Rebellisch oder kapitalistisch?

Während die Art Basel noch voll im Gange ist, wirft die Expansion der Kunstmesse nach Katar Fragen auf. Bajour hat Besucher*innen am Messeplatz nach ihrer Meinung gefragt.

Inaan

aus Zürich

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(Bild: Mattia Reimann)

«Die Frage danach, ob es jetzt wirklich notwendig ist, eine weitere Messe in Katar zu eröffnen, ist vielleicht ein bisschen kontrovers, denn die Art-Szene ist dort vermutlich nicht so gross. Die Mehrheit der Kundschaft sind wahrscheinlich vor allem die Kunst-Fanatiker*innen, die sowieso an jede Kunstmesse gehen und die Millionäre und Milliardäre in Katar und anderswo. Ich selber finde es nicht sinnvoll und würde auch nicht dahin reisen. Vielleicht kann man es fast rebellisch sehen, um in Katar die Offenheit zu fördern. Ob das dann schlussendlich klappen wird, vor allem ob alle Leute aus der Kunstwelt, die sehr divers sein kann, unterstützt werden, ist eine andere Frage. Das werden wir dann ja sehen. Vielleicht sollte es zuerst einfach mal ein Pilotprojekt sein.»

Zully

aus Basel

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(Bild: Mattia Reimann)

«Ich würde wegen der Art nicht nach Katar reisen. Es ist zu weit weg und es gibt dort zu viele Einschränkungen. Es gibt dort keine Meinungsfreiheit, das ist nur noch Kapitalismus. Dort ist man entweder Millionär*in oder gar niemand. Der Geist einer Kunstmesse geht dadurch definitiv verloren, da Kunst für alle zugänglich sein sollte. Es gibt leider Leute, die in Katar nicht willkommen sind. Das ist einfach nicht mehr Art Basel.»

Yago

aus Brasilien

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(Bild: Michelle Isler)

«Wenn ich dorthin gehen soll, muss ich noch richtig überzeugt werden. Es ist hier schon heiss genug, stell dir mal vor, wie viel heisser es dort wird. Dort könnte ich auch nicht so schick angezogen sein. Aber ich gebe der Art Basel in Katar eine Chance und freue mich darauf, mindestens einmal dorthin zu reisen.»

Mirka

aus Chicago / Mexico

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(Bild: Mattia Reimann)

«Ich sehe das definitiv als Herausforderung. Es wird schwierig werden, junge und aufstrebende Künstler*innen zu überzeugen, die Kunstmesse in Katar zu besuchen. Gleichzeitig sehe ich es aber auch als ehrgeizig an. Die Latte wird für uns jungen Leute immer höher gelegt. Also müssen wir zusammen alternative Kunstevents schaffen, die für uns interessanter und mehr Nische sind. Es wird definitiv Richtlinien geben, welche Kunstwerke dort ausgestellt werden dürfen. So wird die Kunst begrenzter. Die jungen Künstler*innen müssen selbstbewusst und ohne Kompromisse hinter ihren Werken stehen und diese verteidigen. Sie dürfen nicht besorgt sein, was der Markt oder ein Land wie Katar darüber denkt. Es ist auch eine Möglichkeit, mit einer authentischen und starken Stimme aufzutreten.»

Daniel

aus Zürich

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(Bild: Mattia Reimann)

«Mir fällt dabei als erstes ein, dass auch zum Beispiel die NBA nun Spiele in Abu Dhabi durchführt. Ich will jetzt Abu Dhabi und Katar nicht in denselben Topf werfen, aber ich denke, es betrifft die gleiche Kundschaft. Was ich sehe, ist ein Import von westlicher Kultur, um noch mehr Leute in die Arabischen Emiraten zu locken. Die WM war ja etwas ganz Grosses dort. Nun wollen sie weiterhin mit Geld Kultur generieren. Ich finde das verwerflich und es geht nicht wirklich Hand in Hand.»

Marion

aus Paris

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(Bild: Mattia Reimann)

«Ich habe keine begründete Meinung dazu, aber ich sehe mehr Probleme als Möglichkeiten. Ich stimme der politischen Position in Katar nicht zu. Kunst war jedoch schon vor der Art Basel in Katar sehr paradox. Häufig kritisiert Kunst Kapitalismus oder Kommerz, aber der Eintritt zur Art ist sehr teuer und die Kunstwerke sind noch teurer. Kunst regt zwar häufig dazu an, über kritische Themen wie Armut nachzudenken, aber in solchen Messen sind die Kunstwerke immer weit weg von Themen, die sie denunzieren. Die Szene wird also mit einer Art Basel in Katar nicht paradoxer.»

Henning

aus Dänemark

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(Bild: Ernst Field)

«Ich wusste nicht, dass die Art Basel nach Katar expandieren wird. Aber ich denke, es gibt da fast keinen Weg drum herum. Im Nahen Osten gibt es grosses Interesse an Kunst und sie haben dort auch die Ressourcen. Ich sehe jetzt keinen Grund, warum eine Kunstmesse nicht auch in Katar sein kann. Auch andere Aktivitäten zieht es nach Katar, wie Sportveranstaltungen, die dort nun vermehrt stattfinden. Es ist einfach eine mächtige Region.»

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