«Es ist ein guter Moment, um ein neues Kapitel aufzuschlagen»

Die Diskussion um die Pädagogische Hochschule FHNW ebbt nicht ab. Diese Woche dürfte Fina Girard vom Jungen Grünen Bündnis einen weiteren Vorstoss einreichen. Man sucht offenbar nach Möglichkeiten, die Situation zu verbessern.

PHFHNW
Das Vorstosspaket wird immer grösser: V.l.n.r. GLP-Grossrätin Sandra Bothe und die drei Grossrät*innen vom Jungen Grünen Bündnis: Fina Girard, Laurin Hoppler und Anouk Feurer.

Das Vorstosspaket aus dem Basler Parlament rund um die Causa Pädagogische Hochschule FHNW wird immer grösser. Diese Woche dürfte nun auch Fina Girard, Grossrätin des Jungen Grünen Bündnisses, ihren Vorstoss einreichen, der Bajour exklusiv vorliegt. Darin fordert sie angemessene Löhne für Hochschulpraktikant*innen. Denn: «Aktuell werden diese Praktika unbezahlt absolviert, was Studierende in finanzielle Schwierigkeiten bringen kann und die Vereinbarkeit und Chancengleichheit in der Hochschulbildung beeinträchtigt.» So zeigen Umfragen, dass 70 Prozent sich ihr Studium selbst finanzieren müssen

Dabei geht es Girard «nicht darum, Grundsatzkritik an der PH zu üben, sondern vor allem: Verbesserungen zu erzielen», wie sie zu Bajour sagt. «Es läuft schon lange nicht gut mit der PH, es muss jetzt etwas gehen – und zwar muss man es systematisch angehen. Die Ausbildung sollte zeitgemäss sein und den heutigen Herausforderungen im Lehrberuf gerecht werden.»

Neben Girard hat vom Jungen Grünen Bündnis auch Grossrat Laurin Hoppler den Zeitpunkt genutzt und eine (schon länger geplante) Motion eingereicht; er fordert gezielte Unterstützungsmassnahmen für junge Lehrpersonen während des Studiums. Und Grossrätin Anouk Feurer fragt schliesslich in einer Interpellation nach den geplanten Massnahmen der Regierung, um die Situation an der PH zu verbessern und dem Lehrer*innenmangel damit entgegenzuwirken.

Die drei hätten aufgrund ihres jungen Alters eine besondere Sensibilität für Bildungsthemen, sagt Girard. Und erklärt: «Natürlich beschäftigen sich die Grünen nicht nur mit Umweltthemen, wir verfolgen eine ganzheitlich linke Politik, dazu gehören auch sozialpolitische Aspekte.»

Ausserdem stellte vergangene Woche GLP-Grossrätin Sandra Bothe in der BaZ ein privates Ausbildungsinstitut zur Diskussion, wie Bern oder Zürich es bereits kennen. Sie möchte lediglich wissen, welche Rahmenbedingungen es dafür bräuchte.

Haben Bildungspolitiker*innen geschlafen?

Die bz kritisierte am Montag in einer Analyse: «Jetzt kommen die Voten derjenigen, die das Thema bislang verschlafen haben.» Dabei, so hält der Autor fest, seien die Fragen entschieden zu wichtig, um sie über dieselbe Leiste einer Grundsatzkritik an der PH FHNW zu brechen. Haben die beiden Basel in der Bildungspolitik also tatsächlich geschlafen? 

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«Auch dass es eine Förderklassen-Initiative geben musste, zeigt, dass man die Sorgen der Lehrer*innen nicht genug ernst genommen hat.»
Fina Girard, Grossrätin Junges Grünes Bündnis

Girard sagt dazu: «Ja, man hat geschlafen, denn die Probleme sind schon lange bekannt.» Damit bezieht sie sich nicht nur auf die Schwierigkeiten an der PH. «Auch dass es eine Förderklassen-Initiative geben musste, zeigt, dass man die Sorgen der Lehrer*innen nicht genug ernst genommen hat», sagt sie. Ihre Kritik bezieht sich insbesondere auf die Arbeit der Regierung.

Mit SP-Regierungsrat Mustafa Atici als neuem Vorsteher des Erziehungsdepartements (zuvor LDP-Regierungspräsident Conradin Cramer) wittert Girard allerdings «grosse Chancen». Es sei ein guter Moment, um «ein neues Kapitel aufzuschlagen». Atici lässt über seine Medienstelle dazu ausrichten: Die Nachfrage an Ausbildungsplätzen und die Ausbildungsqualität an der PH FHNW seien ihm ein grosses Anliegen.

Guido McCombie, Direktor der PH FHNW, begrüsst im Interview mit der bz, dass nun eine öffentliche Diskussion über die Kritikpunkte geführt werde. Vieles käme in der aktuellen Debatte wieder hoch: Die klassische Frage nach den Anteilen von Theorie und Praxis, warum es im Praktikum keinen Lohn gebe, wieso man trotz Lehrpersonenmangel nicht besser unterstützt werde und so weiter. Und auch er sagt: «Das sind sehr wichtige, aber auch politische Themen, die teilweise nicht allein in der Verantwortung der PH liegen.» Die Diskussion sollte demnach differenziert stattfinden und nicht als Problem allein auf die PH projiziert werden.

Geteilte Verantwortung, eine Herausforderung

Tatsächlich stehen die Trägerkantone Aargau, Baselland, Basel-Stadt und Solothurn als Auftraggeber in der Verantwortung. Und natürlich sind die Herausforderungen grösser, wenn mehrere Kantone die Leistungsvereinbarung verhandeln müssen. So möchte Feurer in ihrer Interpellation wissen, wie die Regierungen der Trägerkantone der FHNW zusammenarbeiten, um die Missstände an der PH zu beheben. Die FHNW sei «eine coole Institution». Ihrer Meinung nach braucht es «keine neue Privatschule», wie von GLP-Grossrätin Bothe angedacht, sondern «Verbesserungen, um die Herausforderungen zu meistern». 

Erich Bucher
«Damit haben wir gemacht, was politisch sinnvoll und machbar ist.»
Erich Bucher, FDP-Grossrat und Präsident der Interparlamentarischen Kommission Fachhochschule Nordwestschweiz (IPK FHNW)

Die Qualität der Lehrpersonenausbildung hat für das Bildungswesen der Region denn auch eine zentrale Bedeutung. So betont Feurer, dass in den Kantonen Basel-Stadt und Baselland «ein akuter Fachkräftemangel im Bildungsbereich, insbesondere bei Lehrpersonen» herrsche. Die Ausbildung zukünftiger Lehrpersonen spiele also «eine entscheidende Rolle dabei, diesen Mangel zu beheben». Und Feurer sagt: «Alle haben ein Interesse an Lehrpersonen, die gut ausgebildet sind – und die ohne Überforderung auch im Beruf bleiben.» 

Leistungsauftrag überarbeitet

Die Vorstösse der Jungen Grünen dürften gute Chancen auf Überweisung haben, werden sie doch über die Parteigrenzen hinweg breit abgestützt sein. Dennoch äussert sich FDP-Grossrat Erich Bucher, der als Präsident in der Interparlamentarischen Kommission Fachhochschule Nordwestschweiz (IPK FHNW) sitzt, gegenüber Bajour kritisch.

Der Regierungsausschuss der vier Kantone hat den Leistungsauftrag für die Periode 2025-2028, der im Herbst in die vier Parlamente kommt, vergangenen Frühling definiert und die IPK FHNW empfiehlt den Parlamenten diesen zu genehmigen. Dies wäre seiner Meinung nach der richtige Moment gewesen, allfällige Themen und Korrekturen einzubringen. So haben sowohl die Grünen als auch die GLP Vertreter*innen in der Kommission. Deshalb findet Bucher: «Ja, das haben sie verpasst.» Bothe widerspricht ihm diesbezüglich: «Meine Idee ist etwas Ergänzendes, aber nichts, das man im Rahmen der IPK diskutieren kann. Es ist ein liberaler Ansatz.» 

Im neuen Leistungsauftrag wird die FHNW beauftragt, die Praxisnähe sowie Massnahmen gegen den Lehrer*innenmangel weiter zu forcieren. «Damit haben wir gemacht, was politisch sinnvoll und machbar ist», findet Bucher. Und hier stimmt auch Bothe zu. Ohnehin kann die Kommission lediglich Vorgaben machen, wie diese dann umgesetzt würden, sei Aufgabe des Fachhochschulrats FHNW. Sollten die Probleme auch in Zukunft bestehen bleiben, könnte wohl die Forderung nach einer neuen Leitung lauter werden.

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Valerie Zaslawski

Das ist Valerie (sie/ihr):

Nach einem ersten journalistischen Praktikum bei Onlinereports hat Valerie verschiedene Stationen bei der Neuen Zürcher Zeitung durchlaufen, zuletzt als Redaktorin im Bundeshaus in Bern. Es folgten drei Jahre der Selbständigkeit in Berlin, bevor es Valerie zurück nach Basel und direkt zu Bajour zog, wo sie nun im Politikressort tätig ist.

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