How to Art Basel?
Wo trifft sich die gesamte Schweizer Szene der jungen Kunstschaffenden und welches Event ist dieses Jahr das angesagteste? Der Kunstkenner, Bebbi Zine-Mitgründer und Mediamanager der von Bartha Galerie Claudio Vogt hat uns die Insides rund um die Art-Woche verraten – inklusive Tipp, um gratis an die Art Basel zu kommen.
Welches Event darf man an der diesjährigen Art Basel nicht verpassen?
Das ist natürlich die wichtigste Frage, die alle die ganze Woche umtreibt, weil niemand etwas verpassen will. Gleichzeitig wird jeden Tag neu verhandelt: Was ist jetzt gerade der coolste Event, das krasseste Kunstwerk, hast du dies und jenes schon gesehen? Da vorab eine Antwort zu geben, ist fast unmöglich. Aber um die Frage nicht ganz zu umschiffen: Bereits am Sonntag vor der Art eröffnet der Basel Social Club und ich glaube, der wird dieses Jahr so gut wie noch nie. Und zum Ende der Woche sollte man auf keinen Fall den Finally Saturday verpassen.
Eine Zeitlang war die Liste der Ort, an dem all diejenigen waren, die die Art zu elitär fanden. Ist das immer noch so?
Das hat sich ein bisschen verändert. Viele wünschen sich die Liste von damals zurück, als sie noch im Warteck war und man dort in den engen Koien auf Entdeckungsreise gehen konnte. Diese Experience hat jetzt der Basel Social Club übernommen mit seinen speziellen Locations. Die Liste ist viel effizienter geworden, aber jung geblieben. Ich finde sie immer noch mega toll, weil es dort möglich ist, auch mal jemanden anzusprechen und nach dem Preis zu fragen, ohne dass einem direkt die Kinnlade runterfällt.
Die grösste Kunstmesse der Welt bringt wie jedes Jahr eine ganze Menge an Side Events mit sich – Ausstellungen, Partys und weitere Messen. Dieses Jahr sind sogar noch einige dazu gekommen. Hier geben wir einen Überblick.
Ist es der normale Lauf der Dinge, dass Side-Events sich institutionalisieren und wie die Liste räumlich näher an die Art ziehen und sich auch strukturell anpassen?
Ja, genau so ist es. Es gibt immer wieder Veranstaltungen, wie zum Beispiel dieses Jahr das OMG, Franck!-Festival, die diesen Moment des ersten Mals nutzen. Das kann man der Liste jetzt natürlich nicht mehr zusprechen. Dinge, die in Basel dreimal stattfinden, sind schon Tradition und gehören fest zur Art-Woche – sie werden zu Fixpunkten an denen sich die neuen Events orientieren.
Welcher Fixpunkt zieht welches Publikum an?
Am Montag bei den Swiss Art Awards ist beispielsweise die ganze Szene der jungen Schweizer Kunstschaffenden in Basel in dieser einen Halle. Alle trinken ihre Ueli-Biere und essen ihre Brezel.
Auch diejenigen Künstler*innen, die den Kunstmarkt und insgesamt den Kapitalismus kritisch sehen?
Für die kann ich nicht sprechen. Die sind dann vielleicht in ihren eigenen Off-Spaces oder im Tank, im Civic oder im InfoSpace auf dem Dreispitz.
Wen trifft man an der Eröffnung der Unlimited?
Dorthin kommen die Sammler:innen, die sich extra einfliegen lassen für die Art Basel und hierherkommen, um Kunst zu kaufen. Die sind dort gemeinsam mit den Museumsdirektor*innen, den Bundesrät*innen und den Promis. Die Veranstaltung findet zwar in der Halle direkt neben den Swiss Art Awards statt, aber es ist ein komplett anderes Publikum.
Wie schafft man es, als Event nicht langweilig oder austauschbar zu werden bei der ganzen Konkurrenz?
Man muss sein Konzept immer wieder erneuern. Die Art Basel macht dieses Jahr zum ersten Mal die Art Basel Awards. Die Liste denkt, wie ich gehört habe, über ein neues Design der Messearchitektur nach. Der Basel Social Club findet jedes Jahr in einer neuen Location statt. Ich denke, es gibt schon einen gewissen Innovationszwang.
«Nicht überall, wo Party draufsteht, ist auch Party drin.»Claudio Vogt
Wieso haben sich manche Events nicht durchgesetzt, wie zum Beispiel die Art-Partys auf dem Parkhausdach an der Messe?
Früher hat die Art Basel selber die Art Party organisiert und irgendwann haben sie damit aufgehört, weil viele andere Leute und die Clubs anfingen Partys zu veranstaltet. Eine Zeitlang war die Bar in der Kunsthalle der Ort, an dem alle waren und irgendwann ist man dann eher ins Volkshaus, zum Basel Social Club, oder sonst wo hin.
Wie kann man sich so eine Art-Party vorstellen?
Mega langweilig. (lacht) Nicht überall, wo Party draufsteht, ist auch Party drin. Oft geht es eher ums Networken. Jede*r die oder der an so eine Party geht, hat ja eine Agenda. Entweder man will was verkaufen, seine Ausstellung promoten, gossippen, sich umsonst betrinken, oder die besten Instagram-Storys machen.
Wie werden sich die neuen Festivals wie OMG Franck! und das Resonanz-Festival etablieren?
Ich finde es grundsätzlich mega spannend, dass es immer wieder neue Veranstaltungen gibt. Die Kunstszene ist vielseitiger geworden. Es gibt Leute, die kommen für diese Woche nach Basel und gehen nicht einmal an die Messe, sondern eben an diese Festivals, in Ausstellungen, in die offenen Ateliers. So finden die verschiedenen Bubbles jeweils ihren eigenen Ort aber sind genauso Teil der Experience wie die Hauptevents.
Die I Never Read scheint manchmal ein bisschen unterzugehen in dem Art-Trubel, warum ist das so?
Sie ist eine Liebhabermesse ein bisschen ruhiger, ein bisschen nerdig. Aber durch das finde ich sie extrem sympathisch und es ist sehr entspannt, dort unterwegs zu sein, weil es diese Hektik der anderen Orte dort nicht so gibt. Und anders als auf der Art Basel, kaufe ich da jedes Jahr etwas.
«Es braucht einfach ein bisschen Mut und den Willen das Spiel mitzumachen.»Claudi Vogt
Schauen Sie sich den Art-Parcours an, der zum Grossteil durch die Clarastrasse führt?
Ich schaue mir den Parcours jedes Jahr an, aber nur ausgewählte Projekte. Man muss ja eben nicht gleich am Anfang alles ablaufen, weil auf der Strasse erfährt man dann schon, was man nicht verpassen sollte.
Wo erfahren denn Leute davon, was sie nicht verpassen sollten, die nicht so sehr in der Szene drin sind wie Sie?
Für die ist so ein Parcours natürlich ideal. Da hat man einen Plan und kann den Weg ablaufen und vielleicht auch mal mit jemandem ins Gespräch zu kommen, dann erfährt man meistens die besten Sachen oder man wird eben zu Partys eingeladen.
Was braucht es, um richtig in diese Art-Welt abzutauchen?
Es braucht einfach ein bisschen Mut und den Willen das Spiel mitzumachen. Und auch wenn es heisst, das Event sei exklusiv, muss man sich halt rein manövrieren, indem man irgendwen kennt oder freundlich insistiert.
Lohnt es sich für Normalos, die sich nicht wahnsinnig gut mit Kunst auskennen, ein Art-Basel-Ticket zu kaufen oder geht man dann besser nur an die Side Events?
Die Art-Basel-Tickets sind sehr teuer und es gibt so viele einzigartige Veranstaltungen, die nicht so teuer oder sogar gratis sind. Dann würde ich erstmal die anschauen, es gibt mehr als genug.
Ist die Unlimited nur was für Kunstbanausen, die sich von grossen und aussergewöhnlichen Werken beeindrucken lassen wollen oder auch für echte Kunstkenner*innen?
Ja, auf jeden Fall auch für Kunstkenner*innen. Die Werke an der Unlimited sind nicht nur pompös und monumental. Das sind teilweise auch sehr wichtige historische Arbeiten, die nicht so häufig gezeigt werden, weil es sehr arbeitsintensiv ist, sie aufzubauen.
«Die Dichte an weltklasse Kunst ist ein Alleinstellungsmerkmal der Art Basel.»Claudio Vogt
Der Basel Social Club findet dieses Jahr das erste Mal in der Innenstadt statt. Kann das funktionieren?
Ja. Ich glaube, der Basel Social Club nimmt das Beste aus den letzten Jahren. Nämlich die Wucht einer aussergewöhnlichen Location und die intime Erfahrung von Kunst. Ich denke, das ist es, was den Basel Social Club einzigartig macht in dem ganzen Reigen von Side-Events. Und der Eintritt ist gratis, das ist sehr niederschwellig.
Und trotzdem wirkte der Social Club am Anfang eher exklusiv.
Ja, weil sie sehr restriktiv kommunizieren. Aber eigentlich ist diese Exklusivität während der Art Basel generell nur ein Schein. Das fängt schon beim Ticket an. Wenn man unbedingt an die Art will und sich das Ticket nicht leisten möchte, kann man sich auf den Messeplatz stellen und jemanden, der aussieht, als ob er einen VIP-Pass hat, nett fragen, ob man mit ihm oder ihr reingehen darf. Alle, die einen VIP-Pass haben, dürfen eine Begleitung mitnehmen.
Wie sind die Abhängigkeiten zwischen der Art und den Side-Events? Würde das eine ohne das andere funktionieren?
Für Leute, deren Business der Kunstmarkt ist, ist die Art Basel einfach der Ort, an dem sie sein müssen. Dabei wollen sie aber natürlich auch eine aussergewöhnliche Erfahrung machen und dafür helfen die Side Events. Die Dichte an weltklasse Kunst ist auch ein Alleinstellungsmerkmal der Art Basel in Basel. In den anderen Städten ist nicht alles in Laufdistanz. In Miami zum Beispiel steckt man ständig im Stau, kommt zu spät zu den Meetings. Ganz Miami Beach versinkt im Verkehrschaos während der Messe, weil alle noch an irgendein Event wollen mit dem Auto.
Haben Sie selbst denn auch mal Zeit, die Kunst richtig zu geniessen während der Art oder ist die Woche für Sie ausschliesslich Arbeit?
Generell bin ich natürlich immer mit der Déformation professionnelle unterwegs. Wenn ich etwas sehe, analysiere ich es direkt. Wie wurde etwas ausgestellt, wie ist das Licht? Da wir mit der Galerie von Bartha Aussteller sind, habe ich das Privileg, morgens vor allen anderen in die Hallen zu dürfen und alles in Ruhe anzuschauen. Ich kann dann durch die leere Art Basel gehen, die randvoll mit Kunstwerken ist. Das ist sehr schön und immer ein Highlight der Woche.