Minimaler Staatsbeitrag mit maximaler Medienwirkung

«Die einzige Geschäftsidee: Der Staat soll doch bitte zahlen», schrieb die BaZ in einem Leitartikel. Das ist falsch. Die Replik von OnlineReports-Gründer Peter Knechtli und Bajour-Chefredaktorin Andrea Fopp.

Peter Knechtli und Andrea Fopp
(Bild: zvg / Pino Covino)

Die BaZ schreibt, Basel habe kein Problem mit der Medienvielfalt. Und wirft OnlineReports und Bajour vor, unser einziges Geschäftsmodell sei: Der Staat soll bitte zahlen. Das ist erstens falsch: OnlineReports finanziert sich seit der Gründung 1998 privatwirtschaftlich. Und Bajour hat mittlerweile rund 3000 zahlende Mitglieder, welche das journalistische Angebot freiwillig unterstützen.

Und zweitens ist es bemerkenswert für eine BaZ, deren Verlag sich aktiv für eine staatliche Unterstützung eingesetzt hat. So bekräftigte Tamedia-Verleger Pietro Supino unlängst selbst, dass die Medien kein Geschäftsmodell mehr haben. Und auch Thomas Kundert, CEO der Somedia, sagte: Das Geschäftsmodell Journalismus, «wie wir es bis jetzt kannten, ist wohl passé»

Früher wurden etwa zwei Drittel der Zeitung über Werbung finanziert, ein Drittel über Abos. Inzwischen sind die Werbeeinnahmen schweizweit um 40 Prozent eingebrochen. Das hat auch Auswirkungen auf Basel. Früher hatte die BaZ eine Baselbieter Redaktion in Liestal, mehrere Journalisten im Bundeshaus und ausgewiesene Szenekennerinnen im Kulturteam. Das gibt es alles nicht mehr.

«Jetzt kann man natürlich warten, bis sich die Medienlandschaft weiter heruntergewirtschaftet hat. Oder man kann unabhängigen Journalismus als Kulturgut definieren, das es wert ist, staatlich unterstützt zu werden.»

Jetzt kann man natürlich warten, bis sich die Medienlandschaft weiter heruntergewirtschaftet hat. Oder man kann unabhängigen Journalismus als Kulturgut definieren, das es wert ist, staatlich unterstützt zu werden. Die Basler Bevölkerung ist dafür offenbar offen, so hat sie das nationale Medienpaket am 13. Februar mit 55 Prozent angenommen. Das nationale Mediengesetz wurde im Parlament überfrachtet. Demgegenüber verarmt der politische Lokaljournalismus, investigative Recherchen haben mittlerweile Seltenheitswert. Zeit, es anders anzugehen.

Wir von OnlineReports und Bajour haben zusammen folgende Idee entwickelt: Die Behörden sollen auf sämtlichen lokalen Basler Medien ihre Sensibilisierungen in Form einer Raummiete schalten – ähnlich, wie es die Basler Klima-Kommission vorgeschlagen hat: Raum für die Bekanntmachung gesellschaftlich sinnvoller kantonaler Dienstleistungen, Partizipation, Animation und redaktionsunabhängige Direktkommunikation mit der Bevölkerung.

Schon heute verbreiten wir Redaktionen zahlreiche Verlautbarungen des Staates. Dabei handelt es sich um eine offizielle Informationsdienstleistung für die Bevölkerung, die mit journalistischer Recherche wenig zu tun hat. Früher betrieb der Staat dazu Amtsblätter. Jetzt dienen ihm private Medien als Informationskanal.

«Eine Grössenordnung von relativ bescheidenen zwei Millionen Franken jährlich hätte gleichzeitig eine enorme Belebung der journalistischen Tätigkeit und eine Sicherung der Medienvielfalt zur Folge.»

Dieses Kommunikationsfenster, so unsere Idee, würde der Kanton entschädigen. Das Ziel: Jedes Basler Medium kann die Werbung einbinden und erhält, unabhängig von Umfang, Verbreitungsart und Reichweite, eine Amtsblatt-Pauschale in Höhe von jährlich mindestens 200’000 Franken. Gibt total 1,8 Millionen Franken oder umgerechnet etwa zusätzliche 18 Vollzeitstellen für den Journalismus in Basel.

Stand heute würden ungefähr neun Medien von Prime News bis Basler Zeitung profitieren. Die BaZ könnte sich also über zwei neue Journalisten freuen. Eine Grössenordnung von relativ bescheidenen zwei Millionen Franken jährlich hätte gleichzeitig eine enorme Belebung der journalistischen Tätigkeit und eine Sicherung der Medienvielfalt zur Folge.

 Das ist ein erster Vorschlag für eine schnelle, unkomplizierte Medienförderung in Basel. Wir sind offen und möchten die Idee an einem runden Tisch mit den anderen Medienschaffenden diskutieren. Wir sind überzeugt: Ein amtliches Informations- und Animationsfenster in Basler Lokalmedien und 18 zusätzliche Vollzeitstellen würden rasch und effizient zu einer informationspolitischen Belebung der Presselandschaft führen. 

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Bei Bajour als: Journalistin.

Hier weil: Das Hobby meines Mannes finanziert sich nicht von alleine.

Davor: Chefredaktorin im Lokalmedium meines ❤️-ens (Bajour), TagesWoche (selig), Gesundheitstipp und Basler Zeitung

Kann: alles in Frage stellen

Kann nicht: es bleiben lassen

Liebt an Basel: Mit der Familie am Birsköpfli rumhängen und von rechts mit Reggaeton und von links mit Techno beschallt zu werden. Schnitzelbängg im SRF-Regionaljournal nachhören. In der Migros mit fremden Leuten quatschen. Das Bücherbrocki. Die Menschen, die von überall kommen.

Vermisst in Basel: Klartext, eine gepflegte Fluchkultur und Berge.

Interessensbindungen:

  • Vorstand Gönnerverein des Presserats
  • War während der Jugend mal für die JUSO im Churer Gemeindeparlament. Bin aber ausgetreten, als es mit dem Journalismus und mir ernst wurde.

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