«Ich erwarte klare Antworten von der Regierung»

Das Video, auf dem Basler Polizisten erklären, dass Gummischrot gegen Protestierende eingesetzt wurde, um rechtsextreme PNOS-Demonstranten «freizuschiessen» hat es in sich. Nun folgen die ersten Reaktionen aus der Politik.

Auf einer Tonspur eines Videos, das das Geschehen der Nazifrei-Demonstration aus der Perspektive des Messeturms zeigt, sind mindestens drei Beamte zu hören, die sich über den Gummischroteinsatz unterhalten. Die Empörung ist gross. Innert drei Tagen wurde das Video auf dem Youtube-Kanal von Bajour beinahe 40’000 mal aufgerufen. Der Polizeieinsatz wird auch in den Kommentaren heftigst diskutiert.

Dieser Einsatz vom November 2018 sorgt jetzt auch in der Basler Politik für Irritation. SP-Grossrätin Barbara Heer reichte am Dienstag, dem 24.11 eine Interpellation ein, in der sie eine offizielle Stellungnahme der Regierung zu dem Video fordert. Als sie die Petition geschrieben hat, war noch unklar, ob das Video echt ist. Bajour weiss: Das Video wurde vor Gericht bei Prozessen gegen Teilnehmer*innen der unbewilligten Anti-Pnos-Demonstration von der Verteidigung als Beweismaterial verwendet. 

Grössrätin Heer hofft auf Staatsanwaltschaft

Von der Echtheit des Videos geht mittlerweile auch Barbara Heer fest aus. Sie erwartet nun «klare Antworten» von der Regierung, sagt sie auf Anfrage, «und zwar genauer als <es handelt sich um laufende Verfahren> und so weiter». Sie hofft darauf, dass die Staatsanwaltschaft Untersuchungen einleitet: «Falls sie das nicht tun, müssten sie das sehr gut begründen können.»

Barbara Heer geht noch einen Schritt weiter und fordert, dass die Staatsanwaltschaft die «antisemitischen Reden» der Pnos-Demonstration als Offizialdelikt verfolgt. «Es kann nicht sein, dass in Basel antisemitische Hetzreden ohne Strafverfolgung bleiben, aber äusserst hohe Strafen gesprochen werden für Personen im Zusammenhang mit der unbewilligten Demonstration.»

Für Barbara Heer geht es bei der Stellungnahme auch um die Reputation der Polizei. «Ich erwarte von der Regierung, dass sie auch aus diesem Aspekt heraus reagiert.» In der Interpellation schreibt sie: «Die Reputation der Basler Polizei und allfälliger weiterer beteiligter Polizeieinheiten wird dadurch kompromittiert». Unter anderem deshalb sei eine «lückenlose Aufklärung» nötig.

Luca Urgese begrüsst Interpellation

Justiz- und Sicherheitsdirektor Baschi Dürr machte sich damals selbst ein Bild von der Situation, wie du hier nachlesen kannst. Ob er von der Existenz des Videos seit Längerem weiss und wie er das Video einschätzt ist noch offen. Bajour hat Baschi Dürr für eine Stellungnahme angefragt, sie folgt in Kürze auf Bajour.ch. Parteikollege und FDP-Präsident Luca Urgese hält sich mit einer Einschätzung zurück und sagt gegenüber Bajour: «Allzu viel weiss man von diesem Video noch nicht und ich kann dementsprechend auch noch nicht viel dazu sagen.» 

Die Interpellation wegen des Videos begrüsst Urgese, da die Regierung dadurch eine Chance zur Stellungnahme bekommt.

Bajour verfolgt die laufenden Gerichtsprozesse rund um die «Nazifrei-Demo» intensiv und hat in Zusammenarbeit mit der Republik eine Recherche über die Nazifrei Demonstration, den Polizeieinsatz und die darauffolgenden Prozesse veröffentlicht. Falls du mehr darüber wissen willst, kommst du hier zum zweiteiligen Artikel.

Das könnte dich auch interessieren

Luca Urgese Kolumne-2

Luca Urgese am 23. Dezember 2024

Wehe, die Natur stört unseren Alltag

Die Zeit zwischen den Jahren ist Ferienzeit. Bald wird es auf unseren Social-Media-Kanälen wieder wimmeln von Fotos aus den Bergen, im Grünen oder am Meer. Wir suchen die Natur für Erholung. Aber wehe, sie kommt unserem Alltag in die Quere. Sind wir noch in der Lage, mit Naturphänomenen umzugehen?, fragt FDP-Politiker Luca Urgese in seiner Kolumne.

Weiterlesen
Wochenkommentar Leila Moon

Ina Bullwinkel am 13. Dezember 2024

Verlierer*innen, wo du hinschaust

Was bleibt übrig von der knapp einmonatigen Diskussion um die Vergabe des Kulturförderpreises an Leila Moon? Eine Jury, die sich und die Künstlerin angreifbar gemacht hat. Ein Amt für Kultur, das sich wieder einmal rechtfertigen musste. Und eine Künstlerin, an der nun ein Image haftet, das nur schwer zu revidieren ist. Ein Kommentar von Chefredaktorin Ina Bullwinkel.

Weiterlesen
Pekerman2

Valerie Zaslawski am 10. Dezember 2024

«Wir werden sehen, ob Syrien wirklich ein Land für alle sein wird»

GLP-Grossrat Bülent Pekerman sagt im Interview mit Bajour, die Freude über den Sturz von Assad in der kurdischen Community sei gross. Er äussert aber auch Bedenken: «Die Türkei wird nun versuchen, den Kurden in Syrien das Leben schwer zu machen.»

Weiterlesen
Elisabeth Schneider-Schneiter Ukraine

David Rutschmann am 06. Dezember 2024

«Uns allen geht es um die humanitäre Tradition»

Die Baselbieterin Elisabeth Schneider-Schneiter war eine der Ausscherer*innen aus der Mitte, die im Nationalrat die Verschärfung des Schutzstatus S möglich machten. Sie findet es richtig, den Sonderschutz auf die akuten Kriegsgebiete zu beschränken – und hofft, dass man damit die Zuwanderungspolemik der SVP bekämpfen kann.

Weiterlesen
Fotostüdyo Dilek

Das ist Zeisi (sie/ihr)

Valerie aka «Zeisi» hat als Praktikantin bei Bajour gestartet, dann ein Studium begonnen und arbeitet nun nebenbei als freie Journalistin bei der bz sowie bei Bajour als Briefing-Schreiberin. Sie ist während der Vorfasnachtszeit – laut ihr das ganze Jahr – schlecht erreichbar, ist aber ständig unterwegs.

Kommentare