Money, money, money
Die Basler Regierung macht den hier ansässigen Grossunternehmen den Hof: Sie zahlen zwar mehr Steuern, aber sollen auch mehr Fördergelder beantragen können. Warum das nötig ist, erklärt Wirtschaftsdirektor Kaspar Sutter (SP).
Auf den Punkt:
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Vor lauter Eurovision-Stimmung in der Stadt ist es schwierig, über das trockene Thema Finanzen ins Gespräch zu kommen. Genau am 18. Mai, also einen Tag nach dem ESC-Finale, kommt das Basler Standortpaket zur Abstimmung. Dieses Paket wurde schnurstracks noch in der ersten Sitzung des neu konstituierten Basler Grossen Rats im Februar durch das Parlament gepeitscht – und die Volksabstimmung auf den frühestmöglichen Termin gelegt.
Dabei geht es um viel Geld. Und damit die Öffentlichkeit Bescheid weiss, über was sie da genau abstimmt, lud Wirtschaftsdirektor Kaspar Sutter (SP) zur Medienorientierung ins Rathaus. Dort versuchte er die komplizierte Vorlage verständlich zu machen – und mit Nachdruck für eine Annahme zu werben. Es ist erst die zweite kantonale Volksabstimmung, die Sutter in vier Jahren als Vorsteher des Wirtschaftsdepartements zu verantworten hat. Bübisch sass er vor seinem Laptop, die Hände schüchtern unter dem Tisch verschränkt, hinter ihm die Power-Point-Präsentation. Die Argumente sollten sitzen.
Standortwettbewerb ist real
Worum geht es? Dazu muss man etwas ausholen: Die wichtigsten Industrienationen, die OECD-Staaten, haben beschlossen, die grössten Unternehmen (ab einem Jahresumsatz von 750 Millionen Franken) mit mindestens 15 Prozent zu besteuern. Und solche Unternehmen gibt es in Basel zuhauf: Sie machen hier mehr als die Hälfte der Wirtschaftsleistung und 80 Prozent der Gewinn- und Kapitalsteuereinnahmen aus.
Vor bald zwei Jahren stimmte die Schweiz für die Einführung dieser neuen Steuer. Gleichzeitig tut aber die USA beispielsweise nichts dergleichen, um die Steuer umzusetzen. Die Rechnung ist einfach: Mit der Mindeststeuer ist das Wirtschaften in Basel für die Unternehmen unattraktiver, weil teurer geworden. «Mit der OECD-Steuerreform kriegen wir den Standortwettbewerb nicht weg», sagte Sutter.
Das Wort Standortwettbewerb ist ein bisschen verrucht, grade aus dem Mund eines Sozialdemokraten: Offen zugestehen, dass man sich im Steuerwettbewerb befindet, macht Politiker*innen nicht gerade beliebt. Aber: Basel ist eben keine Insel, Firmen sind mobil, wie Sutter mehrfach betonte – auch er als Linker könne den real existierenden Standortwettbewerb nicht ignorieren.
«Wir wollen das zusätzliche Geld in den Standort investieren – konkret in Forschung und Entwicklung, in die Elternzeit und für die Umwelt.»Kaspar Sutter, Wirtschaftsdirektor
Deshalb macht auch Sutter keinen Hehl daraus, dass das Standortpaket ein Zückerli für die Unternehmen ist. «Wir mussten uns als Regierung fragen, wie wir das zusätzliche Geld ausgeben: Das wollen wir in den Standort investieren – aber eben konkret in Forschung und Entwicklung, in die Elternzeit und für die Umwelt.»
Und das soll so gehen: Der Kanton errichtet zwei Fonds, die jährlich aus dem Staatshaushalt (inklusive der Mehreinnahmen durch die OECD-Steuerreform) geäufnet werden. Der Beitrag in diese Fonds soll bei mindestens 150 beziehungsweise höchstens 500 Millionen Franken liegen – «die vielzitierten 500 Millionen Franken sind die Obergrenze, aber das wird nicht der Normalfall sein», so Sutter. Die jüngst publizierte Deloitte-Studie, die die Erwartungen an die Höhe der OECD-Mehreinnahmen gedämpft hatte, kommentierte Sutter mit: «Wir gehen davon aus, dass es mehr Geld sein wird.»
Die Wirtschafts- und Abgabekommission des Grossen Rats hat den ursprünglich geplanten Einzelfonds in seine zwei Bestandteile aufgesplittet: 80 Prozent des Gelds sollen in einen Innovations-Fonds gehen und 20 Prozent in einen Fonds für Gesellschaft und Entwicklung. Mit zweiterem fördert der Kanton beispielsweise die Steigerung der Energieeffizienz und die Reduktion von Treibhausgasen von Unternehmen – und zahlt drei Wochen Elternzeit (80 Prozent des Lohnes bis 220 Franken pro Tag).
Alle sollen profitieren, nicht nur Roche & co.
Sutter betont dabei: Diese Elternzeit, die über die gesetzliche Elternzeit von 14 beziehungsweise zwei Wochen hinausgeht, kommt allen in Basel zugute. «Fälschlicherweise denken einige, dass nur jene Unternehmen diese Elternzeit beantragen dürfen, die jetzt von der OECD-Steuerreform betroffen sind. Aber das umfasst alle Unternehmen, die ihren Arbeitsort im Kanton Basel-Stadt haben.»
Daher nämlich sei es auch eine falsche Interpretation, dass das Standortpaket einfach das OECD-Geld wieder an Roche und co. zurück verteilen soll. Auch der weitaus gewichtigere Innovationsfonds steht allen Basler Unternehmen offen – zumal es Kriterien zur Vergabe dieser Gelder geben soll, die noch in einer Verordnung festgelegt werden müssten. «Da dürfen sich auch Start-ups bewerben», sagt Sutter.
Konkret könnten Firmen aus Basel und der Nordwestschweiz, die in der Forschung, Entwicklung und Innovation tätig sind, Unterstützungsbeiträge beantragen, um Löhne zu bezahlen. Weiter sollen innovative Unternehmen Geld erhalten, um ihre Anlagen abzuschreiben und um Forschungsprojekte vorantreiben zu können – in Basel und der gesamten Schweiz.
Bis zum 18. Mai hat Sutter noch Zeit, die Basler*innen von diesem Konzept zu überzeugen – die Gegner*innen, die das Referendum ergriffen haben und kritisieren, dass man das Geld solidarischer hätte verwenden können, bringen sich nämlich schon in Stellung.