Kommission will Immunität von Sibel Arslan nicht aufheben

Die Basler Staatsanwaltschaft will die Basler Nationalrätin belangen. Der Vorwurf: Sie habe am Feministischen Streik 2020 an einer unbewilligten Demonstration teilgenommen. Die nationalrätliche Immunitätskommission tritt nicht auf das Gesuch der Stawa ein.

Sibel Arslan, GP-BS, spricht waehrend der Fruehlingsession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 4. Maerz 2020 im Nationalrat in Bern.

Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt (Stawa) hätte es gern, wenn Sibel Arslans nationalrätliche Immunität aufgehoben würde. Dann könnte die Stawa die BastA!-Politikerin wegen Unterstützung einer unbewilligten Demonstration am 14. Juni 2020 belangen. Die Behörde argumentiert, Arslan habe die Polizeikräfte an Amtshandlungen gehindert, den Verkehr gestört und gegen die Covid-2-Verordnung verstossen.

Doch die nationalrätliche Immunitätskommission will davon nichts wissen. Sie hat heute getagt und einstimmig beschlossen, Arslans Immunität nicht aufzuheben.

Sibel Arslan zeigte sich gegenüber Bajour erfreut über den einstimmigen Entscheid: «Ich habe es nicht anders erwartet, freue mich jetzt aber.» Sie hat vor der Kommission geltend gemacht, dass sie an die Demonstration gerufen worden sei, um in ihrer Rolle als Nationalrätin in Absprache mit der Einsatzleitung der Polizei zwischen den Demonstrant*innen und der Polizei zu vermitteln. Sie habe dabei zur Deeskalation der Situation beigetragen und man habe sich in der Folge für ihre Vermittlungsarbeit explizit bei ihr bedankt.

Die Kommission entschied nun zu Arslans Gunsten. Begründung gemäss Medienmitteilung: «Die Kommission erachtet es als fraglich, ob die Handlungen, die Nationalrätin Sibel Arslan vorgeworfen werden, überhaupt eine strafrechtliche Relevanz aufweisen. Angesichts der ehrenwerten Absichten von Nationalrätin Arslan erkennt sie in deren Handlungen keine schwere Verfehlung. Sie kommt daher einstimmig zum Schluss, dass in diesem Fall die institutionellen Interessen des Parlaments gegenüber dem rechtsstaatlichen Interesse an der Strafverfolgung überwiegen und eine Aufhebung der Immunität unverhältnismässig wäre.»

Am 20. September 2021 wird die Rechtskommission als zuständige Kommission des Ständerates das Gesuch behandeln. 

Um was geht's genau?

Am 14. Juni 2020 gab es in Basel zwei Arten von Demos: fünf bewilligte und eine unbewilligte – alle im Rahmen des feministischen Streiks. Fünf endeten friedlich, eine eskalierte. Sibel Arslan, Nationalrätin der BastA!, nahm an diesem Nachmittag eigentlich an einer polizeilich bewilligten Aktion auf dem Theaterplatz teil. Doch dann erhielt sie ein Telefon von Demonstrant*innen: Die unbewilligte Demo sei eskaliert, sie solle bitte zwischen Aktivist*innen und Polizei vermitteln. Was Arslan auch tat. Doch die Vermittlung endete damit, dass die Polizei Arslan abführte.

Am 22. August machte der Blick bekannt, dass die Stawa Arslans Immunität aufheben will. Nationale Politiker*innen geniessen gemäss Bundesgesetz eine absolute und eine relative Immunität, dies um das Funktionieren der Bundesbehörden zu garantieren. Die absolute Immunität kann nicht aufgehoben werden und betrifft Äusserungen in den Räten und Kommissionen und schützt vor strafrechtlicher und ziviler Verfolgung. Die relative Immunität schützt Handlungen im unmittelbaren Zusammenhang mit der amtlichen Tätigkeit und Stellung und kann aufgehoben werden. Um letztere geht es bei Sibel Arslan.

Bajour war während der unbewilligten Demonstration vor Ort und hat die Diskussion begleitet:

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