Hilfe, in Basel gibt es keinen Platz für mein Auto!

Bajour-Neubaslerin Ina sucht eine Bleibe für ihr geliebtes Auto mit deutscher Nummer. Spoiler: Es sieht schlecht aus!

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Eines von beiden zieht den Kürzeren: Auto oder Velo.

Wer aus Deutschland in Basel landet, kommt – wenig überraschend –  mit dem Auto. Und lässt es anschliessend stehen. Für Tage. Für Wochen. Für immer? Denn wer erst einmal ein freies Parkfeld bezogen hat, lernt, dass man ab sofort das Automobil nur noch in den seltenstens Fällen bewegt. Das rare Gut Parkplatz will nicht leichtsinnig verspielt sein. Und das Momentum gehört offenbar nicht den Automobilist*innen.  530 Parkplätze werden in naher Zukunft in Basel-Stadt platt gemacht. Nicht aus ideologischen oder ökologischen Gründen, sondern zum Schutz der Velofahrer*innen. Schon bis Ende Jahr sollen die ersten 180 Parkplätze dran glauben. Die nächsten 350 folgen in den nächsten Jahren. In der Allschwilerstrasse, der Austrasse, der Bruderholzstrasse, der Hammerstrasse, im Leonhardsgraben, im Totentanz und in der Zeughausstrasse. Später in der Thiersteinerallee, Neubadstrasse, Adlerstrasse und Neuweilerstrasse. In diesen Strassen ist der Abstand zwischen geparkten Autos und Tramgleisen zu gering und damit gefährlich für die Leute dazwischen auf dem Velo.

«Ein Ersatzangebot ist aus Platzgründen nicht möglich»
Verkehrsdepartement BS

Bezogen auf die Parkplätze an der Strasse sind das 1,96 Prozent, die wegbrechen. Klingt nicht nach viel. Aber 530 Autos ohne Stellplatz sind trotzdem eine Menge. Kompensiert wird der Wegfall nicht: «Ein Ersatzangebot ist aus Platzgründen nicht möglich», heisst es auf Anfrage vom Verkehrsdepartement. Kurz: Die Sicherheit der Velofahrer*innen geht mit der Verknappung für die Autofahrer*innen einher. Wohin aber mit der Blechkiste? Offenbar soll es der Markt regeln.

Ich brauche einen Platz für mein Auto!

Aber für mich ist das ein ernstes Problem, das sich nicht so einfach regelt. Ich brauche einen Platz für mein Auto! Es ist alt und ja, es ist eine Dreckschleuder, aber es hat mich inmitten der Pandemie sicher in die Schweiz gebracht – mit meinem ganzen Kram aus Berlin. 

Naiv wie ich war, dachte ich, in Basel würde ich schon einen Parkplatz finden. So wie in Berlin. Überall. Da gibt es Plätze nur für Anwohner*innen oder mit Parkschein, aber es gibt auch Strassen, in denen kann man kostenlos stehen. So etwas gibt es hier in Basel nicht. Stattdessen habe ich eine Besucher*innen-Parkkarte für 20 Franken am Tag gekauft. Von dem Geld hätte ich in meiner alten Heimat schön Essen gehen können.

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Wow, endlich eine Parkkarte.

Wer wirklich genug im Portemonnaie hat, kann natürlich in einem der 15 Parkhäuser in der Stadt parkieren. Mehr als 5000 Autos können da theoretisch unterkommen. Auf Dauer kommt das aber teuer. Die meisten Häuser liegen tagsüber bei 3 oder 4 Franken die Stunde. Für einen oder mehrere Tage also keine Option. Da lohnt es sich schon eher, einen Strafzettel in Kauf zu nehmen, denke ich mir, traue mich aber nicht. Denn wer weiss, vielleicht will ich ja in zehn Jahren Schweizerin werden ...

200 Franken für gemieteten Parkplatz

Bleibt noch, sich in einer Garage einen Einstellplatz zu mieten. Davon gibt es einige in der Stadt. Den Eindruck vermittelt zumindest der Blick in einschlägige Immobilien-Portale. Für Bajour habe ich nachgesehen, wo es in der Nähe der vom Abbau betroffenen Strassen private Parkmöglichkeiten gibt. 

Fünf Minuten zu Fuss von der Bruderholzstrasse bietet zum Beispiel Wincasa im Gundeli-Park für 150 CHF im Monat «diverse Einstellplätze» in einer Tiefgarage. Nahe der Austrasse und dem Leonhardsgraben bietet etwa Livit fünf Plätze à 220 CHF an, Apleona hat noch 3 für je 215 CHF monatlich zu vergeben. An der Hochstrasse wirbt die Immobilienfirma Privera AG mit freien Plätzen, doch nach einem Anruf stellt sich raus: Da ist schon alles voll. Als Ausweichstellplatz für die Bruderholzstrasse sieht es da also auch eher schwierig aus.

Das Fazit der Suche im Umfeld der gestrichenen Plätze: Mit fünf Minuten Fussweg zum Auto muss man rechnen. Das Einkommen muss auch stimmen, um sich diese Luxus-Variante leisten zu können. Mit im Schnitt 200 CHF im Monat ist der private Parkplatz deutlich teurer als die Anwohner*innen-Parkkarte, die für ein ganzes Jahr 284 CHF kostet.

Auch für mich lohnt sich ein privater Einstellplatz nicht. Ich bleibe auf das Ticket für Anwohner*innen angewiesen. Aber auch das ist ein Kampf. Nachdem ich nach Wochen meine Anmeldebestätigung von der Behörde im Briefkasten hatte, beim Zoll war und alle Dokumente vorlagen, konnte ich die Karte endlich beantragen. Allerdings zahle ich fast doppelt so viel wie die anderen Basler*innen. Weil ich ein deutsches Kennzeichen habe – und ein schweizerisches nicht von heute auf morgen bekomme. Zurück zur Kernfrage: die Kiste gleich verschrotten?

«Mein Auto gehörte mal meiner Schwieger-Oma, das gibt man nicht einfach so weg.»
Bajour-AUTOrin Ina Bullwinkel

Schliesslich fühlt sich das Auto mittlerweile an wie eine Plage. Dabei gibt es mir gleichzeitig so viel. Es fährt mich in den Urlaub, es ermöglicht Heimatbesuche mit massig Gepäck, es transportiert die Kommode aus dem Brocki, es bringt Freund*innen nach Hause und Bierkisten. Es ist nicht mal besonders teuer im Unterhalt. Nur: Es hat kein Parkier-Asyl.

Wenig Platz und noch weniger Daten

Mein Auto gehörte mal meiner Schwieger-Oma, das gibt man nicht einfach so weg. Gleichzeitig fahre ich viel zu selten damit, manchmal nur einmal in der Woche. Was tun? Bevor ich mich entscheide, wage ich noch einen Blick in die Statistik. 

Die Behörde geht von gut 87'000 privaten Parkplätzen aus. Sie geht davon aus, denn: Sie weiss es nicht genau. Die Zahl beruhe auf einer Schätzung von 2015 und «ergibt sich aus den im Kataster von 1997 erfassten privaten Parkplätzen und den seit dem Jahr 2000 bewilligten Parkplätzen auf Privatareal», steht im «Ergebnisbericht Auslastungserhebung Privatparkplätze 2019». Die Daten sind also unkonkret, mehr als 20 Jahre alt und könnten überholt sein.

«Die Auslastung von Parkplätzen, die sich auf Privatgrund befinden, ist [...] nicht bekannt.»
Ergebnisbericht über Privatparkplätze, BS

Auch zu der Auslastung des privaten Parkraums kann die Stadt nichts Konkretes beitragen: «Die Auslastung von Parkplätzen, die sich auf Privatgrund befinden, ist [...] nicht bekannt.» In dem Bericht heisst es aber auch: «In der Stadt Basel sind rund 90% aller Privatparkplätze fest vermietet bzw. vom Eigentümer selber benutzt.» 

Der öffentliche Raum ist – wenig überraschend – ebenso gut besucht. Am Abend, wenn es am vollsten ist, seien 2019 in der ganzen Stadt 90 Prozent der Parkplätze ausgelastet gewesen, immerhin zwei Prozentpunkte weniger als noch 2016, heisst es in dem Bericht.

Basel orientiert sich am Bund

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Ja, am Abend ist es voll und da bringt dann auch die teuer erkämpfte Anwohner*innen-Parkkarte nichts. Nach mehreren Runden und gefühlten Stunden, die ich verzweifelt um belegte Parklücken schleiche, hasse ich mein Auto. Aber das sind nur kurze Momente des Unglücks. Die Beziehung zu meinem Auto ist kompliziert.

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Ist es nicht wunderschön? Wenn es nur umweltfreundlicher wäre und nicht so viel Platz wegnehmen würde ...

Basel stellt mit dem Anti-Parkplatz-Programm übrigens keinen Ausreisser dar, sondern orientiert sich an den Vorgaben vom Bund. Parkplätze in Schweizer Städten sollen «gezielt abgebaut» werden, heisst es im Entwurf des neuesten Sachplans Verkehr. Was den Autolenker*innen weggenommen wird, soll Fussgänger*innen und Velofahrer*innen zugute kommen.

Das kann ich nur gutheissen, ich bin ja kein Unmensch und auch die meiste Zeit mit meinem Rennrad unterwegs. Trotzdem bleibt die Frage «Wohin mit meinem Auto?» Die Antwort lautet für mich vielleicht: hinter der Grenze in Weil am Rhein. Dort habe ich schliesslich schon wochenlang – kostenlos – parkiert, als ich noch keine Parkkarte hatte. Und in Basel nehm ich das Velo. Das wird ja jetzt noch sicherer.

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