Basler SRG-Präsident Niklaus Ullrich: «Das könnte den Standort Basel akut gefährden»
900 Stellen. So viel muss die SRG nach eigenen Angaben streichen, wenn Bundesrat Albert Röstis Abbaupläne durchkommen.
Die SRG müsste 900 Stellen abbauen, wenn Bundesrat Albert Röstis Abbaupläne durchkommen. Das hat das Medienhaus am Montag in einer Medienmitteilung bekannt gegeben.
Sie reagiert damit auf die Vorschläge des Bundesrats, die SERAFE-Gebühren auf 300 Franken pro Jahr zu kürzen. Der SRG würden ab 2027 bis zu 240 Millionen Franken fehlen, Inseraterückgang und Teuerung eingerechnet, schreibt sie.
«Das könnte den Standort Basel akut gefährden». Davon ist Niklaus Ullrich, Präsident der SRG Region Basel, überzeugt. Aktuell hat das Medienhaus grosse Studios in Basel, Zürich und Bern. «Es ist zu bezweifeln, dass sich die SRG noch alle drei stark profilierten Standorte leisten könnte», so Ullrich, «alleine schon wegen der Liegenschaftskosten.»
Dabei wurde der Standort Basel erst 2019 gestärkt. Damals wurde die Abteilung Kultur, Wissenschaft und Religion im neuen Meret Oppenheim Hochhaus von Herzog und de Meuron (Innenausstattung: Diener und Diener) untergebracht. Hier werden Sendungen wie Einstein oder Kontext gemacht.
Ursprünglich rechnete man mit 140 Mitarbeitenden in Basel, jetzt sind es über 300. «Das zeigt die Attraktivität und Effizienz des Standorts», sagt Ullrich. Basel habe einen Vorteil: «Hier gibt es noch mehrere, gut ausgestattete Redaktionen mit Journalist*innen, die in verschiedenen Themenfeldern Expertise haben und sich so gegenseitig befruchten.» So finde beispielsweise reger Austausch zwischen den verschiedenen Dokumentarredaktionen statt.
Journalistische Kompetenz
Der Grund: Der Standort Basel konzentriert sich vor allem auf die Kreation von redaktionellen und programmlichen Inhalten. «Hier befindet sich also aussergewöhnlich viel journalistische Kompetenz», so Ullrich.
Das würde sich bei einem Abbau ändern, befürchtet Ullrich. «Wenn die Redaktionen personell und bezüglich Sendeangebote ausgedünnt werden, geht das auf Kosten der qualitativen, publizistischen und outputmässigen Substanz.» Etwa in der Film- und Medienkritik.
Ullrich fürchtet aber auch um die Informationssendung Regionaljournal, die über die wichtigsten News in beiden Basel berichtet und die Politik einordnet. Denn die Regionaljournale sind jetzt schon nur dank eines Ausnahmeartikels im Radio- und Fernsehgesetz «geduldet». Das wäre typisch, so Ullrich: «Wenn gespart wird, leidet der Lokaljournalismus immer zuerst.»
Fertig Landfrauenküche?
Diese Einschätzung mag verwundern. Denn Bundesrat Rösti möchte, dass sich die SRG mehr auf ihren Informations- und Kulturauftrag konzentriert und bei der Unterhaltung und beim Sport Abstriche macht, spontan denkt man an Glanz und Gloria (heute: Gesichter und Geschichten) oder die Landfrauenküche. Damit folgt er der Argumentation von Verlegern privater Medien. Sie weisen immer wieder daraufhin, dass die SRG mit ihren Unterhaltungssendungen die Privaten konkurrenziere. Auch das Online-Angebot ist ihnen ein Dorn im Auge. Sie erhoffen sich mehr Abonnent*innen, wenn bei der SRG abgebaut wird.
Das Regionaljournal ebenso wie die in Basel hergestellten Kultur- und Wissenssendungen laufen im allgemeinen Verständnis wohl unter Service Public und nicht unter Unterhaltung, die aus Sicht der Kritiker*innen von rechts wegkann. Doch wenn die SRG auch auf die Einschaltquoten schauen muss beim Sparen, sind auch solche Sendungen gefährdet.
Und die SRG möchte auch an Glanz und Gloria und Co. festhalten. Diese mögen nicht zum Informationsauftrag gehören. Aber sie gehören aus Sicht der SRG zum Leistungsauftrag, weil sie ein Publikum binden, das sich vielleicht von sich aus nicht für die Sternstunde Philosophie interessiert, aber via Landfrauenküche darauf stösst. Mit reinem Informationsangebot ist der gesellschaftliche Zusammenhalt weniger gegeben, argumentiert die SRG gerne. Und je mehr dieser Spass- oder auch Sportsendungen die SRG abgibt, desto weniger Rückhalt hat sie in der Bevölkerung.
Die Abbaupläne des Bundesrats sind aktuell in der Vernehmlassung. Rösti reagierte damit auf die Halbierunsinitiative «200 Franken sind genug». Vertreter*innen der SVP und des Jungfreisinns wollen die Radio- und TV-Abgabe für private Haushalte von 335 auf 200 Franken pro Jahr zu senken. Ihnen gehen die Pläne des Bundesrats daher viel zu wenig weit und sie werden sich entsprechend für einen stärkeren Abbau einsetzen.