«Kann linke Politik wirtschaftsfreundlich sein?»
Auf unsere Frage des Tages «Können erfolgreiche Gewerbler*innen links sein?» hin hat Mitte-Grossrat Daniel Albietz einen Gastkommentar verfasst. Darin verteidigt er das Vorgehen des Gewerbeverbands, der 64 bürgerliche Kandidierende für die Gesamterneuerungswahlen empfohlen hat.
Im Grunde ging die gestrige Frage des Tages von Bajour an der Sache vorbei. Die Frage hätte nicht lauten sollen, ob erfolgreiche Gewerbler*innen links sein können, sondern weshalb der Gewerbeverband keine linken Kandidierenden zur Wahl empfiehlt und ob das sachgerecht ist. — Natürlich gibt es begabte linke Unternehmer*innen. Sie profitieren (noch) von einer Politik, die früher einmal wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen für diese Stadt und den Kanton gesichert hat.
Bei der Empfehlung des Gewerbeverbandes geht es nicht um die Frage, wer ein guter Unternehmer ist, sondern welche Kandidierenden einer wirtschafts- und KMU-freundlichen Politik verpflichtet und gewillt sind, vornehmlich durch Rotgrün geschaffene Hürden und Hindernisse wieder abzubauen. Entsprechend werden vom Gewerbeverband – zu Recht – nicht erfolgreiche Unternehmer*innen, sondern Kandidierende empfohlen, welche dem Gewerbe zumindest keine weiteren Steine in den Weg legen wollen und aktuelle Infrastrukturprojekte unterstützen.
Daniel Albietz ist seit Februar 2021 Grossrat der Partei Die Mitte. Er ist seit über 20 Jahren selbstständiger Advokat mit eigener Kanzlei, ist verheiratet und hat drei Kinder.
Der Verband hatte für seine Empfehlung klare Kriterien definiert, denen sich die Kandidierenden stellen konnten. Über diese Kriterien kann man diskutieren. Aber wer sie nicht erfüllt, hat nun mal keinen Anspruch, von einem privatrechtlichen Verband nur deshalb eine Wahlempfehlung zu erhalten, weil er diesem Verband einen Mitgliederbeitrag bezahlt. Linken Unternehmer*innen stünde es schon lange frei, einen Wirtschaftsverband mit eigener Agenda zu gründen. Dass sie es bisher nicht tun, sondern lieber Trittbrett fahren, lässt tief blicken.
Die Gründung eines linken Wirtschaftsverbandes wäre konsequent und interessant. Marktwirtschaftlich orientierte Unternehmer betonen immer, dass Konkurrenz das Geschäft belebt, und da könnte ein zusätzlicher Verband durchaus Leben in die Bude bringen. Nur denke ich, dass es Gründe gibt, weshalb linke Unternehmer*innen den Aufwand bisher gescheut haben, einen eigenen Verband zu gründen, und lieber vom bestehenden Verband profitieren (mit dem zusätzlichen Bonus, dass man sich alle 4 Jahre medienwirksam darüber beschweren kann, als Mitglied und Gewerbler*in keine Wahlempfehlung erhalten zu haben).
«Ich habe ernsthafte Zweifel, ob unternehmerisches Mindset und linke Denke wirklich zusammenpassen.»Daniel Albietz
Offen gestanden habe ich ernsthafte Zweifel, ob unternehmerisches Mindset und linke Denke wirklich zusammenpassen: Linke Unternehmer*innen müssen immer einen Spagat zwischen betriebswirtschaftlichen Tatsachen und der Ideologie einer chancengerechten und umverteilten Gesellschaft machen (falls sie es aufrichtig meinen, denn betriebliche Kennzahlen lügen nicht). Besonders herausfordernd ist die Vereinbarkeit von linker Politik und Wirtschaft für Angehörige von Parteien, die «genug haben von der herrschenden Logik der Konkurrenz und des Wirtschaftswachstums» (Zitat Basta!).
Wenn linke Parteien den Kapitalismus gleich ganz «überwinden» und Konzerne verstaatlichen wollen und dies teilweise sogar in ihre Programme schreiben (was immerhin ehrlich ist), so darf an der Wirtschaftsfreundlichkeit dieser Haltung durchaus gezweifelt werden. Aber es braucht gar nicht solchen Extremismus, um die Wirtschaft nachhaltig zu behindern und zu beschädigen: Wer einen Wohnschutz installiert, der zur Erlahmung ganzer Wirtschaftszweige, insbesondere des Baugewerbes und seiner Zulieferbetriebe führt, der billigt nicht nur den Abbau von Arbeitsplätzen und fördert Arbeitslosigkeit, sondern sorgt auch dafür, dass unsere Stadt verlottert. Wer eine Verkehrspolitik fördert, die es Handwerksbetrieben zunehmend erschwert, ihr Material vernünftig zu transportieren und ihre Dienstleistung in der Stadt zu erbringen, eine Verkehrspolitik, die die Kundschaft von den Ladengeschäften fernhält und zur Verdrängung von Gewerbebetrieben aus der Stadt ins entfernte Umland führt (was im Übrigen sehr unökologisch und ineffizient ist), der handelt wirtschafts- und unternehmensfeindlich. Solch verfehlte Wohn- und Verkehrspolitik sind nur zwei wirtschaftshemmende Beispiele aus der noch laufenden Legislatur.
«Wer der Wirtschaft die Luft abdrückt, fährt mittelfristig auch den Staat an die Wand. »
Entweder sorgt man mit einer vernünftigen und freiheitlichen Wirtschafts-, Verkehrs- und Sozialpolitik dafür, dass das Gewerbe in unserer Stadt prosperiert, dass Menschen Arbeit haben, ein würdiges und selbstbestimmtes Leben führen können und auch der Staat genügend Mittel für alle aktuellen Wünsche und Bedürfnisse hat, oder man würgt die Wirtschaft mit immer neuen Erschwernissen, Abgaben, bürokratischer Belastung, Verkehrs- und anderen Hindernissen ab. Das ist jedoch ein gefährlicher Pfad. Dem Kanton geht es nur gut und er kann nur derart viel Geld ausgeben (wie das Rotgrün im Moment tut), solange prosperierende KMU und Konzerne in diesem Ausmass Steuern abliefern können. Wer der Wirtschaft die Luft abdrückt, fährt mittelfristig auch den Staat an die Wand. Kann man machen, sollte sich dann aber nicht «unternehmerisch» oder «wirtschaftsfreundlich» nennen.
Auch in Basel gibt es linke Parteien, die vom «Diktat des Kapitalismus» schwadronieren, sich gegen «Konkurrenz und Wirtschaftswachstum» stellen und eine «radikale Umverteilung von Zeit, Macht und Geld» verlangen. Wer behauptet, Unternehmer zu sein, aber Mitglied einer solchen Partei ist, ist entweder nicht ehrlich (und profitiert von günstigen Rahmenbedingungen, die andere schaffen) oder wird mit solchen Prämissen, so er sie konsequent umsetzt, langfristig sein Unternehmen nicht erfolgreich führen können.
Am Montag präsentierte der Gewerbeverband Basel-Stadt seine Empfehlungen für die Grossratswahlen im Oktober. Von den 64 empfohlenen Kandidat*innen politisiert niemand bei der SP, den Grünen oder der Basta, sondern ausschliesslich bei bürgerlichen Parteien. Wir haben daher in der Frage des Tages gefragt, ob erfolgreiche Gewerbler*innen links sein können?
Was Wirtschaftskompetenz bedeutet und wie man ein Land desindustrialisiert, macht uns übrigens derzeit der deutsche Wirtschaftsminister vor, der nicht einmal weiss, wann ein Betrieb insolvent ist und darüber rätselt, weshalb die Wirtschaftspolitik der Ampel zur Schliessung von zahlreichen Betrieben, zum Verlust von Arbeitsplätzen, zum Wegzug von Unternehmen und letztlich zum Sterben und zur schicklichen Bestattung von Unternehmertum führt.
Sozialistische und planwirtschaftliche Ideen sind Feinde unseres allgemeinen Wohlstands. Noch nie ist es so vielen Menschen auf der Erde wirtschaftlich so gut gegangen. Es ist nicht der Sozialismus (und auch nicht der Kommunismus), der solches zustandebringt, sondern eine funktionierende soziale Marktwirtschaft mit guten Rahmenbedingungen und möglichst wenig Regulierung.