Was ist Ihnen vom Jahr 2021 in Erinnerung geblieben, liebe Politiker*innen?

Von Delfinen und der neuen Zerbrechlichkeit: Wir haben Basler Persönlichkeiten gefragt, was sie im Jahr 2021 besonders beeindruckt hat. Und was ihnen bleibt.

Jahresrückblick Politik

Jahresabschlüsse sind wie Lagerfeuer. Man rückt nochmal ein wenig zusammen und schaut versonnen in die Glut. Es werden Geschichten erzählt von früher und irgendwann spielt immer irgendjemand Gitarre. 

Dann wird es Zeit zu gehen.

Wir haben Politiker*innen und Künstler*innen gefragt, ob sie mit uns eine Erinnerung an das Jahr 2021 teilen. Wir fragten: 

Gibt es ein Ereignis, dass sie in diesem Jahr besonders beschäftigt hat? Etwas, das Sie dazu brachte, neu auf die Welt zu schauen und das Ihren Horizont erweiterte? Eine Erfahrung, die Ihre Haltung in einer bestimmten Sache vielleicht sogar grundlegend änderte?

Hier sind die Antworten.

Tanja Soland
Tanja Soland, 46, seit 2020 SP-Regierungsrätin

Der «Sturm auf das Kapitol» am 6. Januar 2021 hat meine Einschätzung der stabilen amerikanischen Demokratie nachhaltig erschüttert. Die USA hat eine aus meiner Sicht schwierige – vor allem polarisierte – politische Kultur, aber die Grundfesten der Demokratie und des Rechtsstaates hielt ich für unverrückbar.

Nun wackelte der Kongress – ein bedenkliches Signal. Und es zeigt die Wichtigkeit, dass wir über alle politischen Gräben hinweg im Dialog bleiben.

Patricia von Falkenstein
Patricia von Falkenstein, 60, LDP-Präsidentin, sitzt seit November 2021 in der FDP-Fraktion des Nationalrats

Seit dem 29. November darf ich meine Partei, die LDP, und die Baslerinnen und Basler im Nationalrat vertreten. Die feierliche Aufnahme, vorne im Ratssaal, flankiert von zwei Weibeln ist ein beindruckendes Erlebnis; verstärkt noch durch den Applaus und die vielen persönlichen Glückwünsche von Kolleginnen und Kollegen aus allen Parteien.

Patricia von Falkenstein, LPS-BS, links, und Celine Weber Koppenburg, GLP-VD, werden als neue Mitglieder der Grossen Kammer vereidigt, am ersten Tag der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Montag, 29. November 2021 im Nationalrat in Bern.
(Bild: Keystone / Alessandro della Valle)

Dieses momentane Zusammengehörigkeitsgefühl, das mir im Anschluss an die Zeremonie vermittelt wurde, soll mich auch begleiten bei der politischen Arbeit, der Blick über den Tellerrand der eigenen Partei soll mir erhalten bleiben.

Mustafa Atici
Mustafa Atici, 52, seit 2019 SP-Nationalrat

Dieser Enthusiasmus ist mir nahe gegangen: Vor zwei Wochen durfte ich an der Diplomfeier der Absolventinnen des Gründungskurses von «Crescenda» teilnehmen. Dieser Kurs soll Frauen mit Migrationshintergrund auf dem Weg in die berufliche Selbstständigkeit begleiten. Diese Feier – und vor allem die Begeisterung und Zuversicht dieser Frauen – hat mich tief beeindruckt.

Eine Gruppe Frauen mit unterschiedlichsten Herkunftsländern haben zum Beispiel zusammen eine eigene Reinigungsfirma gegründet, in der sie arbeiten werden. Ihre hoffnungsvolle Freude bei der Diplomübergabe war so gross, wie wenn die einen Universitätsabschluss erlangt hätten. Dabei musste ich an meine ersten Jahre in der Schweiz denken, als ich ebenso enthusiastisch mein neues Leben aufzubauen versuchte.

Katja Christ
Katja Christ, seit 2019 GLP-Nationalrätin

3 Tage auf dem Mittelmeer unter Segeln, 3 Tage nach Delfinen Ausschau gehalten, 3 Tage gehofft. Schon fast zurück im Hafen, waren sie plötzlich da. Was für ein Schauspiel! Die Freude war unbeschreiblich gross.

Delfine
(Bild: Katja Christ)

Aber wieso jetzt, wo wir so nah an der Küste waren und zudem noch von einem motorisierten Fischkutter verfolgt wurden? Die Antwort war leider bald klar: Die Delfine fanden draussen im Meer nicht mehr genug Nahrung und nahmen jegliche Gefahren auf sich, um beim Fischkutter Abfälle zu ergattern, die ihr Überleben sicherten, egal wie nahe an der Küste das war. Wie schöner Schein doch trügen kann.

Pascal Messerli
Pascal Messerli, 32, sei 2019 SVP-Fraktionspräsident im Grossen Rat

FCB

Wegen den Unruhen rund um den FCB im Frühling gab es viele Fans, die einen Wechsel im Präsidium gewünscht haben. Ich habe ebenfalls auf Twitter klar Stellung dazu bezogen und twittere seitdem häufiger auch über mein Lieblingshobby Fussball.

Vielen scheint dies zu gefallen und ich werde häufig auch an den Heimspielen angesprochen. Das zeigt, dass Fussball breit in dieser Stadt verankert ist und immer mal wieder neue Matchfreundschaften entstehen können.

Shanghai-Motion

Seit ich im Grossen Rat bin, wurde noch nie ein Vorstoss von mir derart stark in der Öffentlichkeit diskutiert. Ich konnte zahlreiche interessante Gespräche mit vielen Politikerinnen und Politikern aus unterschiedlichen Parteien führen. Viele bewunderten meinen Mut, andere forderten mich hingegen auf, die Motion zurückzuziehen.

Obwohl ich die Abstimmung verloren habe, bin ich an diesem Tag mit einem positiven Gefühl nach Hause gegangen, weil eine Debatte lanciert wurde und Erfolg halt nicht immer alles im Leben sein muss.

Sarah Wyss SP
Sarah Wyss, 33, seit 2019 SP-Nationalrätin

Ein Highlight dieses Jahres war ganz klar das 50-Jahr-Jubiläum des Frauenstimm- und Wahlrechts. Der Weg dorthin war lange und steinig, und die Gleichstellung ist noch lange nicht erreicht. Lohngleichheit, Elternzeit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf um nur einige Lücken zu nennen.

Für mich war es ein Jahr voller Begegnungen mit Vorkämpferinnen, und ein Jahr mit einer historischen Bewusstseinserweiterung, welche uns gezeigt hat, dass die heutige Normalität noch vor kurzem eben keine Normalität war. Dies gibt mir Kraft und Mut, für meine Anliegen einzustehen und dafür zu kämpfen, auch wenn sie im Moment nicht mehrheitsfähig sind.

Jahresrückblick Kultur
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Bei Bajour als: Reporter und Redaktor

Hier weil: da habe ich die Freiheit, Neues anzupacken und unkonventionell zu arbeiten, ohne über sieben Hierarchiehürden zu springen. Das ist toll. Gleichzeitig macht diese Freiheit natürlich Angst, und das wiederum schweisst zusammen. Darum bin ich auch hier. Wegen des Teams.

Davor: Bei der TagesWoche und davor lange Jahre an der Uni mit Germanistik & Geschichte.

Kann: Ausschlafen.

Kann nicht: Kommas.

Liebt an Basel: Die Dreirosenbrücke. Das Schaufenster des Computer + Softwareshops an der Feldbergstrasse Ecke Klybeckstrasse. Das St. Johann. Dart spielen in der Nordtangente. Dass Deutschland und Frankreich nebenan sind.

Vermisst in Basel: Unfertigkeit. Alles muss hier immer sofort eingezäunt und befriedet und geputzt werden. Das nervt. Basel hat in vielem eine Fallschirmkultur aus der Hölle. Absichern bis der Gurt spannt. Ich bin schon oft aus Versehen eingeschlafen.

Interessensbindung: Vereinsmitglied beim SC Rauchlachs.

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