«Für uns Kulturschaffende wird es sehr lange dauern, bis wir uns von dieser Krise erholt haben.» 

Gärngscheekultur verspricht Soforthilfe für Kulturschaffende. Aber wem kommt das Geld eigentlich konkret zugute? Wir haben mit Künstler*innen gesprochen, denen die Corona-Krise an die Existenz geht. Und die sich auch dank der Kulturklinik – und deiner Spende an Gärngscheekultur – über Wasser halten.

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Zusammenhalten unter allen, denen es jetzt ähnlich geht. Die Schauspielerin Nina Iseli.

«Meine Name ist Nina Iseli. Ich bin professionelle Schauspielerin und arbeite im Theater, im Film und im Fernsehen. Zudem habe ich Aufträge als Theaterpädagogin und gebe Medienworkshops an Schulen. Mit der Corona-Krise kam der hundertprozentige Stopp all meiner Projekte und somit meiner Einnahmequellen. Ein Projekt, das mir das Aprileinkommen gesichert hätte, wurde einfach abgesagt! Ich habe keine finanziellen Reserven, wie die meisten Kulturschaffenden, denn unsere Gagen sind schmal und die finanziellen Rucksäcke leicht. 

Ich habe mich beim RAV angemeldet, da werde ich eine kleine Hilfe bekommen. Danke. Aber ich möchte nicht zum RAV, ich will da nicht bleiben müssen.

Auf Facebook habe ich von der Kulturklinik erfahren. Hilfe zur Selbsthilfe, das finde ich gut. Neben der Schauspielerei habe ich ein kleines Atelier aufgebaut, mein Label heisst «Schaurigschön» da mache ich jetzt Schmuckrecycling. Ich habe mich mit dieser Dienstleitung bei der Kulturklinik gemeldet und habe schon zwei Aufträge generiert. Die 20 Franken Stundenlohn gebe ich der Kulturklinik in den gemeinsamen Topf, und die gibt dann das Geld zu gleichen Teilen an alle, die es brauchen. Das wird erst einmal nicht viel sein, aber wenn es nur schon 200 Franken sind, dann reicht das mal schon, um den leeren Kühlschrank zu füllen. 

Mir gefällt der solidarische Gedanke. Das «Zusammenhalten» unter allen, denen es jetzt ähnlich geht.

Viele Menschen werden schon bald wieder in ihren Alltag zurückkehren. Wir nicht. Für uns Kulturschaffende wird es sehr lange dauern, bis wir uns von dieser Krise erholt haben.»

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Rudy Kink, hier als Drummer der Band Sons of Morpheus. Foto: Olaf Brachem

«Mein Name ist Rudy Kink und ich lebe von der Musik. Mit meinem Label Sixteentimes Music veröffentliche ich Musik, organisiere Konzerte und vermittle Bands an Lokale und Events. Zudem arbeite ich als freischaffender Techniker, auf kleinen und grossen Bühnen, am liebsten aber auf Tourneen. Das bricht jetzt alles weg.

Mit den Massnahmen des Bundes ist meine Arbeit jetzt verboten. Geplante Einnahmen, geplante Veranstaltungen und alle vorgängigen Ausgaben sind verloren. Meine Mitarbeiter*innen, Geschäftspartner und ich sind aber deswegen keineswegs arbeitslos. Wir haben sehr viel Arbeit, müssen Shows absagen, Künstler*innen informieren, umplanen und viel telefonieren. Aber jetzt fällt die Bezahlung dafür aus.

Agieren an Stelle von reagieren, das ist das neue Leitbild. Mit der neu gegründeten Kulturklinik, sofortigen Umstrukturierungen des RFV Basel und Direkthilfen des Bundes kann die Kulturlandschaft ein wenig über Wasser gehalten werden. Ohne sofortiges Agieren der Kantone und des Bundes wird aber eine professionelle und vielfältige Kultur auf längere Sicht ausgelöscht. Warum? Weil rückzahlbare Kredite nur die Insolvenz verzögern. Im Musikgeschäft ist das Risiko hoch, die Gewinne klein und vieles davon wird direkt wieder in die Künstler*innen investiert. Brechen die Strukturen weg, haben die meisten Kulturschaffenden keine professionelle Anlaufstelle mehr.

Ich bin gespannt, wie viel unsere Regierung für die Kultur tun möchte. Wir können viel tun: weitermachen, Vinyl bestellen, streamen, supporten und #StayTheFuckHome #BeatTheVirus !!»

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Der Musiker Marco Naef. Foto: Eleni Kougionis.

«Mein Name ist Marco Naef. Ich bin seit 15 Jahren Musiker und seither in verschiedenen Bands aktiv, von Tranqualizer, David Max, Don’t Kill The Beast über Navel bis zu den Hathors und daneben in kleineren Musikprojekten. Momentan konzentriere ich mich auf mein Soloprojekt «The Night Is Still Young» und den Bassistenjob bei den Hathors aus Winterthur. Daneben arbeite ich als Disponent bei der Kurierzentrale GmbH in Basel – damit verdiene ich meinen Lebensunterhalt. Und ich bin Vater von zwei Kindern.

Seit dem Album-Release des dritten «The Night Is Still Young»-Albums im Februar 2020 wurde unsere komplette Releasetour im März gestrichen. Die Tour mit den Hathors im April ist gestrichen und die im Mai fällt ziemlich sicher auch ins Wasser. Das sind an die dreissig Konzerte, die ausfallen. Die Musiker*innen und Techniker*innen, von denen fast alle freischaffend sind, haben enorme Lohnausfälle. Auch das Geld aus dem Merchandise-Verkauf wird uns fehlen, vor allem wenn man je zwei frisch gepresste Alben im Gepäck hat. 

Unsere Labels und Booker*innen haben ungemein viel zu tun in diesen Tagen, mit Shows und Releases absagen oder verschieben. Endloses Telefonieren, die Kommunikation mit den Künstlern, umdisponieren – und dabei haben sie auch Einkommensausfälle. Ein großes Problem sehe ich auch darin, dass viele DIY Veranstalter*innen und Clubs mit kleineren Kapazitäten den Sommer wahrscheinlich nicht überleben werden, wenn die verschärften sozialen Massnahmen länger andauern. Oder aber die kleinen Clubs sind die ersten, die vor den Festivals und Arenas wieder Shows veranstalten dürfen. Wir bewegen uns jetzt in einer Schwebe, in der man nur abwarten kann, was in den nächsten Wochen passiert.

Ich wünsche mir ein Umdenken in der Gesellschaft. Wenn man vorausgegangene Krisen anschaut, sind wir doch immer wieder in eine neue hineingeschlittert. Wir sollten aufhören, uns im Kreis zu drehen. Uns mehr dem menschlichen Fortschritt widmen als zum Beispiel dem technischen, welcher uns in Wirklichkeit nur fauler macht oder uns von der Realität und unseren wahren Problemen fernzuhalten versucht.

Deshalb sehe ich die aktuelle Krise als neue Chance. Eine neue Chance auf mehr Zusammen, statt jeder für sich. Eine Chance auf mehr In-Sich-Hineinsehen und das eigene Bewusstsein in positive Energie umzuwandeln, Sorge zur Natur zu tragen und achtsamer seinen Mitmenschen gegenüber zu werden. Kurz: eine Reduktion auf das Wesentliche – das was wirklich zählt – das was wirklich dazu beiträgt, dass wir eine zufriedene und friedliche Gesellschaft werden.»

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Der Artikel wird laufend Aktualisiert. Zum Livestream mit Spendemöglichkeit an diese und weitere Kulturschaffende, bitte hier entlang.

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Bei Bajour als: Reporter und Redaktor

Hier weil: da habe ich die Freiheit, Neues anzupacken und unkonventionell zu arbeiten, ohne über sieben Hierarchiehürden zu springen. Das ist toll. Gleichzeitig macht diese Freiheit natürlich Angst, und das wiederum schweisst zusammen. Darum bin ich auch hier. Wegen des Teams.

Davor: Bei der TagesWoche und davor lange Jahre an der Uni mit Germanistik & Geschichte.

Kann: Ausschlafen.

Kann nicht: Kommas.

Liebt an Basel: Die Dreirosenbrücke. Das Schaufenster des Computer + Softwareshops an der Feldbergstrasse Ecke Klybeckstrasse. Das St. Johann. Dart spielen in der Nordtangente. Dass Deutschland und Frankreich nebenan sind.

Vermisst in Basel: Unfertigkeit. Alles muss hier immer sofort eingezäunt und befriedet und geputzt werden. Das nervt. Basel hat in vielem eine Fallschirmkultur aus der Hölle. Absichern bis der Gurt spannt. Ich bin schon oft aus Versehen eingeschlafen.

Interessensbindung: Vereinsmitglied beim SC Rauchlachs.

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