Wie Basel vor Netto-Null nochmals so richtig über die Stränge schlägt
Für den Basler Stadtlauf werden die Baustellen in der Freien Strasse geräumt und die Gräben mit Asphalt geschlossen. Für einen gut vierstündigen Sportanlass eine Grossbaustelle provisorisch zu schliessen und sich gleichzeitig Klimastadt zu nennen, findet unsere Kolumnistin Eva Biland heuchlerisch.
Niemals hätte ich geglaubt, dass auch hierzulande der ökologischen Dekadenz nachgeeifert werden könnte, wie wir das bezüglich der Austragungsorte des Weltfussballs auf grünem Rasen in Wüstenländern wie Katar in 2022 und Saudi-Arabien in 2034 beobachten konnten.
Basel-Stadt allerdings überrascht dieser Tage mit dem ökologischen Aufwand für einen Sportanlass: Anwohner der Innenstadt erhielten diese Woche ein Informationsschreiben vom Tiefbauamt Basel-Stadt. Darin wurde mitgeteilt, dass für den Basler Stadtlauf am Samstag die Baustellen in der Freien Strasse geräumt und die Gräben gefüllt und zuasphaltiert werden. Für einen gut vierstündigen Sportanlass eine Grossbaustelle provisorisch zu schliessen mit einem Strassenbelag aus Bitumen und Gesteinskörnungen, das muss man sich erst einmal leisten können.
Eva Biland politisiert für die FDP Basel-Stadt und arbeitet als Hausärztin. In ihrer Kolumne «Bilan(d)z» schaut sie aus bürgerlicher Sicht auf den Kanton und seine Menschen.
Der Kanton Basel-Stadt kann sich das mit jährlich über 300 Millionen Überschuss an Steuereinnahmen locker leisten. Weshalb also sich darüber auslassen? Wäre da nicht das oberste Ziel des amtierenden Basler Regierungspräsidenten, die Stadt als Klimastadt zu positionieren und Basel eine Vorreiterrolle attestieren zu können? Basel muss bekanntlich aber erst 2037 CO2-neutral werden. Da hat man doch noch vierzehn Jahre lang Zeit, um mit ökologischem Unfug über die Stränge zu schlagen.
Und überhaupt: In Zermatt hat man zur Pistenvorbereitung für den Ski-Weltcup Mitte November – der inzwischen aufgrund von zu viel Schnee und Wind abgesagt wurde – ohne mit der Wimper zu zucken schmelzende Gletscher mit Baggern bearbeitet. Die Bagger haben also Gletscherspalten aufgefüllt, Geröll abgetragen und tonnenweise Schnee umgelagert – für nicht eine Sekunde Ski-Weltcup. Wieso sollte in Basel nicht für ein paar Stunden die Haupteinkaufsstrasse zuasphaltiert werden? Wie ernst soll man bei solchen Massnahmen den Klimaalarmismus nehmen?
«Basel-Stadt ist zwar nicht der grösste aller Kantone, aber 5,5 Kilometer hätten sich bestimmt anderweitig finden lassen»Eva Biland
Es gibt Stimmen, die kontern, der Stadtlauf sei ein derart toller Event mit vielen tausend Teilnehmern, da gäbe es unnötigere Geldausgaben. Mag sein, aber gerade der Laufsport symbolisiert eine naturnahe, praktisch emissionsfreie Beschäftigung, welche mit viel Freiheitsgefühl verbunden wird. Slogans wie «Laufen ist Freiheit. Laufen heilt die Seele. Laufschuhe an, Welt aus, Kopf frei» stehen für diese körperlich absolut autarke Form von Bewegungsfreiheit. Schade, dass die Verantwortlichen für den Austragungsort den Kopf nicht frei genug hatten, um Alternativrouten zu prüfen.
Der Kanton Basel-Stadt ist zwar nicht der grösste aller Kantone, aber 5,5 Kilometer hätten sich bestimmt anderweitig finden lassen, ohne dass das Laufvergnügen beeinträchtigt gewesen wäre. Zu hoffen ist, dass die provisorische Asphaltierung zumindest gebührend zum vorweihnachtlichen Flanieren einlädt und belebend wirkt für Geschäfte und Gastronomie in der Adventszeit – aufgerissen werden die Baustellen nämlich erst wieder nach Weihnachten.