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Covid-Impfung 💉🤒

Die Nebenwirkungen zeigen, dass dein Immunsystem was taugt

Du bist müde, hast Kopfschmerzen und fühlst dich grippig nach der Covid-Impfung? Das sind die klassischen Nebenwirkungen. Über die solltest du dich freuen, sagt Wissenschaftsjournalist Beat Glogger von higgs. Sie zeigen, dass dein Immunsystem funktioniert.

06/24/21, 03:41 PM

Aktualisiert 06/24/21, 11:34 PM

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Nach der Impfung beginnt das Immunsystem seine Arbeit.

Nach der Impfung beginnt das Immunsystem seine Arbeit. (Foto: Keystone)

Eigentlich ist auch der Begriff «Nebenwirkungen» falsch. Denn die erwähnten Symptome sind keine «neben», sondern «die Wirkungen». Es sind Reaktionen des Immunsystems auf die Impfung. Sie zeugen davon, dass das Immunsystem seine Arbeit aufnimmt. Genauer gesagt, der Teil des Immunsystems, der angeboren ist.

Das Immunsystem zwingt den Körper zur Ruhe

Nach der Impfung beginnt unser Körper aufgrund der verabreichten mRNA Teile des Spike-Proteins des Virus zu produzieren. Und sofort beginnt auch das angeborene Immunsystem, diese zu bekämpfen. So wie es bei jedem eindringenden Fremdkörper geschieht.

Das Immunsystem läuft nach der Impfung also auf Hochtouren. Das braucht Energie – logischerweise sollte der Körper also nicht zu viel Energie für andere Aktivitäten verbrauchen. Wie aber bringt das Immunsystem seinen Menschen dazu, herunterzufahren, auszuruhen? Richtig: indem es ihn Schlappheit, Müdigkeit, Kopfweh und gerne auch etwas Gelenkschmerzen beifügt. Nur so bringt man uns zur Ruhe. Die Schmerzen wollen uns sagen: leg dich ins Bett. Keine Arbeit, kein Sport, keine Party, lass das angeborene Immunsystem seine Arbeit tun.

Und gleichzeitig beginnt im Hintergrund auch das erworbene Immunsystem mit der Produktion von Antikörpern gegen das Virus. So dass nach zirka zwei Wochen ein Immunschutz aufgebaut ist.

Die Reaktion des angeborenen Immunsystems kann wahrscheinlich auch erklären, warum jüngere Menschen eher mehr akute Impfwirkungen zeigen als ältere. Denn bei ihnen ist das angeborene Immunsystem noch aktiver. Ob das auch erklärt, warum rund zwei Drittel der Meldungen über unerwünschte Wirkungen von Frauen kommen, ist unklar. Ist das angeborene Immunsystem von Frauen stärker, reagiert also heftiger? Kann sein. Oder passt es nicht ins Selbstverständnis von Männern, dass sie geringe Beschwerden für meldenswert halten? Kann auch sein.

Allerdings kann die Covid-Impfung auch schwerere unerwünschte Wirkungen haben. Diese müssen den Behörden gemäss dem Heilmittelgesetz gemeldet werden. Gemeint sind schwerwiegende, bisher unbekannte oder in der Fachinformation des betreffenden Medikamentes ungenügend erwähnte unerwünschte Wirkungen. Solche, die tödlich verlaufen, lebensbedrohend sind oder zu einer Hospitalisation führen oder schwere oder bleibende Schäden verursachen.

Sehr seltene schwere, unerwünschte Wirkungen

Gemäss dem aktuellen Bulletin von Swissmedic sind per 18. Juni nach in der Schweiz 6,4 Millionen verabreichten Impfdosen 2944 Meldungen über unerwünschte Wirkungen eingegangen. Davon wurden 35 Prozent als schwerwiegend eingestuft. Das können zum Beispiel schwere Fälle von Gürtelrosen sein.

Es gab auch 97 Todesfälle. Wobei die Verstorbenen im Durchschnitt 81 Jahre alt waren und mehrheitlich schwere Vorerkrankungen hatten. Ausserdem muss in allen Fällen die Kausalität zwischen Impfung und Nebenwirkungen noch abgeklärt werden.

Bei diesen Meldungen geht es gemäss Swissmedic nicht darum, eine Statistik zu führen, dafür sind die Fallzahlen schlicht zu klein: 2944 Fälle bei 6,4 Millionen Impfdosen. Aber man kann zum Beispiel sehr seltene, bisher unbekannte schwere Wirkungen aufspüren.

So traten bei den ersten Impfungen mit dem Pfizer-Wirkstoff in Grossbritannien einige Fälle von anaphylaktischem Schock auf – eine lebensbedrohliche Allergiereaktion. Seither beobachtet man das in den Impfzentren genau. Geimpfte müssen sich eine Viertelstunde im Impfzentrum ausruhen. In dieser Zeit würde der anaphylaktische Schock auftreten und medizinische Nothilfe wäre vor Ort gewährleistet.

Solche Nebenwirkungen sind genau zu beobachten.

Hier kannst du unerwünschte Impf-Wirkungen melden

Wer nach der Impfung an unerwünschten Wirkungen leidet, soll sich am besten mit der impfenden Stelle in Verbindung setzten (Arztpraxen, Impfzentren). Diese machen weitaus die meisten Meldungen zuhanden von Swissmedic. Wer als Privatperson unerwünschte Wirkungen melden will, kann dies via diesem Link tun.

Wie schlimm sind Muskelkater, Kopfweh, Gliederschmerz? Ich selbst lag nach der zweiten Impfung einen Tag lang ziemlich grippig flach. Ich halte das für vernachlässigbar. Etwas Schmerz an der Einstichstelle? Wie lange schmerzt ein Bienenstich, oder juckt ein Mückenstich? Wie lange hast du Muskelkater nach einer langen Wanderung? Wie oft brummt dein Schädel nach etwas zu viel Alkohol oder zu wenig Koffein?

Solche Beschwerden nach der Impfung zu früh medikamentös zu bekämpfen, ist übrigens nicht zu empfehlen. Da diese Medikamente die Bildung von Antikörpern hemmen können und damit den Impfschutz schwächen. So warnt das Deutsche Ärzteblatt.

Was hilft also? Ruhe. Und freut euch, dass euer Immunsystem so schnell reagiert.

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Dieser Artikel ist zuerst am 23. Juni 2021 auf higgs.ch erschienen. Wir durften ihn vom unabhängigen Wissenschaftsmagazin übernehmen – grosses Merci an die Kolleg*innen! Hier kannst du higgs unterstützen.

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