Kommt es auch in Basel zu Protesten?

Pro-palästinensische Student*innenproteste sind nun auch in der Schweiz angekommen. Die Frage ist, ob sie auch Basel erreichen werden. Bajour hat vor der Universität ein Stimmungsbild eingefangen.

Des activistes pro-palestiniens occupent le halle d'entree du batiment Geopolis de l'Universite de Lausanne, UNIL, ce jeudi 2 mai 2024 a Lausanne. Une centaine d'activistes bloquent jeudi apres-midi le hall d'entree du batiment Geopolis de l'Universite de Lausanne. Ils et elles exigent notamment un boycott academique des institutions israeliennes. (KEYSTONE/Noemi Cinelli)
Student*innen der Universität Lausanne besetzen einen Teil der Uni. (Bild: © KEYSTONE / NOEMI CINELLI)

Seit Donnerstag wird ein Universitätsgebäude in Lausanne von pro-palästinensischen Student*innen besetzt. Hunderte Personen sollen an der Protestaktion beteiligt sein. Gefordert wird neben einem Waffenstillstand in Gaza auch ein Boykott israelischer Wissenschaftler*innen und Institutionen. Dabei orientieren sich die Student*innen an den internationalen Protestaktionen, die zurzeit in Amerika, Kanada, Frankreich und weiteren Ländern geschehen.

Auch in Basel gab es seit dem Anschlag der Hamas vom 7. Oktober 2023 antiisraelische Protestaktionen an Hochschulen. So hat zum Beispiel eine marxistische Gruppierung die Vorlesung über Israel von Historiker Erik Petry an der Uni Basel gestört. Auch hat eine Gruppe Studierender der Hochschule für Gestaltung und Kunst pro-palästinensische Transparente von einem Fakultätsgebäude aufgehängt. Andere Aktionen gab es seitdem nicht mehr. Bajour hat bei Student*innen der Uni Basel nachgefragt, wie sie den Krieg in Gaza und die damit verbundenen Proteste in der Schweiz wahrnehmen.

«Junge Leute können ein Zeichen setzen.»
Zsofia Toth (Studentin)

Zsofia Toth, Psychologiestudentin im zweiten Semester sagt: «Ich finde Studenten*innenproteste im Allgemeinen etwas Gutes, weil gerade junge Leute in Konfliktsituationen ein Zeichen setzen können.» Auch Johann Müller, Medizinstudent im achten Semester spricht sich grundsätzlich positiv darüber aus: «Solche Sachen passieren nicht ohne Grund und gerade in diesem Fall finde ich es nicht verkehrt, sich dafür einzusetzen.» Sophia Marti* sieht das ein wenig kritischer. Sie findet es wichtig zu protestieren, es komme aber auch immer darauf an, wie sich das Ganze auf den Uni-Alltag auswirke. Für die Studierenden, die nichts damit zu tun hätten, sei es schade, wenn eine Vorlesung darunter leide.

Palästina-Demo Basel, 13. Januar 2024
In Basel gab es unter anderem am 13. Januar eine Demo für Palästina. (Bild: David Rutschmann)

Forderungen und Repression

Dass gewisse Universitäten mit Repression reagieren, sehen die Basler Student*innen gespalten. «Es ist logisch, dass sich die Universitäten wünschen, möglichst schnell zum Alltag zurückzukehren, trotzdem kann ein Protest auch nicht einfach so gestoppt werden. Dann wäre das Ganze ziemlich nichtssagend», sagt Toth. Dass Universitäten teils mit Gewalt reagieren, können die Studis gar nicht nachvollziehen. Marti* sagt: «So etwas muss diplomatisch gelöst werden, zwischen Uni und Protestierenden. Wenn man mit 500 Polizisten kommt, um eine Versammlung aufzulösen, ist Gewalt vorprogrammiert.»

Die Situation an der Uni

Seit Donnerstagabend besetzten mehrere Hundert Student*innen die Eingangshalle der Uni Lausanne. Grund dafür ist der Krieg in Gaza. Bisher verlief der Protest friedlich, wie SRF berichtet. Aktuell sieht es so aus, als würde der Protest nicht beendet. «So lange der Unibetrieb nicht gestört wird, lassen wir die Student*innen bleiben», sagte Uni Rektor Frédéric Herman gegenüber dem Westschweizer Radio. Universitäten seien nicht dazu berufen, sich politisch zu positionieren.

Doch auch an den Forderungen der Proteste wird teils Kritik geübt, konkret am Wunsch, die akademische Zusammenarbeit zu beenden. «Ich habe  kein besonders grosses Wissen über die Zusammenarbeit zwischen israelischen und anderen Unis», sagt Müller, «Ich finde es aber wichtig, dass man bei so einem Konflikt nicht vergisst, dass die Zivilbevölkerung eines Landes oft nicht hinter den Taten ihrer Regierung steht.»

Das sei, ähnlich wie heute in Israel, auch schon beim Ukrainekrieg der Fall gewesen. Man müsse Zivilbevölkerung und Regierung getrennt sehen. «Gleichzeitig denke ich, dass es vor allem bei Unis auch auf die Situation ankommt. Es gibt bestimmt Unis in Israel mit politischen Einfluss oder Institutionen, die sich an kriegsrelevanter Forschung beteiligen», so Müller. Im Detail wisse er darüber aber nichts Konkretes. 

Das Thema beschäftigt die Student*innen

Was ziemlich klar wird: Das Thema beschäftigt die Studis. Jedoch weniger an der Universität selbst. «In der Uni bekommt man darüber nicht besonders viel mit. Vor allem weiss ich nichts von organisierten Gruppen. Ich glaube, das Thema wird vielmehr im privaten Umfeld diskutiert», sagt Zsofia Toth. Selbes gelte auch für Protestaktionen, die würden vor allem ausserfakultär geschehen, und nicht im Rahmen der Universität. Jedoch befassen sich nicht alle Student*innen gleich intensiv mit dem Konflikt.

Des etudiants pro-palestiniens occupent une partie du batiment Geopolis de l'Unil le vendredi 3 mai 2024 a Lausanne. Demarree jeudi soir, l'occupation d'un batiment de l'Universite de Lausanne par des etudiants pro-palestiniens se poursuit pacifiquement vendredi. (KEYSTONE/Jean-Christophe Bott)
Die Student*innen fordern Solidarität mit Gaza und einen akademischen Boykott Israels. (Bild: © KEYSTONE / JEAN-CHRISTOPHE BOTT)

«Es ist sicher ein Thema im Alltag und auch sehr spannend, aber ich müsste mich wirklich genauer damit auseinandersetzen, um mehr darüber sagen zu können. Dafür fehlen mir im Moment einfach die Kapazitäten», so Maia Egger*. Anderen Studierenden geht es gleich. Viele seien zu beschäftigt mit ihren Aufgaben an der Uni, um sich wirklich mit dem Krieg in Gaza auseinanderzusetzen. Darüber, dass es eigentlich wichtig wäre, sind sich alle einig.

Alle Seiten verlangen eine Position

Andere fragen sich, ob sie überhaupt in der Lage sind, sich damit zu befassen. «Es wird von allen Seiten eine Position verlangt und dass man sich irgendwie engagiert. Ich finde es schwierig, aus unserer Lage zu entscheiden, was dort geschieht», sagt Jana Ilić*. Auch Johann Müller sieht das ähnlich. Schlussendlich seien wir nicht vor Ort, was es schwer mache, die Situation dort zu beurteilen. «Solche Proteste schaden aber auch niemandem, und wir alle müssen irgendwie mit der Welt um uns herum  klarkommen. Schlimm finde ich sie also nicht.»

«Es würden bestimmt viele mitziehen.»
Sophia Marti*

Obwohl sich die Student*innen der Situation bewusst sind und einige die Proteste auch positiv sehen, geht niemand der befragten Personen davon aus, dass es in Basel zu ähnlichen Aktionen kommen wird. Marti* sagt: «Ich denke, es hängt davon ab, ob Leute eine Aktion organisieren. Dann würden bestimmt viele mitziehen, die Frage ist nur, wer und ob jemand den ersten Schritt wagt.»

*Klarnamen der Redaktion bekannt.

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