Linke streiten auf Facebook über «Tag der Vollidioten»

Am Tag der Arbeit verschmierte eine kleine Gruppe Demonstrant*innen Wände und schlug Scheiben ein. Der ehemalige Sozialdemokrat Roland Stark wirft seinen Ex-Genoss*innen vor, sie hätten zu wenig dagegen unternommen.

An einer Kundgebung zum Tag der Arbeit zerstoeren Demonstranten die Scheiben des Geschaeftes des Chocolatiers Laederach in Basel, am Sonntag, 1. Mai 2022. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)
Demonstrant*in mit Hammer. (Bild: KEYSTONE/Georgios Kefalas)

Wenn es in der SP etwas zu streiten gibt, ist Roland Stark meist nicht weit. Früher Präsident der Basler Genossen ist Stark heute nur noch Mitglied der SP Appenzell, der baselstädtischen Sektion ist er nach Differenzen ausgetreten. Auf Facebook ist er aber immer noch regelmässig mit seinen früheren Parteigenoss*innen im Austausch.

So auch nach diesem 1. Mai. Stark postete Fotos der UBS und schrieb: «Früher Tag der Arbeit – heute Tag der Vollidioten. 1. Mai 2022 Neubad.» Demonstrant*innen hatten am Sonntag mehrere Bankfilialen mit Farbe beworfen und in der Innenstadt auch Scheiben eingeschlagen. SVP-Mitglied Martin Krumm forderte daher, ebenfalls auf Facebook, dass sich die Linken von solchen Demonstrierenden distanziert.

Bildschirmfoto 2022-05-02 um 16

Die Antwort von Tim Cuénod, SP-Grossrat: «Von Leuten, mit denen wir nichts zu tun haben, können wir uns nicht ‹lossagen›. Am 1. Mai marschierten laut Polizei circa 2000 Menschen mit. Davon gehörte ‹mit Sicherheit› nur eine sehr kleine Minderheit diesem sogenannten ‹antikapitalistischen Block› an», so Cuénod.

Daraufhin entwickelt sich eine Diskussion darüber, ob das 1. Mai-Komitee die Sachbeschädigungen hätten verhindern sollen.

Roland Stark warf der «traditionellen Linken» vor, sie sei hinter dem Schwarzen Block hinterhergetrottet: «Was haben die Organisatoren unternommen, um dieses peinliche Bild zu vermeiden?», fragt er.

Cuénod entgegnet, es sei «nicht einfach, ohne jede Gewaltanwendung 50 Leute daran zu hindern, sich an die Spitze eines Umzuges zu stellen». Die Gewerkschaften seien aber auch weniger stark als früher: «Fakt ist, dass die Gewerkschaften in Basel in den letzten Jahren rapide schwächer geworden sind und den 1. Mai weitgehend aus der Hand gegeben haben.»

Bildschirmfoto 2022-05-02 um 16

Früher war der 1. Mai fest in den Händen der Gewerkschaften und linken Parteien. Heuer redeten auch Bewegungen wie der Klimastreik, der Kulturverein Dem-Kurd oder die Bewegung für den Sozialismus mit. Das kann man als Machtverlust der einen interpretieren. Oder als Zeichen der Diversität der linken Bewegung.

David Friedman, Präsident FDP Grossbasel-Ost, schlägt der Linken vor, nur noch ein Fest zu veranstalten, keine Kundgebung mehr. Oder wie er es nennt: «eine stationäre Demo». «Die Frage ist halt einfach, ob Gewerkschaften oder eine Partei wirklich eine zerstörungsfreie Demo sicherstellen können? Vielleicht wäre es sinnvoller, man macht nur noch eine stationäre Veranstaltung?»

Basel Briefing

Das wichtigste für den Tag
Jetzt Abonnieren
Jetzt Member Werden

Das könnte dich auch interessieren

Regierungsraetin Stephanie Eymann, Vorsteherin des Justiz- und Sicherheitsdepartements Basel-Stadt, informiert an einer Medienkonferenz darueber was seit der Publikation des Berichts der unabhaengigen Abklaerung zur Personalsituation bei der Kantonspolizei Basel-Stadt geschehen ist, in Basel, am Freitag, 28. Juni 2024. Als eine der ersten Massnahmen wird der Kommandant der Kantonspolizei Basel-Stadt Martin Roth freigestellt. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)

Michelle Isler am 28. Juni 2024

Polizeikommandant Roth muss gehen

Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann zieht Konsequenzen. Nachdem vergangene Woche eine unabhängige Untersuchung der Personalsituation bei der Kantonspolizei Basel-Stadt katastrophale Zustände zu Tage förderte, rollt jetzt der erste Kopf: Kommandant Martin Roth muss gehen.

Weiterlesen
Sacha Lüthi Titelbild

am 27. Juni 2024

«Gefühlt gelten wir jetzt alle als böse Sexisten und Rassisten»

Sacha Lüthi ist Community-Polizist. Die politische Debatte nach der Veröffentlichung des Untersuchungsbericht zu den Missständen bei der Basler Polizei macht ihm zu schaffen. Er hat Bajour seine Gefühlslage geschildert.

Weiterlesen
Grosser Polizeieinsatz an der Kundgebung gegen die von der Pnos (Partei national orientierter Schweizer) organisierten Demonstration gegen den UNO-Migrationspakt in Basel, am Samstag, 24. November 2018. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)

David Rutschmann am 21. Juni 2024

Kein Lodern, ein Flammen

Was die unabhängige Personalbefragung der Kapo BS über die Zustände im Korps aussagt, ist katastrophal: eine Kultur der Angst, eine veraltete Macho-Kultur, ein totaler Vertrauensverlust. Die Erwartungen an Polizeidirektorin Stephanie Eymann sind jetzt enorm.

Weiterlesen
Stephanie Eymann

David Rutschmann am 21. Juni 2024

Und jetzt, Frau Eymann?

Die Missstände bei der Basler Kantonspolizei sind so gravierend, dass selbst die Polizeidirektorin schockiert ist. Im Kurzinterview spricht sie über die Rücktrittsforderungen an den Polizeikommandanten, die Notwendigkeit eines grundlegenden Kulturwandels und welche Massnahmen schon bald umgesetzt werden könnten.

Weiterlesen
bajour

Kommentare