Ein Schiff hat Schlagseite

Die «Werkarena», vom Basler Gewerbeverband gelobt, gehätschelt und gehyped, steht grösstenteils leer. Und jetzt ist die Mitbesitzerin, die Steiner AG, in Nachlassstundung, wurde verkauft und verschwindet von der Bildfläche.

Werkarena
Da macht auch der Regen nichts schöner. (Bild: Stefan Schuppli)

Gleich bei der Grenze zu Frankreich und dem Autobahnzoll, im Niemandsland zwischen Casino und Kehrichtverbrennungsanlage, ragt ein graues Monstergebäude in den trüben Januarmorgen: die «Werkarena». An diesem regnerischen Tag gibt sie ein besonders trauriges Bild ab. Da läuft praktisch nichts.

Die wenigen Menschen, die wir bei unserem Augenschein vor Ort antreffen, sind einige Spediteure, die mit Verzollungspapieren vom nahen Parkplatz in die Zollabfertigung ins Trockene hasten, in den ersten oder zweiten Stock. Sie sind nicht zum Plaudern aufgelegt, weil in Eile. Eine Frau ist während ihrer Rauchpause in ihr Handy vertieft und signalisiert «bitte nicht stören». Das wars schon – bonjour tristesse.

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Der ehemalige Gewerbeverband-Direktor Gabriel Barell setzte sich lautstark für die Werkarena ein. (Bild: ZVG)

Die Zollagenturen gehören offensichtlich zu den wenigen Mieterinnen, die sich dort eingemietet haben. Ansonsten: Gähnende Leere. Das Grundgeschoss (2300 Quadratmeter) steht leer, obwohl es auf der Website der Werkarena als «vermietet» gemeldet ist. Die obersten drei (2600 bis 3400 Quadratmeter) der sieben Etagen sind noch zu haben. Vom Gewerbe und den Handwerksbetrieben, für die die Werkarena eigentlich gedacht war, ist nichts auszumachen.

Wie hat doch der Gewerbeverband – noch unter dem Vorgänger-Chef Gabriel Barell – auf die Regierung Druck gemacht, weil die Stadt «gewerbefeindlich» sei und es die Werkarena brauche. Auch als diese bereits in Planung war, reklamierte Barell, im geplanten Lysbüchel-Areal seien zu wenig Gewerbeflächen vorgesehen. Nur: Schon damals wurde klar, dass der Gewerbeverband und Mitbesitzerin Steiner AG Mühe hatten, Ankermieter*innen – Mieter*innen, die eine grosse Fläche beanspruchen – zu finden. Vor einem Jahr hat sich sodann der Gewerbeverband diskret zurückgezogen und will heute die Situation gegenüber Bajour nicht mehr kommentieren.

Die bauplanerische Leitung der Werkarena lag bei der Zürcher Firma Steiner AG. Als Generalplanerin des Baus hält sie auch eine Minderheitsbeteiligung am ehemaligen Vorzeigeprojekt des Gewerbeverbandes – doch davon später.

Im Juni vergangenen Jahres musste die Steiner AG zum Konkursrichter – dies wegen eines unvorhersehbaren Liquiditätsengpasses im Zusammenhang mit einer Änderung der Firmenstrategie. Die Steiner AG wolle nur noch «Immobilien entwickeln» und nicht mehr als Generalunternehmerin (GU) auftreten. Paradoxerweise hat gerade dieser Ausstieg aus dem risikoreichen GU-Sektor das Ende der Steiner AG beschleunigt.

Kurz vor Weihnachten kam nun die Meldung, dass im Rahmen des Konkursverfahrens die Steiner AG an die Genfer Firma «m3 Immobilier» gehe. Eine gute Nachricht, so könnte man meinen, nachdem die Steiner AG vor 15 Jahren vom indischen Konzern Hindustan Construction Company (HCC) in Mumbai aufgekauft wurde – übrigens schon damals wegen einer drohenden Zahlungsunfähigkeit. Unter der HCC-Obhut reüssierte die Steiner AG ganz augenscheinlich trotzdem nicht.

Besitzerin im Dunkeln

Unklar ist, wer die Werkarena AG heute besitzt. Der Sachwalter Balthasar Wicki, der vom Konkursgericht Zürich mit der geordneten Abwicklung der Nachlassstundung der Steiner AG betraut ist, schreibt auf Anfrage lediglich, die Steiner AG halte an der Werkarena «eine Beteiligung», nicht aber die Kontrollmehrheit. Diese Mehrheit liegt in den Händen einer juristischen oder privaten Person, deren Namen die Verantwortlichen aber nicht nennen wollen. In jüngerer Zeit hat die Steiner AG in Basel das Hochhaus Baloise Park mit dem Hotel Mövenpick (Bahnhof SBB) und den Hauptsitz von Davidoff (Nauenstrasse) geplant.

Grundbesitzerin der Werkarena ist Immobilien Basel-Stadt (IBS), die den Boden im Baurecht abgetreten hat. Eine Risiko für IBS? Aufgrund eines Pfandrechts im ersten Rang sei das Verlustrisiko bei den Baurechtszinsen gering, schreibt das Finanzdepartement auf Anfrage. Zur Höhe des Ausstandes der Baurechtszinsen und zur Baurechtszinshöhe gibt die IBS hingegen keine Auskunft.

Wie es mit der Werkarena weitergeht, steht in den Sternen. Angedacht wurden in der Vergangenheit verschiedene Projekte wie zum Beispiel ein Hotel oder Wohnstudios. Sicher ist, dass das Gebäude am Bedarf vorbei geplant wurde.

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