Mieter*innenverband wetzt die Messer
Am Montag wird Regierungspräsident Conradin Cramer präsentieren, wie er den Wohnschutz reformieren will. Der Mieter*innenverband ist in Kampfmodus und hat jetzt schon zwei Initiativen parat.
Auf den Punkt:
|
Eigentlich hatte der Mieter*innenverband (MV) gedacht, dass zum Zeitpunkt der halbjährlichen Routine-Medienkonferenz auf seiner Dachterrasse im Kleinbasel bereits neue Infos zum Wohnschutz bekannt sein werden. Doch nun wird Regierungspräsident Conradin Cramer erst am kommenden Montag die Pläne zum Wohnschutz vorstellen – er hatte vergangenen August angekündigt, die Wohnschutzverordnung anzupassen. Und der MV musste für sein Pressegespräch ohne diese brisanten Informationen auskommen.
Der Rückblick auf drei Jahre Wohnschutzgesetzgebung, die Co-Präsident Pascal Pfister vortrug, war entsprechend auch eine wenig überraschende Verlautbarung, warum man weiterhin zufrieden ist mit dem eigenen Gesetz. Den spannende Teil des Gesprächs darf «Senior Consultant» Beat Leuthardt übernehmen. Der langjährige Kopf des MV kann von Pfister und Geschäftsleiterin Patrizia Bernasconi nicht gebremst werden, als er plaudert, wie der Verband auf die erwartbaren Wohnschutz-Lockerungen reagieren will. Ganz ohne Breaking News kann Leuthardt eben nicht.
Also skizziert er beim Mediengespräch grob, wie genau er den MV in die nächste Schlacht im unsicheren Wohnschutz-Gewässer führen will. Wind in den Segeln hat er schonmal, denn der Zeitpunkt für neue Initiativen – dass es solche geben wird, kündigte Leuthardt schon vor zwei Jahren bei der damaligen Routine-Pressekonferenz an – ist günstig: Man kann die Aufmerksamkeit für das Thema nutzen, die durch die Unterschriftensammlung für die Mietpreis-Initiative auf nationaler Ebene geschaffen wird.
Was bei Friedrich Merz einst die Steuererklärung auf dem Bierdeckel war, ist bei Leuthardt «zwei Initiativen auf einem Papier». Damit wedelt er beim Pressegespräch munter herum, die eine Seite des Papiers ist orange eingefärbt, die andere grün – die Journalistenrunde darf das Papier jedoch nicht im Detail studieren, denn ganz pfannenfertig sind die beiden Initiativen noch nicht. «Es ist nicht nur Blindtext, versprochen», sagt er.
Ganz kryptisch kann Leuthardt dann aber doch nicht bleiben und plaudert einige Details zur «orangenen» und der «grünen Initiative» aus – am Geländer stehen für beide Initiativen auch schon Werbebanner mit baseldeutschen Claims bereit. Die «Vereinfachungs- und Anti-Bürokratie-Initiative» (orange) soll das Gesetz kürzer und einfacher machen – mit dem Ziel, dass auch die Anträge kürzer und einfacher sind und die Verfahren schneller gehen.
Steuerzahler*innen sollen Öko-Sanierungen zahlen
Die zweite, «grüne» Initiative dient der Verknüpfung von Wohn- und Klimaschutz. Denn durch die Annahme des Netto-Null-Ziels 2037 entstand der Zielkonflikt, dass bis dahin auch die Wohnungen in Basel ökologisch auf Vordermann gebracht werden müssen – es muss also viel saniert werden. Investor*innen haben mit dem neuen Wohnschutzgesetz dazu aber keinen Anreiz mehr, weil sie die Kosten nicht voll auf die Mieter*innen abwälzen dürfen.
Eine Motion von GLP-Grossrat Niggi Rechsteiner fordert daher, dass ökologische Sanierungsvorhaben vom Wohnschutz ausgenommen werden sollen – das ist für den MV der «dickste Fisch» des bürgerlichen Wohnschutz-Lockerung-Pakets. Wenn diese Lockerung durchkommt, will der MV dringend reagieren – und zwar mit der Forderung, dass ökologische Sanierungen grundsätzlich nicht mehr zu Mietpreiserhöhungen führen dürfen.
Doch Leuthardt – ein vehementer Verfechter des intersektionalen Denkens, dass Wohn- und Klimaschutz unteilbar zusammen gehören – will verhindern, dass dann gar keine ökologischen Sanierungen mehr gemacht werden. Die Initiative wird deshalb einen staatlichen Fonds vorschlagen, geäufnet mit 500 Millionen Franken Steuergelder, aus dem Vermieter*innen ihre ökologischen Renovationen finanzieren. Die genaue Ausgestaltung des Fonds und der Fördermechanismen will der MV noch diskutieren.
«Wenn die bürgerlichen Motionen zurückgezogen werden, lassen wir die Initiativen in der Schublade.»Beat Leuthardt, Senior Consultant Mieter*innenverband
Dass der MV seine Strategie jetzt schon im Groben ankündigt, ist selbstredend auch ein taktisches Vorgehen: Der Verband droht mit Initiativen, um das politische Vorgehen zu beeinflussen. Das sagt er auch unverhohlen: «Wenn die bürgerlichen Motionen zurückgezogen werden, lassen wir die Initiativen in der Schublade», so Leuthardt. Für diese Strategie spricht, dass die Basler Bevölkerung in den letzten Jahren bei jeder Gelegenheit für mehr Wohnschutzmassnahmen gestimmt hat – und darauf könnten einige Bürgerliche tatsächlich keine Lust haben.
Im Moment rechnet aber auch der MV damit, dass sich der politische Wind nicht dreht – zwischenzeitlich sind ja auch auf linker Seite Skepsis an der Umsetzung des Basler Wohnschutzes (und vor allem dem energetischen Sanierungsstau) entstanden und man findet es hinter vorgehaltener Hand gut, dass Cramer wieder lockern will. Beim MV ist man selber gespannt, wie die «Spoiler» für die Initiativen bei den linken Parteien ankommen.