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Trotz Fachkräftemangel

Ukrainische Ärzt*innen oder Elektriker*innen dürfen in Basel nicht arbeiten

Ukrainische Geflüchtete könnten dem Fachkräftemangel Abhilfe leisten. Doch häufig werden ihre Ausbildungen hierzulande nicht anerkannt.

06/01/22, 03:00 AM

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Berufe im Bereich Elektrizität stehen beim Fachkräftemangel in Basel auf Platz vier.

Berufe im Bereich Elektrizität stehen beim Fachkräftemangel in Basel auf Platz vier. (Foto: Pixabay)

Basel leidet unter Fachkräftemangel. Arbeitgeber*innen suchen verzweifelt Angestellte. Eine Lösung könnten die aus der Ukraine geflüchteten Menschen sein, die oft gut ausgebildet sind und mit dem Schutzstatus S über eine Arbeitsbewilligung verfügen.

Mit Betonung auf «könnten». Die Voraussetzungen und Reglementierungen, die die unterschiedlichen Berufe, Fachabschlüsse und akademischen Titel mit sich bringen, entpuppen sich für interessierte Arbeitgeber*innen als undurchdringlicher Dschungel.

Ärzt*innen werden in Basel am dringendsten gesucht.

Ärzt*innen werden in Basel am dringendsten gesucht.

Besonders betroffen sind die Berufe im Bereich Elektrizität. Der Fachkräftemangel ist gross, die Regulierungen für ausländische Arbeitskräfte anders als etwas bei Architekt*innen oder Ingenieur*innen strikt. Berufsleute aus der EU können ihre Qualifikation zwar anerkennen lassen, wie es in einem Merkblatt heisst, die Berufsausbildungen von ukrainischen Geflüchteten sind in diesem Bereich hingegen nicht anerkannt ist. Bajour hat bei zwei Elektro-Installateur-Firmen nachgefragt und ist trotz des Personalmangels auf Verständnis gestossen.

«Die Arbeitgebenden tragen die Verantwortung».

Martin Spitz, technischer Leiter bei der Elektro 3 AG

Dass man den Engpass in der Branche deutlich spürt, bestätigt Martin Spitz. Er ist technischer Leiter bei der Elektro 3 AG. Aus Sicherheitsbedenken müsse man vorsichtig sein und könne die Ausbildung ausländischer Elektro-Installateur*innen nicht mit der Ausbildung in der Schweizer vergleichen. «Die Arbeitgebenden tragen die Verantwortung.»

Ähnlich sieht das Urs Fitz, Geschäftsleiter bei BSK Baumann und Schaufelberger. Zwar merkt man auch hier den Mangel an Arbeitnehmenden, insbesondere bei den Lehrstellen. Aber auch ihm sind die Ausbildungsstandards sehr wichtig.

Die Reglementierung der Ärzt*innen wiederum ist bundesrechtlich geregelt. Hier wird das Diplom vom BAG erteilt. Diplome aus Mitgliedstaaten der EU und der EFTA werden von der Medizinalberufekommission (MEBEKO) anerkannt.

Die Liste ist lang

Anders sieht es bei den akademischen Gesundheitsberufen wie Akustiker*innen für Hörgeräte oder Labormitarbeitende aus. Auch hier mangelt es an Personal (in Basel auf Platz fünf). Diese sind aber alle differenziert zu betrachten und erstrecken sich in der Liste reglementierter Berufe über vier Seiten. Viele davon sind zwar bundesrechtlich geregelt oder zumindest kantonal einheitlich. Andere wiederum sind nur in einzelnen Kantonen reglementiert. Teilweise wird auf weitere Merkblätter verwiesen. 

Ähnlich undurchsichtig ist die Situation bei den ICT-Berufen, den Ausbaufachkräften wie Fliesenleger*innen und Stuckateur*innen sowie den Material- und Ingenieurtechnischen Fachkräften. Fast für jeden Beruf gelten eigene, teils kantonale, teils nationale Regeln.

Trotzdem gibt es Lichtblicke: Neben Mathematiker*innen, Statistiker*innen und Ingenieur*innen können in Basel weitere vom Fachkräftemangel betroffene Berufe ohne ein Reglement ausgeübt werden, sofern die nötigen Sprachkenntnisse vorhanden sind. Dazu gehören Biotechniker*innen, Softwareentwickler*innen und -analytiker*innen, Physiker*innen, Chemiker*innen, Geolog*innen, Architekt*innen sowie Raumplaner*innen und Designer*innen.

Zugang zur Hochschule

Und wie steht es um die Hochschulbildung ukrainischer Geflüchteter? Um sich an der Uni Basel einzuschreiben, brauchen ukrainische Student*innen laut BaZ keinen Nachweis über die Sprachkenntnisse, dürfen sich aber nur für ihre bisherige Studienrichtung und -stufe einschreiben. Viele würden aufgrund der unterschiedlichen Bildungssysteme abgelehnt.

«In der Beratung haben wir viele Antragstellende darauf hingewiesen, dass sie auch aufgrund ihres Studienfachs besser in einer Fachhochschule aufgehoben sind als an der Universität», wird Matthias Geering, Sprecher der Universität Basel, zitiert.

Über 300 Anfragen seien bei der FHNW eingegangen. 29 Studierende hätten bereits gestartet. Hier werde ein Berufsmittelabschluss gefordert. Zu beachten gelte es hier aber auch die spezifischen Aufnahmekriterien der jeweiligen Studiengänge. 

Fazit: Irgendwas mit «Wo ein Wille ist, ist ein Weg». Nur kann dieser länger sein, als es sich die Arbeitgeber*innen und die Fachkräfte wünschen würden.

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