Ein grosser Löffel für die Wirtschaft

Das Basler Standortpaket kommt zustande, dafür hat sich die Stimmbevölkerung deutlich ausgesprochen. Zwar enthält das Paket ein Zückerli, das vor allem der SP gefällt, am Ende bleibt es jedoch ein Kompromiss, kommentiert Ina Bullwinkel.

Kommentar Standortpaket Pharma Roche
Ein grosser Löffel für Roche, einer für Novartis ... (Bild: Adobe Stock/Collage: Bajour)

Schon beim Zwischenresultat zeigte sich deutlich: Die Stimmbevölkerung hat das Basler Standortpaket, das die OECD-Mindeststeuer abfedern soll, mit mehr als 63 Prozent deutlich angenommen.

Die Argumente der Regierung haben offenbar verfangen. Diese betonte immer wieder, Arbeitsplätze und die Attraktivität des Standortes seien bedroht, sollte nicht ein signifikanter Teil der Steuer zurück an die Pharma gehen. Wie es sich für ein Paket gehört, schnürte die Regierung ihre Argumente geschickt mit einem Zückerli, das vor allem die SP glücklich machte – die einzige linke Partei, die die Änderung des Standortförderungsgesetzes unterstützte.

Immerhin 20 Prozent der Einnahmen aus der OECD-Steuer sollen in einen Fonds für Gesellschaft und Umwelt fliessen – Unternehmen, die eine Elternzeit anbieten und Massnahmen für den Klimaschutz ergreifen, sollen gefördert werden. Diese 20 Prozent haben den Kompromiss möglich gemacht.

Wie es sich für ein Paket gehört, schnürte die Regierung ihre Argumente geschickt mit einem Zückerli, das vor allem die SP glücklich machte.

SP-Wirtschaftsdirektor Kaspar Sutter spricht am Abstimmungssonntag denn auch von einem wichtigen Schritt, den man bei der Elternzeit gemacht habe und vom Klimaschutz, den man jetzt mit viel Geld fördern könne. Genauso tönt es bei FDP-Grossrat Luca Urgese, der genauso wie die SP das Standortpaket befürwortete: «Die Abstimmung ist definitiv auch ein Zeichen für die Vereinbarung von Familie und Beruf und für den Klimaschutz.»

Dieses Eigenlob hört sich nach einem grossen Sprung für Eltern an. Nicht vergessen gehen sollte, dass es bei der jetzt möglichen Elternzeit um drei Wochen geht. Das ist immer noch wenig im europäischen Vergleich. Und dass drei Wochen helfen sollen, Familie und Beruf besser zu vereinbaren, halte ich für eine steile These. Aber die Basler Eltern sind Kummer gewohnt und nehmen, was sie kriegen können. Diese Elternzeit ist ausserdem ein freiwilliges Angebot der Unternehmen und sie gilt nicht für öffentlich-rechtliche Betriebe. Die Beschäftigten des Unispitals profitieren also beispielsweise nicht. Ein Kompromiss bleibt ein Kompromiss.

Es geht sowieso nicht um Familie oder Klimaschutz, sondern um Wirtschaft. Die bekommt 80 Prozent der bis zu 500 Millionen Franken und das ist das, was das Standortpaket ausmacht. 

Und bevor wir uns einlullen lassen vom Gesellschaft-und-Umwelt-Zückerli, erinnern wir uns doch kurz, dass es ja eigentlich sowieso nicht um Familie oder Klimaschutz, sondern um Wirtschaft geht. Die bekommt 80 Prozent der bis zu 500 Millionen Franken und das ist das, was das Standortpaket am Ende ausmacht. 

Schön, dass sich an diesem Sonntag nicht nur die Befürworter*innen und damit die Gewinner*innen der Abstimmung freuen, sondern auch die Gegner*innen, namentlich das «Basel für alle»-Komitee. So nennt Basta-Grossrat Oliver Bolliger das Resultat «sehr gut». Jede dritte Person in Basel-Stadt habe Nein gestimmt. Auch Bolligers Parteikollegin Tonja Zürcher findet, der Nein-Anteil sei sehr gross, «gerade im Vergleich mit bisherigen Paketen dieser Art».

Diese kleiner als sonst ausfallende Ablehnung begreift ein Teil des «Basel für alle»-Komitees als kräftigen Schub für ihr nächstes Projekt, die Initiative «Pharma für alle», bei der es darum geht, «den privaten Pharmaunternehmen eine öffentliche Arzneimittelversorgung entgegenzustellen». Die Initiative sieht unter anderem vor, dass die Ergebnisse von öffentlicher Forschung nicht mehr mit Patenten privatisiert werden dürfen. 

Interessant an der Pharma-Initiative ist, dass dieses Mal auch die SP Basel-Stadt Teil des Komitees ist. Vielleicht erlebt der Kanton also bald eine Abstimmung, bei der sich die Sozialdemokrat*innen weniger schützend vor die Pharma stellen.

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Korrektur, 18. Mai 2025, 18.12 Uhr: In einer früheren Version hiess es, die SP Basel-Stadt würde die Initiative «Pharma für alle» nicht unterstützen. Das stimmt nicht, die Basler Partei ist Teil des Komitees. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

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Kommentare

Daniel
19. Mai 2025 um 10:42

Was ist denn so schlecht an der Vernunft, am Kompromiss und am Augenmass? Sind das heute nur noch Schimpfwörter? Die eher dumpfen Parolen aus der antikapitalistischen Mottenkiste waren einfach nicht überzeugend; diese richteten sich fast ausschliesslich an den Stammtisch von Linksaussen. So sind hier keine Abstimmungen zu gewinnen. Zum Glück.

Daniel
21. Mai 2025 um 09:52

Äpfel@Samuel

Hugo hat einen Apfelbaum. Bislang musste er davon 10 Äpfel davon abgeben. Nun beschliessen die Könige aller Länder, dass von nun an 15 Äpfel abzugeben sind. Leider halten sich die meisten Könige und damit auch die Länder nicht daran und machen damit Hugo dem Apfelbauer das Leben schwer. Das Dorf selbst ist sehr reich und bräuchte keine weiteren Steueräpfel. Nun schlägt der Bürgermeister des Dorfes einen Kompromiss vor: Hugo muss tatsächlich fortan 15 Äpfel bezahlen, bekommt jedoch vier Äpfel zurück die er für den Unterhalt des Apfelbaumes und seines Grundstückes ausgeben muss. Einen der vier Äpfel muss Hugo sogar für Apfelbauern ausgeben, die jeweils nur viel kleinere Bäume als er selbst haben (KMU's). Das Dorf stimmt über den Kompromissvorschlag ab und sagt deutlich JA. Ich als Primat wäre durchaus glücklich über so eine Geschichte (-;