Widerstand gegen die Deutschen – zumindest im Kleinen
1940, ein Jahr nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, wird der östliche Teil Frankreichs deutsch besetzt. Das Elsass, und damit natürlich auch Marylènes Heimatdorf Neuwiller, erlebt den Grossteil der Kriegszeit unter der Hakenkreuzfahne –die Bewohner*innen lassen sich aber längst nicht alles vom neuen Regime gefallen.
In der letztwöchigen Podcast-Folge von «Marylène» folgte die Produzentin Livia Grossenbacher den Geschichten von drei jungen Neuwiller*innen, die sich weigerten, für Nazideutschland aufgeboten zu werden: Bis weit über die französische Landesgrenze, einmal quer durch Westeuropa ging die Reise – aber währenddessen veränderte sich auch im Heimatdorf der Protagonistin selbst alles unter der deutschen Besetzung. Im Teil 4 des Podcasts bleiben wir deshalb im deutsch besetzten Neuwiller, wo Marylène neue Lehrer und ihr Vater einen neuen Beruf bekommt, und wo nicht einmal ihr Zuhause dasselbe wie vor dem Krieg ist: Marylène zieht mit ihrer Familie in einen leerstehenden Bauernhof auf der anderen Seite des Dorfes, während in ihrem eigenen Haus deutsche Soldaten einquartiert werden.
Vor 84 Jahren, am 1. September 1939, stand im elsässischen Neuwiller ein Angriff Deutschlands kurz bevor. Das kleine Dorf an der Grenze zur Schweiz wurde innert weniger Stunden ins Landesinnere evakuiert – und mittendrin: Marylène. Sie ist die Protagonistin der Serie und erzählt, wie sie mit 30kg Gepäck innert weniger Stunden ihre Heimat verlassen musste, wie fremd ihr die französische Sprache an ihrem Ankunftsort war, und wie ihr Dorf nach einem Jahr zurück ins Elsass musste – das dann allerdings von Deutschland besetzt war.
Das elsässische Dorf an der Grenze zur Schweiz lässt sich die Besetzung auch in dieser Folge nicht gefallen und findet allerlei Wege, um sich dem deutschen Regime zumindest im Kleinsten widersetzen zu können: Ein «Grüssgott» statt einem Hitlergruss, dichthalten, wenn der 17-jährige wehrpflichtige Nachbar auf einmal vom Boden verschluckt wurde. Das passiert, obwohl die Nationalsozialisten sehr viel daran setzen, das Elsass von sich zu überzeugen: Der Historiker Daniel Hadwiger, der sich auf die politische Rolle der Kriegshilfsorganisationen während des Zweiten Weltkriegs spezialisiert hat, erzählt im Interview von der Aktion Elsass. Um die Sympathien der Region zu gewinnen, wurden nach der Einnahme Frankreichs aufwändige Kur- und Erholungsreisen für Elsässerinnen und ihre Kinder angeboten, festliche Empfänge an den Bahnhöfen organisiert, kostenloses Essen verteilt.
Im Teil 4 der «Marylène» ist deshalb von der Schulstube bis zum Abendessen alles politisch. Höre sie dir jetzt auf Spotify oder Apple Podcast an, bevor das Elsass in der letzten Folge nächste Woche noch einmal seine Landesfahne wechselt und nach dem Kriegsende 1945 wieder französisch wird. Was macht Frankreich mit der chaotischen Geschichte dieser Grenzregion zu Kriegszeiten? Und was bedeutet dieser bewegte Zeitabschnitt eigentlich für Marylène, für Neuwiller, und fürs Elsass im Ganzen?