Standort, vorwärts Marsch!
Die Basler Stimmbevölkerung hat das Standortpaket mit rund 63 Prozent angenommen. Die Befürworter*innen zeigen sich erfreut, aber auch die Gegner*innen verspüren Aufwind und kündigen bereits die nächste Initiative an.
Schon die Zwischenresultate um 12 Uhr zeigten am Sonntagmittag ein deutliches Ergebnis, das keine Zweifel mehr offen liess. Der Grossratsbeschluss betreffend Änderung des Standortförderungsgesetzes wurde mit mehr als 63 Prozent der Basler Stimmbevölkerung klar angenommen.
«Ich bin froh über das deutliche Bekenntnis der Bevölkerung zum Wirtschafts- und Life-Science-Standort Basel.»Kaspar Sutter, SP-Regierungsrat
Freude und Jubel machten sich in den Reihen der Befürworter*innen im Basler Grossratssaal breit, als das Ergebnis verkündet wurde. Regierungsrat Kaspar Sutter (SP) sagt zu Bajour: «Ich bin froh über das deutliche Bekenntnis der Bevölkerung zum Wirtschafts- und Life-Science-Standort Basel.» Ziel der Vorlage des Regierungsrats sei es gewesen, einen breit abgestützten Kompromiss zu erlangen: «Wir haben auch bei der Elternzeit einen Aufholbedarf, und nun können wir einen deutlichen Schritt in Richtung Vereinbarkeit von Familie und Beruf machen. Wir können auch den Klimaschutz mit sehr viel Geld fördern.»
Die Annahme sei aber sicher auch ein klares Bekenntnis zu Forschung und Entwicklung. «Wir können Firmen nun ganz direkt fördern – und zwar nicht nur die grossen, sondern auch Start-ups. Das ist eine Entwicklung in die Zukunft und ein wichtiger Beitrag, damit wir auch in Zukunft der Life-Science- und Forschungsstandort bleiben, der wir heute sind», sagt Sutter.
«Es werden nun viele zusätzliche Mittel für Massnahmen zur Verfügung stehen, die uns als SP sehr wichtig sind.»Lisa Mathys, SP-Präsidentin
Auch SP-Präsidentin Lisa Mathys ist froh über das Ergebnis: «Es werden nun viele zusätzliche Mittel für Massnahmen zur Verfügung stehen, die uns als SP sehr wichtig sind», sagt sie. Damit meint sie die Finanzierung von zusätzlicher Elternzeit, Klimaschutzmassnahmen, aber auch solidarische Forschungskooperationen. «Hier steht künftig deutlich mehr Geld zur Verfügung, das zweckgebunden ist», so Mathys.
Auf die Frage, inwiefern das Paket auch für Basel im internationalen Wettbewerb wichtig sei, sagt sie: «Den internationalen Standortwettbewerb können wir nicht wegdiskutieren. Ich gehe davon aus, dass die Annahme unter diesem Aspekt wichtig ist. Für mich liegt aber der Fokus wirklich auf den zusätzlichen Massnahmen, die uns sehr am Herzen liegen und die wir nun verwirklichen können.»
«Jede dritte Person in Basel-Stadt hat Nein gestimmt und erkannt, dass das Paket unsolidarisch ist und nicht unseren Werten entspricht.»Oliver Bolliger, Basta-Grossrat
Weniger erfreut, aber dennoch ermutigt zeigt sich Basta-Grossrat Oliver Bolliger. Er sei zwar «schon ein bisschen enttäuscht», spricht aber dennoch von einem «sehr guten Resultat». Warum, wenn er doch gegen das Standortpaket war? «Jede dritte Person in Basel-Stadt hat Nein gestimmt und erkannt, dass das Paket unsolidarisch ist und nicht unseren Werten entspricht», sagt er und vergleicht die Abstimmung mit einem Kampf zwischen David und Goliath: «Von daher ist es ein gutes Resultat.» Er ist der Ansicht, dass der hohe Nein-Anteil nun auch die SP zwinge, sich zu überlegen, wie sich sich von den Regierungsrät*innen emanzipieren und welche Position sie in Zukunft bei Steuerfragen einnehmen werde.
Und er kündigt an: «Wir bleiben sicher aktiv, wir haben bereits die Initiative «Pharma für alle» lanciert. Die Abstimmung heute ist ein Argument für die Annahme dieser neuen Initiative.» Bolliger gibt sich daher nach dem aktuellen Abstimmungsergebnis «sehr zuversichtlich». Die Initiative will einen kantonalen Fonds schaffen, um die Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten zu verbessern. Der Fonds soll aus 2,5 Prozent der baselstädtischen Steuererträge finanziert werden und gemeinnützige Projekte unterstützen, die die Entwicklung, Produktion und den Vertrieb von Medikamenten ermöglichen.
«Ich finde es enttäuschend für Basel-Stadt, dass man sich gegen Solidarität und Gerechtigkeit entschieden hat.»Tonja Zürcher, Basta-Grossrätin
Ähnlich ergeht es seiner Mitstreiterin, der Basta-Grossrätin Tonja Zürcher: «Klar bin ich enttäuscht, aber der Nein-Anteil ist sehr gross, gerade im Vergleich mit bisherigen Paketen dieser Art.» Das zeige, dass die Kritik an den Konzernen immer mehr in der Bevölkerung vorhanden sei. «Ich sehe das als hoffnungsvolles Zeichen für die Zukunft. Wir bleiben jetzt aktiv, das nächste ist die «Pharma für alle- Initiative», die kommen wird. Sie wird einen Ausgleich schaffen.» Zürcher verweist aber auch darauf, dass die OECD-Mindessteuer aus ihrer Sicht mit Annahme des Standortpakets klar ausgehöhlt wird. «Ich finde es enttäuschend für Basel-Stadt, dass man sich gegen Solidarität und Gerechtigkeit entschieden hat. Ich bin aber sicher, dass wir in wenigen Jahren erneut über das Thema diskutieren werden und hoffe, dass sich Basel dann anders entscheidet», so Zürcher.
«Die Annahme ist sehr gut und wichtig für den Wirtschaftsstandort Basel.»Laetitia Block, SVP-Grossrätin
Im Sinne der Wirtschaft «sehr zufrieden» zeigt sich SVP-Grossrätin Laetitia Block gegenüber Bajour. «Die Annahme ist sehr gut und wichtig für den Wirtschaftsstandort Basel. Ich denke, das hat die Stimmbevölkerung gesehen und entsprechend deutlich Ja gesagt.»
Nach Annahme der OECD-Steuer habe man einen Weg finden müssen, damit grosse Firmen nicht abwandern. Dies sei nun gelungen. Block findet: «Das Paket ist ein breiter Kompromiss, bei dem für jeden etwas dabei ist. Das ist sicher der entscheidende Grund gewesen, aus dem das Standardpaket nun deutlich angenommen wurde.»
«Die Bevölkerung erkennt, wie wichtig es ist, dass Wirtschaft und Bevölkerung gerade in international turbulenten Zeiten zusammenspannen.»Luca Urgese, FDP-Grossrat
Auch FDP-Grossrat Luca Urgese ist happy. «Ich freue mich sehr über das doch sehr deutliche Ergebnis. Das zeigt, dass die Bevölkerung erkennt, wie wichtig es ist, dass Wirtschaft und Bevölkerung gerade in international turbulenten Zeiten zusammenspannen.» Er spricht von einem starken Signal für den Wirtschaftsstandortund sagt: «Jetzt stehen Mittel zur Verfügung, die man für mehr Innovation, aber auch für freiwillige Elternzeit und für mehr Klimaschutz einsetzen kann. Ich bin überzeugt davon, dass die ganze Bevölkerung davon profitieren kann.»
«Ein wichtiger Beitrag»
Und er spricht die Sicherung von Arbeitsplätze und höhere Steuereinnahmen an. Die Abstimmung sei, abgesehen von diesen wirtschaftlichen Aspekten, aber auch ein Zeichen für die Vereinbarung von Familie und Beruf und für den Klimaschutz, denn diese beiden Punkte seien Teil des Pakets, zu dem die Bevölkerung nun klar Ja gesagt habe.
Trotz der breiten Unterstützung in der Bevölkerung für das Standortpaket ist der Standortwettbewerb nicht vom Tisch. Kaspar Sutter resümiert: «Basel-Stadt hat nun einen wichtigen Beitrag geleistet.» Er gibt den Ball aber direkt weiter an den Bund. Dieser sei nun gefordert, wenn es zum Beispiel zu gesunden Beziehungen zur EU gehe. Denn: «Wir müssen dranbleiben», so Sutter.