Die Qual der Wahl
Mit dem Rückzug von Lisa Mathys und ihren Vizes muss die SP Basel-Stadt eine neue Spitze finden. Gleich mehrere Kandidat*innen können sich die künftige Parteiführung vorstellen. Das ist ein gutes Zeichen.
Mit dem neuen Jahr hat auch die Suche nach einem neuen SP-Präsidium begonnen, nachdem am Wochenende die Partei-Präsidentin Lisa Mathys über den Nachrichtendienst X den Rücktritt des Trios verkündet hatte, um für Nachfolger*innen Platz zu machen. Zum Trio gehören auch die beiden Vize-Präsidenten Marcel Colomb und Martin Leschhorn. Im Interview mit der bz sagte Mathys: «Es ist ein sinnvoller Zeitpunkt nach den Gesamterneuerungswahlen. Den Neuen bleibt genügend Zeit, um sich einzuarbeiten.»
Namenskarussell nimmt Fahrt auf
Wer die Neuen sind, ist noch unklar. Doch das Namenskarussell hat am Montag bereits Fahrt aufgenommen. Als mögliches Führungsduo genannt werden in der Politbubble etwa die SP-Grossrät*innen Mahir Kabakci und Zaira Esposito. Aber auch Beda Baumgartner und Melanie Eberhard, wobei Baumgartner mit alt Präsident Pascal Pfister bis 2021 bereits als Vize im Präsidium der Basler SP gesessen hatte (gemeinsam mit Vize Melanie Nussbaumer, die daraufhin in den Grossen Rat gewählt wurde).
«Ich werde mir eine Kandidatur in den nächsten Tagen und Wochen überlegen.»Zaira Esposito, SP-Grossrätin
Ebenfalls in den Ring geworfen werden die Namen der SP-Grossrätinnen Edibe Gölgeli und Hanna Bay sowie jener von Nino Russano, der derzeit Vize-Fraktionspräsident im Bürgergemeinderat ist. Einige wollen sich zu diesem frühen Zeitpunkt nicht zu einer möglichen Kandidatur äussern. Esposito hingegen sagt zu Bajour, sie werde es sich «in den nächsten Tagen und Wochen überlegen». Auch Bay meint: «Ich schliesse eine Kandidatur nicht kategorisch aus.» Und Russano gibt sogar zu Protokoll: «In einem guten Team könnte ich mir die Mitarbeit im Parteipräsidium gut vorstellen.»
An möglichen Kandidat*innen scheint es der Basler SP dieses Mal nicht zu mangeln. Anders als 2013, als reihenweise prominente Namen absagten, wirkt die Partei nun gut aufgestellt. So dürfte auch die Tatsache, dass die SP bei der Ersatzwahl für Beat Jans 2024 in die Regierung aufgrund fehlender Kandidat*innen kurz ins Schwitzen gekommen ist, weniger mit einer dünnen Personaldecke als mit der zeitlichen Dringlichkeit zu tun gehabt haben. Ohnehin ist die Sache Schnee von gestern, seit Mustafa Atici dem Erziehungsdepartement vorsteht.
Eine neue Generation?
Den nun gedroppten Namen allesamt gemein ist, dass sie jung sind. Wird nun auch in Basel – wie auf nationaler Ebene mit dem Duo Mattea Meyer und Cédric Wermuth sowie der Baselbieter Fraktionschefin Samira Marti – eine neue Generation SPler*innen das Steuer übernehmen? Gut möglich. Doch dabei, so ist man sich weitgehend einig, darf die ältere Generation nicht aussen vor gelassen werden, beispielsweise in Bezug auf Alterspolitik.
«Ich schliesse eine Kandidatur nicht kategorisch aus.»Hanna Bay, SP-Grossrätin
Just weil ein Präsidium die ganze Partei – von seinem sozialliberalen bis zu seinem linken Flügel – abbilden sollte, ist es gut möglich, dass man im Mai, wenn die Präsidiumswahl stattfindet, wieder zurückkehrt zu einem Co-Präsidium. Dass in der Vergangenheit die Leitung unter Jessica Brandenburger und Lisa Mathys insbesondere was die Kommunikation angeht, nicht immer nur gut funktioniert hat, scheint heute kaum mehr jemanden zu interessieren. 2023 entschied Brandenburger wegen ihrer Beziehung zum Mitte-Politiker Balz Herter letzten Endes nicht mehr fürs Präsidium anzutreten.
Seither präsidierte Mathys die Partei alleine. Und dies mit Erfolg: Ein Sitzgewinn bei den Gesamterneuerungswahlen vergangenes Jahr im Grossen Rat (auch wenn der Wähleranteil auf unter 30 Prozent sank), die Bestätigung aller Regierungsrät*innen. Sowie einen Basler Bundesrat seit 2023. Auch konnten unter der Führung von Mathys inhaltliche Pflöcke eingeschlagen beziehungsweise umgesetzt werden, wie die Verbesserungen im Bereich der Kitas oder der Mindestlohn.
«In einem guten Team könnte ich mir die Mitarbeit im Parteipräsidium gut vorstellen.»Nino Russano, Vize-Fraktionspräsident im Bürgergemeinderat
Und schliesslich konnte die Partei nach der Trump-Wahl einen regelrechten Zuwachs an Neumitgliedern verzeichnen. Die SP Schweiz zählte im November 2024 rund 1000 Neueintritte. Ein Zehntel davon sind der Sektion Basel beigetreten. Auch diese neuen Mitglieder müssen nun einbezogen werden, was eine weitere Herausforderung darstellen dürfte.
Undankbares Amt
Bei aller Qual der Wahl sollte nicht vergessen werden, dass das Amt des Präsidiums nicht gerade ein dankbares ist. Es kostet viel Zeit und muss sich mit der aktuellen Lebenssituation vereinbaren lassen. Immerhin bezahlt die SP wie auch die Grünen ihren Präsident*innen eine Entschädigung (30’000 beziehungsweise 10’000 Franken pro Jahr), während beispielsweise bei der LDP und der FDP das Amt als reines Hobby ausgeübt wird. Das muss man sich erstmal leisten können.
Auch ist nicht ganz klar, ob das Präsidium der eigenen Karriere nutzt oder schadet: Ist es ein Sprungbrett oder sollte, wer beispielsweise in absehbarer Zeit für die Regierung kandidieren will, doch besser darauf verzichten? So oder so: Eine SP-Vakanz in der Regierung dürfte es in den kommenden vier Jahren keine geben. Und am Ende bleibt Politik unberechenbar.