Kein Plaudern mit dem Nebentisch?

Seit Mittwoch ist klar: Restaurants dürfen am 11. Mai wieder öffnen – mit entsprechenden Schutzmassnahmen. Für Gastrokonzepte wie Klara oder Markthalle eine besondere Herausforderung. Wie gehen sie damit um?

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So voll dürfte es in der Markthalle lange nicht mehr sein.

Bald soll es also wieder Apéros an der Sonne geben oder zumindest ein Mittagessen am Fluss. Für Yannick Studer von der Klara kommt der Entscheid überraschend: «Noch vor zwei Wochen sassen alle aus der Gastronomie konsterniert über ihren Laptops, als der Bund über die verschiedenen Phasen der Wiedereröffnungen informierte. Unsere Branche wurde ja komplett aussen vor gelassen». Man rechnete nicht vor Juni damit, wieder offen haben zu dürfen.

Umso freudiger ist für Studer jetzt die Nachricht, dass es ab dem 11. Mai einen nächsten Schritt in die vielzitierte Normalität gibt: «Es gibt uns einen Horizont, etwas, woran man sich festhalten kann». Und auch Alexandra Dill von der Markthalle freut sich über den Bescheid: «Dass es nun so rasch wieder möglich ist, offen zu haben, überrascht. Aber wir freuen uns natürlich und sind mit den einzelnen Standbetreibern in Kontakt. Wir gehen davon aus, dass die meisten auf den 11. Mai öffnen wollen».

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Die Markthalle darf bald wieder öffnen, allerdings mit Mindestabstand unter den Gästen

Abstand statt Plaudern

Allerdings: Pro Tisch sind laut Beschluss des Bundesrats bis auf weiteres maximal vier Gäste erlaubt, Familien ausgenommen. Alle Gäste müssen sitzen und die Tische müssen zwei Meter auseinander stehen.

Wie sollen diese Massnahmen konkret umgesetzt werden – gerade an solchen Orten, deren Charme davon abhängt, dass man so eng sitzt, dass man mit den Leuten am Nachbartisch plaudern kann? Für Yannick Studer ist auch anderes noch unklar: «Wird es eine Maskenpflicht geben für die Angestellten oder gar für die Gäste? Müssen wir Plexiglas montieren? Und wenn ja, wo?».

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Yannick Studer, Klara-Geschäftsleitung (zvg)

«Noch vor zwei Wochen sassen alle aus der Gastronomie konsterniert über ihren Laptops, als der Bund über die verschiedenen Phasen der Wiedereröffnungen informierte»

von Yannick Studer, Klara

Momentan bereite man sich für Szenarien vor, von denen man nicht wisse, ob sie überhaupt eintreffen. Er rechnet Anfang nächste Woche mit einem ausgearbeiteten Sicherheitskonzept vom Wirteverband Baselstadt und dem Dachverband GastroSuisse.

Klar ist, dass strenge Massnahmen den Betrieb massiv einschränken können. Maurus Ebneter, Präsident des Wirteverbands Baselstadt, warnte vor einigen Tagen im SRF-Regionaljournal davor, gerade kleinere Cafés und Restaurants voreilig wieder zu öffnen: «Wenn ein Gastrounternehmer jetzt nicht aufpasst, wird er sehr schnell ausbluten, weil die Gefahr besteht, dass er zusätzliche Verluste generiert.»

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Alexandra Dill, Co-Chefin Martkhalle (zvg)

«Wir gehen davon aus, dass die meisten auf den 11. Mai öffnen wollen»

von Alexandra Dill, Markthalle

Das Leben geht nach der Krise anders weiter

In der Markthalle konnte man sich auch während des Lockdowns Essen einkaufen: «Da haben wir gesehen, dass die Leute sehr diszipliniert sind und sich an die Hygienemassnahmen halten», sagt Alexandra Dill. Dass sie bald wieder normal öffnen können, ist für den Betrieb aber trotzdem wichtig: «Wir haben null Reserven und sind auch als Veranstaltungsort sehr stark von der Krise betroffen. Darum wollen wir bei der Öffnung klar dabei sein, es ist besser als gar nichts».

Ob genügend Gäste kommen, steht noch in den Sternen, auch für Yannick Studer: «Ich rechne aber fest damit, dass die Leute Lust haben, mal wieder auswärts einen Kaffee oder ein Bier zu trinken. Es fehlt ihnen, es fehlt auch mir». Dass das Leben für einen Gastrobetrieb nicht so weitergeht wie vor der Krise, ist für Studer aber auch klar. Das Tagesgeschäft wird darum zu Beginn entsprechend angepasst: Weil noch bis Mitte März Waren bestellt wurden, werden die wenn möglich erstmal aufgebraucht. «Wenn etwas ausgeht und wir noch nicht wahnsinnig viele Gäste haben, bestellen wir vorerst nicht nach, sondern nehmen das Gericht dann temporär von der Karte».

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Nur noch vier Gäste pro Tisch, das gilt ab dem 11. Mai auch für die Markthalle (zvg)

Was geschieht am Hafen?

Neben dem Klara und der Markthalle setzt sich auch das Hafenareal aus vielen kleineren Bereiber*innen zusammen. Hier stellt sich noch eine andere Frage: Was, wenn sich auf dem Areal mehr als 1000 Leute ansammeln? Gilt das als Grossveranstaltung, die bis Ende August verboten sind? Aufgrund der Kapazität wird das im Klara nicht der Fall sein und auch in der Markthalle werden aufgrund der Massnahmen gar nicht erst 1000 Menschen Platz finden.

Anders am Hafen. Diesbezüglich geschieht bereits etwas: Ab Mai werden verschiedene Bereiche des Hafens gesperrt. Grund dafür ist allerdings nicht primär die Ansteckungsgefahr, sondern dass sich im vergangenen Sommer immer wieder Personen im Gleis- oder Warenumschlagsbereich aufgehalten haben. Allerdings waren auch während des Lockdowns immer wieder zu viele Menschen am Hafen unterwegs.

Anfragen von Bajour wurden bei der Stadt von Departement zu Departement weitergereicht.

Diesen Herausforderungen stellt sich auch das Team des Restaurants Patschifig/Hafechäs. Entsprechende Anfragen seien bei der Stadt platziert, allerdings noch offen. Offenbar scheint die Thematik auch die Behörden zu überfordern: Anfragen von Bajour wurden vom Bau- und Gastgewerbeinspektorat weitergereicht zum Hauptsitz der kantonalen Verwaltung, dann zu einer «Corona-Hotline», zum Gesundheitsdepartement und schliesslich zum Departement Wirtschaft, Soziales und Umwelt und zum Standortmarketing im Präsidialdepartement. 

«Der Regierungsrat hat ein offenes Ohr»

von Christoph Brutschin, Departementsvorsteher Wirtschaft, Soziales und Umwelt
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Regierungsrat Christoph Brutschin (Foto: Gröflin & Partner)

Pop-Ups und Gartenbeizen à la Bern?

Eine Möglichkeit, gedrängte Menschenmassen zu vermeiden, wäre die breitere Nutzung des Boulevardbereichs. Vor der Markthalle und der Klara kann man draussen sitzen, andere Städte aber zeigen, dass da noch Luft nach oben ist: In Bern schafft die Stadt bereits mehr Platz für Gartenbeizen und fördert Pop-Up-Bars.

Yannick Studer würde einen solchen Plan auch in Basel begrüssen: «Das würde Basel auch stadtpolitisch gut tun und es wäre für viele Betriebe eine zusätzliche Spielfläche, mit der man besser durch die Krise kommen könnte». Regierungsrat Christoph Brutschin, Departementsvorsteher Wirtschaft, Soziales und Umwelt sagt schliesslich auf Anfrage: «Ob Bedarf nach mehr Möglichkeiten zur Aussenbestuhlung besteht, kann ich nicht abschätzen. Ich denke aber, dass der Regierungsrat beziehungsweise die Bewilligungsbehörde ein offenes Ohr haben würde.»

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