Sparmassnahmen treffen SRF Standort in Basel

SRF streicht Formate in den Bereichen Kultur und Wissenschaft. Das wird auch der Standort in Basel zu spüren bekommen. Bei Politiker*innen und in der Bajour-Community lösen die jüngst angekündigten Massnahmen Sorgen aus.

Das SRF Logo am Meret Oppenheim Hochhaus der Architekten Herzog und de Meuron in Basel, fotografiert am 2. Maerz 2021. (KEYSTONE/Christian Beutler)
Hier im Meret Oppenheim Hochhaus beim Bahnhof SBB befinden sich neben der Regionalredaktion auch die Ressorts Kultur und Wissenschaft. (Bild: © KEYSTONE / CHRISTIAN BEUTLER)

In letzter Zeit haben Sparmassnahmen bei SRF immer wieder zu besorgten bis enttäuschten bis wütenden Reaktionen geführt – sowohl medial als auch auf Social Media. Das ist dieses Mal nicht anders. Der SRF-Sparhammer trifft mit den jüngst verkündeten Sparmassnahmen unter anderem das Gesellschaftsmagazin «G&G – Gesichter und Geschichten», das Wirtschaftsmagazin «Trend» und das «Wissenschaftsmagazin». Und damit auch den Standort Basel, denn hier befinden sich die Ressorts Kultur und Wissenschaft

Die SRG Region Basel, die sich als Genossenschaft für einen starken Service public in der Region einsetzt, äussert in einer Medienmitteilung ihr Bedauern über diese Entscheidungen: «Die Massnahmen betreffen die Berichterstattung über Wissenschaft und Kultur stark.» Sie hätten «personell und inhaltlich auch direkte Auswirkungen auf den Produktionsstandort Basel mit seinem Programmangebot in den Themenbereichen Kultur, Wissenschaft und Religion».

Maulkorb für SRF-Mitarbeitende?

Mehrere Posts von SRF-Mitarbeitenden machten an den Tagen nach den Kürzungen auf dem Karriere-Netzwerk LinkedIn die Runde. Die Posts wurden alle gelöscht, was von Beobachter*innen in den sozialen Medien kritisiert wurde. Übt SRF hier etwa Zensur? Auf Anfrage von Bajour schreibt die SRF-Medienstelle hierzu: «Kritik am Arbeitgeber soll intern angebracht werden, nicht in der Öffentlichkeit.» So habe es zwischen den Mitarbeitenden und den Vorgesetzten Gespräche gegeben, woraufhin die Angestellten entsprechende Posts in ihren privaten LinkedIn-Accounts gelöscht hätten.

Noch Ende 2023 sagte die heutige Präsidentin der SRG Region Basel, Sonja Kuhn, kurz bevor sie ins Amt gewählt wurde zu Bajour: «Die kulturelle Berichterstattung ist vielfältiger geworden, seit die Kulturredaktionen in Basel verankert sind.» Das sei ihr subjektiver Eindruck. Sie befürchte aber, der drohende Sparhammer bei der SRG könnte diese Vielfalt wieder einschränken. 

Angesichts der jüngsten Entwicklungen sagt sie nun: «Die SRG Region Basel steht hinter einem starken medialen Service public und wir werden wie bisher die SRG und SRF engagiert unterstützen, zeigen uns aber über die aktuellen Massnahmen besorgt.»

Sonja Kuhn
«Wissenschaft und Kultur gehörten zu den Kernbereichen des gesetzlich definierten Service public-Auftrags.»
Sonja Kuhn, Präsidentin SRG Region Basel

Bei Wissenschaft und Kultur handle es sich um «zwei Themenbereiche, über die kommerzielle Medien kaum mehr kontinuierlich und mit der gebotenen Vertiefung berichten. Es sind Leistungen, die nur noch gebührenfinanzierte Medien erbringen können.» Wissenschaft und Kultur gehörten zu den Kernbereichen des gesetzlich definierten Service public-Auftrags, sagt Kuhn. «Wir hoffen, dass SRF auch künftig, unabhängig von Einschaltquoten und Reichweiten, Raum bietet für komplexe Inhalte, die unser Verständnis für die Gesellschaft stärken.»

Insgesamt sind gemäss Ankündigung von SRF bis Anfang 2026 50 Vollzeitstellen von den aktuellen Einsparungen betroffen. Hintergrund der Massnahmen ist die Strategie «SRF 4.0», mit der SRF «ein ausgeglichenes Budget sicherstellen und gleichzeitig die digitale Transformation von SRF weiter vorantreiben» will. Wie viele Stellen aufgrund dieser Strategie in Basel ersatzlos gestrichen werden und ob es zu Entlassungen kommt, ist am Freitag allerdings noch unklar. Die Medienstelle von SRF schreibt lediglich: «Die Umsetzung der Einsparungen erfolgt in den kommenden Monaten schrittweise.» 

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Wie viele Personen in den Sendestudios von SRF im Meret Oppenheim Hochhaus betroffen sind, ist derzeit noch nicht bekannt. (Bild: Patrick Lüthy)

Klar ist aber, dass die Massnahmen in Basel mit Sorge beobachtet werden. Das kommt auch in einer Frage des Tages in verschiedenen Statements von Politiker*innen und Bajour-Leser*innen zum Ausdruck.

Auf die Frage: «SRF-Sparmassnahmen: Service public noch gewährleistet?»*, antworteten die meisten der Abstimmenden mit Nein. Klare Worte wählt Angelika Jacobs. Die ehemalige Wissenschaftsjournalistin arbeitet heute in der Kommunikationsabteilung der Universität Basel. Sie schreibt: «Wissenschaftsjournalist*innen bringen wertvolle Expertise in Redaktionen – weit über das Wissenschaftsressort hinaus. Angesichts der Vielzahl an gesellschaftlichen Problemen, zu deren Lösung die Forschung beitragen kann: Wissenschaftsressorts zusammenzusparen ist ein grosser Fehler.»

2025-02-06 Frage des Tages Service Public-1 (2)

Diese Woche informierte SRF über den Abbau von weiteren 50 Vollzeitstellen. Auch Sendungen werden eingestellt. Was bedeutet das für den Service public?

zur Debatte

Und auch LDP-Grossrätin Catherine Alioth nimmt die Streichung der oben genannten Formate «mit Besorgnis zur Kenntnis». Die Schaffung und Erhaltung einer informierten Öffentlichkeit sei für die Entwicklung einer lebendigen Demokratie unerlässlich. «Es müssen Wege gefunden werden, um diese wichtigen Inhalte zu vermitteln, anstatt sie einfach aus dem Programm zu streichen.» Sie sieht in den aktuellen Entwicklungen auch eine «ernsthafte Gefahr für das vielfältige Informationsangebot», das für unsere Gesellschaft unverzichtbar sei.

Catherine Alioth, LDP
«Es müssen Wege gefunden werden, um diese wichtigen Inhalte zu vermitteln, anstatt sie einfach aus dem Programm zu streichen.»
Catherine Alioth, Grossrätin LDP

Ähnlich klingt es auch aus dem Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt. Regierungsrat Kaspar Sutter hat kürzlich in einer Antwort auf eine Interpellation von LDP-Grossrat Adrian Iselin betont, dass sich der Regierungsrat für den SRF-Standort in Basel einsetze. Nun schreibt er auf Anfrage dieser Redaktion: «Der Regierungsrat nimmt mit Bedauern vom Stellenabbau bei SRF Kenntnis, auch wenn er versteht, dass der Spardruck auch mit Einschnitten beim Personal verbunden sein kann.» Der Regierungsrat erwarte von SRF, dass bei den in Basel angesiedelten Themen Kultur, Religion und Wissenschaft nicht «ein überproportionaler Abbau stattfindet». 

«Diese Themen bilden neben der Information den Kern des Service public», so Sutter. Der Regierungsrat werde diese Haltung «in einem erneuten Gespräch mit SRF mit Nachdruck vertreten».

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* Hinweis: In einer vorherigen Version lautete die Frage des Tages: «SRG-Sparmassnahmen: Service Public noch gewährleistet?» Wie SRF gegenüber Bajour präzisiert, handle es sich bei den soeben angekündigten Sparmassnahmen aber um ein «rein SRF-internes Massnahmenpaket». Wir haben deshalb die Frage angepasst.

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Michelle Isler

Das ist Michelle (sie/ihr):

Nach einem Masterstudium in Geisteswissenschaften und verschiedenen Wissenschafts- und Kommunikations-Jobs ist Michelle bei Bajour im Journalismus angekommen: Zuerst als Praktikantin, dann als erste Bajour-Trainee (whoop whoop!) und heute als Redaktorin schreibt sie Porträts mit viel Gespür für ihr Gegenüber und zieht für Reportagen durch die Gassen. Michelle hat das Basler Gewerbe im Blick und vergräbt sich auch gern mal in grössere Recherchen.


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