Leiterin des Instituts «Kunst Gender Natur», Hochschule für Gestaltung und Kunst Basel FHNW.
Fantasievolle, wohlklingende, aber auch problematische Ansätze wie Fast Fashion oder der Krieg in der Ukraine werden in den Arbeiten beleuchtet.
In einem Seitenraum tanzen beispielsweise farbige, menschenhohe Metallfiguren, in einem anderen geht es um Grundwasser und das Filtersystem in Basel. Die Werke werden durch die «Sprache von jungen Künstler*innen erzählt», erklärt Martínez.
Einzelne Künstler*innen setzen sich mit der Schweiz auseinander, viele beziehen sich aber auch auf ihre Heimatländer.
Bei einer Wandinstallation mit dazugehörigem Film thematisiert eine ukrainische Künstlerin den Krieg – ihr Mann befinde sich weiterhin vor Ort, erzählt Martínez. An der weissen Wand hängen unter anderem düstere Gestalten, die die Formen von Händen aufweisen.
Vis-à-vis sind auf zwei Bildschirmen einerseits ruhige Szenen von Basler Häusern in der Nacht zu sehen und andererseits laute Bauarbeiten. Die Installation setzt sich mit der städtischen Gentrifizierung auseinander. Bei der Produktion der Videos sei die Künstlerin von der Polizei aufgehalten worden, diese wollte wissen, was sie hier denn mache, erzählt Martínez. Die Künstlerin habe der Polizei gegenüber erklärt, sie sei für ein Kunstprojekt am Filmen. Die Polizei hielt sie zunächst für eine Stalkerin.
«Zum achten und letzten Mal findet die Diplomausstellung hier in Muttenz statt, denn 2024 wird sie in unserem Neubau auf dem Dreispitz zu sehen sein», erzählt Ines Goldbach, Direktorin des Kunsthaus Baselland. Für die jungen Studierenden sei diese Ausstellung ein wichtiger «Startmoment» ihrer künstlerischen Karriere. So gäben sowohl Künstler*innen als auch die Teams des Kunsthaus und des Instituts alles für die Diplomausstellung, führt Goldbach aus.
Dr. Ines Goldbach ist Kunsthistorikerin und seit einigen Jahren Direktorin des Kunsthaus Baselland.
Zwei Arbeiten im unteren Stock des Gebäudes fallen besonders auf.
Auf drei grossen Leinwänden sieht man Szenen aus den Schweizer Bergen: Beruhigende Schneelandschaften, steiniges Gelände und rustikale Berghütten-Bilder füllen den warmen Raum.
Thematisiert werden unterschiedliche Schutzräume und der Blick in die kalten Schneeberge löst ein Sehnsuchtsgefühl nach Kälte aus. Gleich daneben spielt ein Video, indem Menschen zu sehen sind, die durch Sirenengesänge auf einer Insel gefangen sind und sich auf dem Boden wälzen.
In der Kunsthalle Baselland erwartet einen wahrlich einiges:
Mediengeschichte, rote Lack-Couch, Raben-Malerei, aber auch zeitlich begrenzte Spiegelreflexionen, Penis-Schäfchen, Liebestore oder Musik-Performances und Bauchnabel-Bücher gehören dazu.
Kuratiert wurde die Ausstellung mit dem spanischen Kollektiv «El Palomar». Das Kollektiv legt seinen Fokus auf die Forschung, Wiederherstellung und Produktion von queerer Kunst und Erinnerung. Martínez erzählt, dass für die Ausstellung 43 neu produzierte Werke erschaffen wurden, an denen die Künstler*innen rund ein Jahr lang arbeiteten. Der Zeitaufwand sowie das gemeinschaftliche Arbeiten zahle sich aus, wie auch Martínez betont: «Die Studierenden fertigten geniale Kunst, die ans Publikum – an uns – gerichtet ist.» Und: «Das Basler Publikum ist sich gute Kunst gewöhnt, hier bekommt es diese auch.»
Am Freitag, 25. August, fand die Vernissage der Diplomausstellung im Kunsthaus Baselland an der St. Jakob-Strasse 170 in Muttenz/Basel statt. Die Ausstellung ist nun für zwei Wochen jeweils dienstags bis sonntags von 11.00 bis 17.00 Uhr geöffnet.
Finissage mit Performance-Programm ist am Sonntag, 10. September von 15.00 bis 17.00 Uhr. Die Ausstellung ist kostenlos, alle weiteren Informationen hier.
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