Die Selbstbedienungskasse des Regierungsrates

Der Swisslos-Fonds ist ein beliebtes Instrument von Kantonsregierungen zur Finanzierung von Projekten, ohne das Parlament fragen zu müssen. Dabei verstösst der Regierungsrat gerne gegen seine eigene Verordnung.

Urgese, Kolumne-1 Kopie
Projekte zur Förderung des Klimaschutzes sollen aus der Kasse des Swisslos-Fonds finanziert werden. (Bild: Adobe Stock)

Die letzte Sitzung der Regierung vor den Sommerferien verdient jeweils besondere Aufmerksamkeit. Bevor sich die Politik in die Sommerpause verabschiedet, wird von der Exekutive noch einiges beschlossen. Zahlreiche Vernehmlassungen werden, quasi als Ferienhausaufgaben für Parteien und Verbände, gestartet, damit die Behörden nach den Ferien erholt weiterarbeiten können. Auch für die Medien ist das viel Arbeit, man verliert leicht den Überblick über die zahllosen Beschlüsse und nicht alles bekommt die Aufmerksamkeit, die es verdient. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Zur Person

Luca Urgese, Jg. 1986, politisiert seit 2014 für die FDP im Grossen Rat. Von 2016 bis 2021 war er Parteipräsident. Im März kandidierte Urgese für den Regierungsrat, unterlag jedoch Mustafa Atici. In seiner Kolumne «Caffè Urgese» schaut er mit der bürgerlichen Brille auf Basel. Er äussert sich als Politiker und nicht als Mitarbeiter der HKBB.

Richten wir unsere Aufmerksamkeit deshalb auf eine Medienmitteilung, die am 1. Juli, dem Tag der letzten Sitzung des Regierungsrates vor der Sommerpause, publiziert wurde und bisher unter dem Radar der öffentlichen Aufmerksamkeit flog. Sie trägt den Titel «Förderschwerpunkt für Klimaschutz, Biodiversität und Zirkularität».

Pro Jahr, so teilt uns der Regierungsrat mit, werden neu bis zu 675'000 Franken zur Verfügung gestellt, um Projekte zur Förderung des Klimaschutzes umzusetzen. Finanziert werden sollen diese Projekte durch den Swisslos-Fonds Basel-Stadt.

Parlament hat dazu nichts zu sagen

Hierbei handelt es sich um einen besonderen Fonds. Das eidgenössische Geldspielgesetz sieht vor, dass «Reingewinne aus Lotterien und Sportwetten vollumfänglich für gemeinnützige Zwecke namentlich in den Bereichen Kultur, Soziales und Sport» eingesetzt werden. Gesetzlich ausgeschlossen ist die Verwendung zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher gesetzlicher Verpflichtungen.

Jeder Kanton hat zur Verteilung der Gelder im Sinne des Gesetzes einen Swisslos-Fonds eingerichtet, über den die Regierung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen verfügen kann. Das Parlament hingegen hat dazu nichts zu sagen. Um die Modalitäten der Vergabe zu regeln, hat der Regierungsrat eine Verordnung erlassen.

«In der Verordnung nicht vorgesehen sind hingegen Beiträge für Klima- oder Umweltschutz.»
Luca Urgese

Diese sieht unter dem Titel «Bewilligungsgrundsätze» (§ 2) vor, dass aus dem Fonds «Beiträge ausschliesslich für gemeinnützige oder wohltätige Zwecke im sozialen, kulturellen oder sportlichen Bereich ausgerichtet» werden. Dies gilt ausdrücklich auch für Schwerpunktprojekte (§ 5 Abs. 1).

Klare Verstösse gegen Swisslos-Verordnung

In der Verordnung nicht vorgesehen sind hingegen Beiträge für Klima- oder Umweltschutz. Die Themen Klimaschutz, Biodiversität und Zirkularität betreffen offensichtlich weder den sozialen, kulturellen noch sportlichen Bereich. Der Regierungsrat verstösst mit seinem Beschluss, auch Projekte für Klimaschutz und Biodiversität zu finanzieren, also gegen seine eigene Verordnung.

Besonders bemerkenswert ist, dass im Regierungsratsbeschluss vorgesehen ist, dass «Tagungen, Kongresse, Konferenzen, Seminare, Workshops und ähnliche Anlässe» gefördert werden können. Bemerkenswert deshalb, weil die Swisslos-Verordnung ausdrücklich und wörtlich vorschreibt, dass keine Beiträge ausgerichtet werden für «Tagungen, Kongresse, Konferenzen, Seminare, Workshops und ähnliche Anlässe» (§ 4 Abs 1 lit. c). Auch hier ein klarer Verstoss gegen die Verordnung.

«Es soll gefördert werden, was bereits gefördert wird.»
Luca Urgese

Weiter können gemäss Beschluss «Anschubfinanzierungen von Geschäftsstellen sowie der Aufbau zirkulärer Geschäftsmodelle» unterstützt werden. Auch das ist fragwürdig, denn erst 2024 hat der Grosse Rat 42,5 Millionen Franken zur Stärkung der Innovationsförderung gesprochen. Teil davon ist das Programm «Basel Circular», mit dem nicht nur ein neuer Verein mit Geschäftsstelle geschaffen wurde, sondern es sollen auch Unternehmen dabei unterstützt werden, auf kreislauffähige (sprich: zirkuläre) Geschäftsmodelle umzustellen. Mit anderen Worten: Es soll gefördert werden, was bereits gefördert wird.

Regierungsrat wurde schon mehrfach kritisiert

Es ist nicht das erste Mal, dass der Regierungsrat aufgrund seiner Swisslos-Praxis in der Kritik steht. So beanstandete die interkantonale Lotterie- und Wettbewerbskommission Comlot 2014 die Basler Verordnung, weil neu auch gewinnbringende und kommerzielle Organisationen gefördert werden sollten.

Das Bundesamt für Justiz schaltete sich ein. 2015 wurde eine «Open-Air-Cinema-Academy» finanziert, obwohl die Verordnung Beiträge für Ausbildungsprojekte ausdrücklich ausschliesst, was ich in einer Interpellation beanstandete. 2022 folgte der nächste Fall, als die Serie «Der Beschatter» unterstützt wurde, obwohl Fernsehfilmproduktionen ausgeschlossen waren.

Die Kritik ging damals so weit, dass ein Professor forderte, die Regierung zu entmachten und die Vergabe einer unabhängigen Stelle zu überlassen. Es wäre, mit Blick darauf, dass der Regierungsrat aus all dieser Kritik offensichtlich bis heute nichts gelernt hat, wohl nicht die schlechteste Idee.

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