Braindrain in der UVEK?

Im Herbst wurden die beiden wichtigsten linken Umweltpolitiker abgewählt. Dennoch könnte es zu einem Linksrutsch bezüglich Umwelt-, Verkehr- und Energiethemen im Grossen Rat kommen. Die zuständige Kommission hat neu eine linke Mehrheit.

Brain Drain Pflanzen giessen Gehirn
Hat es noch genug Know-how für Klimapolitik in der zuständigen Kommission des Grossen Rats? (Bild: Adobe Stock)

Tempo 30 auf den Kantonsstrassen, Abbau von Parkplätzen, neue Velorouten, attraktiver ÖV: In der Verkehrspolitik stehen immer wieder kleinere und grössere Entscheide an. Welchen Kurs Basel einschlägt, wird mitunter in der UVEK entschieden. Die Grossratskommission befasst sich ausserdem mit Umweltschutz und Energieversorgung. Der UVEK hat also grossen Einfluss in der Klimapolitik Basels; in keiner anderen Kommission sind so viele Parteichef*innen (SP, Grüne, Mitte, SVP) vertreten.

Die «Arbeitsgruppe» des Parlaments muss sich aber in nächster Zeit erstmal mit sich selbst beschäftigen. Denn trotz der minimalen Verschiebungen der Kräfteverhältnisse im Parlament kommt es in der nächsten Legislatur vor allem in der UVEK zu einigen personellen Wechseln. Bei den Grossratswahlen im Herbst wurden gleich mehrere Mitglieder abgewählt:

  • Raphael Fuhrer (Grüne), Verkehrsplaner und bisheriger Kommissionspräsident
  • Daniel Sägesser (SP), Solarmodul-Unternehmer
  • Lukas Bollack (GLP), Umweltingenieur
  • Beat Braun-Gallacchi (FDP), Baloise-Generalagent

Zudem trat der Heizungs-Unternehmer Semseddin Yilmaz (SP) freiwillig nicht mehr zur Wahl an. Insgesamt werden also fünf der 13 Kommissionsmitglieder in der kommenden Legislatur nicht mehr vertreten sein. Das ist ein ungewöhnlich hoher «Brain Drain» an erfahrenen Dossierpolitikern für eine einzelne Kommission. Kann die UVEK überhaupt der geregelten Kommissionsarbeit nachgehen, wenn so viele Mitglieder neu sind?

Raffaela Hanauer
«Ich bin zuversichtlich, dass es nach einer Einarbeitungszeit gut funktionieren wird»
Raffaela Hanauer, Grünen-Co-Präsidentin

Fachkommissionen seien in einem Milizparlament wie dem Grossen Rat Laiengremien, findet Mitte-Co-Präsident Franz-Xaver Leonhardt, der selbst in der UVEK sitzt: «Dort ist mehr das Interesse und Engagement gefragt, um die Projekte der Regierung zu beurteilen.» Auch Grünen-Co-Präsidentin Raffaela Hanauer – wie Leonhardt UVEK-Mitglied – glaubt nicht, dass die Arbeit in der Kommission jetzt ins Stocken gerät: «Ich bin zuversichtlich, dass es nach einer Einarbeitungszeit gut funktionieren wird», sagt sie.

Die BaZ hat bereits kurz nach der überraschenden Abwahl Fuhrers und Sägessers geschrieben, dass «Basels Linke zwei ihrer besten Umweltpolitiker verliert». SP-Fraktionschefin Michela Seggiani betont auf Anfrage, wie schwer der Verlust der beiden falle. «Für die UVEK bedeutet diese neue Ausgangslage neue Herausforderungen, aber auch neue Chancen.»

Michela Seggiani
«Für die UVEK bedeutet diese neue Ausgangslage neue Herausforderungen, aber auch neue Chancen.»
Michela Seggiani, SP-Fraktionschefin

Eine Chance könnte sich dadurch ergeben, dass schon die leichten Verschiebungen bei den Mehrheitsverhältnissen im Parlament dazu geführt haben, dass es in der UVEK künftig eine «linke Mehrheit» geben wird. Denn sowohl SP (vier) als auch Grüne (zwei) behalten ihre Sitzanzahl, während die Basta einen Sitz dazugewonnen hat. «Das hat mich sehr gefreut», sagt Seggiani. Sie kann sich vorstellen, dass man künftig bei «wichtigen Themen wie umweltfreundlichem Verlehr, Velosicherheit und Klimamassnahmen» noch schneller vorankommt.

Möglich ist derweil auch, dass es öfter Minderheitsberichte der bürgerlichen Kommissionsmitglieder geben wird. Gerade bei der Debatte über Velovorzugsrouten war es wieder der Fall: Dem Kommissionsbericht ist noch ein Bericht der Minderheit (mindestens ein Viertel der Mitglieder) angefügt, die nicht mit der Mehrheit einverstanden ist. Solche Minderheitsberichte sind in der UVEK bisher eher selten entstanden.

2025-01-15 Frage des Tages-1
Braucht Basel mehr Velovorzugsrouten?

Die kantonale Volksinitiative «Sichere Velorouten in Basel-Stadt» verlangt ein durchgehendes und sicheres und Velonetz mit mindestens 50 Kilometern Velovorzugsrouten bis 2035. Darüber haben Regierungsrat, die UVEK-Mehrheit und -Minderheit unterschiedliche Ansichten. Am Mittwoch, 15.Januar 2025, war die Initiative im Grossen Rat Thema und wir haben in der Frage des Tages darüber diskutiert.

Zur Frage des Tages

Allerdings gehen selbst einige linke Kommissionsmitglieder davon aus, dass sich letztlich bei den Kommissionsentscheiden nicht viel ändern wird. Eine Kommission muss konsensorientiert und auch kompromissbereit arbeiten – denn sie muss letztlich auch den gesamten Grossen Rat überzeugen, ihrem Vorschlag zu folgen. Und dort sind die Mehrheitsverhältnisse quasi 50/50 (je nachdem, wie die GLP stimmt).

Wer neu in die UVEK kommt, ist noch nicht klar. Bis Ende Januar müssen die Fraktionen ihre Vorschläge für die Kommissionsbesetzungen machen. Die wenigsten wollen sich in die Karten schauen lassen. Für den FDP-Sitz derweil kommt vor allem Daniel Seiler, Geschäftsführer der Basler Sektion des Auto Club Schweiz, infrage. Die Basta weiss bereits, dass Brigitta Gerber den Sitz einnehmen soll. Bekannt ist bis anhin auch, dass Béla Bartha, Geschäftsführer des Biodiversitäts-Verbands ProSpecieRara, den zweiten Grünen-Sitz einnehmen wird.

Das Präsidium liegt ebenfalls weiterhin bei den Grünen. Entsprechend dem Anciennitätsprinzip in der Kommission wird Raffaela Hanauer dieses übernehmen, wie die Fraktion mitteilt. Ihr Interesse daran kündigte sie bereits im Interview mit der bz an, als sie den Rückzug vom Parteipräsidium bekanntgab.

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Das ist David (er/ihm):

Von Waldshut (Deutschland) den Rhein runter nach Basel treiben lassen. Used to be Journalismus-Student (ZHAW Winterthur) und Dauer-Praktikant (Lokalzeitungen am Hochrhein, taz in Berlin, Wissenschaftsmagazin higgs). Besonderes Augenmerk auf Klimapolitik, Wohnpolitik, Demopolitik und Politikpolitik. Way too many Anglizismen.

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