Der Staat ist nicht der bessere Banker
Die Basellandschaftliche Kantonalbank befindet sich aktuell im Auge eines politischen Sturms. Es droht gar eine parlamentarische Untersuchungskommission. Für Kolumnist Luca Urgese ist das ein Beispiel dafür, dass es nicht gut ist, wenn Banken dem Staat gehören.
Pünktlich zum Beginn der Sommerferien musste die Basellandschaftliche Kantonalbank (BLKB) verkünden, dass sie für ihre Beteiligung an der Radicant über 100 Millionen Franken abschreiben muss. Radicant ist ein von der BLKB gegründetes Startup, gegründet mit dem Ziel, sich im Wettbewerb mit anderen beliebten digitalen Banken wie Yuh, Zak, Revolut etc. zu behaupten.
Ob dies gelingen wird, ist offen. Doch der Millionen-Abschreiber hatte zur Folge, dass sowohl der Bankratspräsident als auch der CEO ihren Abgang ankündigten, den sie nun aufgrund politischen Drucks vorzogen.
Seither herrscht Aufregung in der Baselbieter Politik. Gar von einer parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) ist die Rede. Es liegt mir als baselstädtischem Politiker fern, mich in diese Debatte einzumischen und den Kolleginnen und Kollegen aus dem Nachbarkanton Ratschläge zu erteilen.
Doch dieser Fall bietet wieder einmal die Gelegenheit die grundsätzliche Frage in den Raum zu stellen, ob es richtig ist, dass Banken dem Staat gehören. Zu stark ist die Vermischung von Aufsicht und Eigentümerinteressen. Zu stark ist der Drang der Politik, sich in geschäftliche Fragen einzumischen.
Keine Daseinsberechtigung mehr für staatliche Banken
Historisch hatte die Gründung von Kantonalbanken durchaus ihre Berechtigung. So wuchs im 19. Jahrhundert die Nachfrage nach Krediten und Zahlungsmitteln. Die bestehenden Banken konnten diese Nachfrage nicht decken. Mit den Kantonalbanken konnten die Kantone nicht nur den wirtschaftlichen Aufschwung fördern, es handelte sich dabei auch um ein politisches Machtinstrument.
Aber besteht dieses Problem und damit die Notwendigkeit staatlicher Banken immer noch? Heute gibt es in der Schweiz über 230 Banken. Auch private Banken vergeben Kredite und Hypotheken. Es lässt sich also kaum ein Marktversagen behaupten, welches mittels staatlicher Intervention behoben werden muss. Daher fehlt es heute schon ganz grundsätzlich an der Daseinsberechtigung staatlicher Banken.
Luca Urgese, Jg. 1986, politisiert seit 2014 für die FDP im Grossen Rat. Von 2016 bis 2021 war er Parteipräsident. Im März kandidierte Urgese für den Regierungsrat, unterlag jedoch Mustafa Atici. In seiner Kolumne «Caffè Urgese» schaut er mit der bürgerlichen Brille auf Basel. Er äussert sich als Politiker und nicht als Mitarbeiter der HKBB.
Mit Blick auf die Rettung der UBS während der Finanzkrise 2008 oder das CS-Debakel 2023 liegt der Versuch natürlich nahe, damit zu argumentieren, dass staatliche Banken stabiler oder besser vor Skandalen und Krisen gefeit seien. Doch dem ist nicht so, wie nur schon der Blick auf die lange Liste von Kantonalbank-Skandalen zeigt:
Denken wir an den ASE-Betrugsskandal, in den die BKB als Depotbank involviert war. Oder an die Bilanzmanipulationen der Waadtländer Kantonalbank, die den Kanton Waadt 1,25 Milliarden Franken kosteten. Oder an die Rolle der Kantonalbanken im Steuerstreit mit den USA. Einige Kantonalbanken, wie die Solothurner Kantonalbank oder die Ausserrhoder Kantonalbank gibt es gar nicht mehr, weil sich die Kantone eine Rettung nicht leisten konnten oder wollten.
Risiken einzugehen liegt in der Natur des Unternehmertums
Nun ist es Kern wirtschaftlicher Tätigkeit, dass es auch einmal zu Verlusten kommen kann. Es gehört zum Unternehmertum, neue Dinge auszuprobieren und dabei auch Risiken einzugehen. Nur so kann Wachstum und Innovation entstehen und nur so kann man im Wettbewerb mit der Konkurrenz bestehen. Es liegt in der Natur der Sache, dass man dabei auch scheitern kann.
Natürlich überlegt sich eine BLKB, wie sie mit der zunehmenden digitalen Konkurrenz umgehen soll. Und sie war nicht die erste Bank, die sich dazu entschied, hierfür eine separate Marke aufzubauen. Darin liegt nichts Verwerfliches.
«Die Politik als Unternehmenseigentümerin ist viel schlechter darin, wirtschaftliche Risiken einzuschätzen und danach zu handeln.»Luca Urgese
Problematisch ist, dass staatliche Banken gegenüber privaten Banken dabei einen erheblichen Wettbewerbsvorteil haben, weil letztendlich die Steuerzahlenden für die Risiken geradestehen müssen. Der Schluss ist naheliegend, dass der eine oder andere Bankmanager deswegen ein höheres Risiko eingeht, als er das bei einem privaten Institut tun würde.
Die Politik als Unternehmenseigentümerin ist viel schlechter darin, wirtschaftliche Risiken einzuschätzen und danach zu handeln. Weil die Entscheidungsprozesse schwerfälliger sind und weil man nicht mit dem eigenen Geld ins Risiko geht, was vorsichtiger macht.
Staatliche Banken dem freien Markt übergeben
Eine Reaktion aus der Baselbieter Politik auf die Gründung der Radicant ist eine Volksinitiative, welche die Tätigkeit der BLKB auf die Region beschränken und die Kaderlöhne deckeln will. Zudem soll der Landrat stärker Einfluss nehmen können.
Hier zeigt sich ein Widerspruch staatlicher Regulierung: Auf der einen Seite werden die regulatorischen Vorgaben immer strenger. Weil es immer aufwändiger wird, diese zu erfüllen, wird es für kleinere Banken – und dazu gehören viele Kantonalbanken – immer schwieriger, auf dem Markt zu bestehen. Die Folge ist eine verstärkte Marktkonzentration, die Zahl der Banken sinkt.
«Die Politik fördert also mit der Regulierung einerseits grössere Banken, will aber andererseits verhindern, dass ihre eigenen Banken wachsen.»Luca Urgese
Auf der anderen Seite will die Politik «ihren» Banken enge Leitplanken setzen. Auch in Basel-Stadt hat der Grosse Rat mehrmals intensiv darüber diskutiert, wie gross das Tätigkeitsgebiet der BKB sein soll und ob die kantonale Staatsgarantie auch für die Tochtergesellschaft Bank Cler gilt, die schweizweit tätig ist. Die Politik fördert also mit der Regulierung einerseits grössere Banken, will aber andererseits verhindern, dass ihre eigenen Banken wachsen. Das kann über längere Dauer nicht gut gehen.
Deshalb ist anstelle mehr politischer Mitsprache das Gegenteil richtig: Statt sich immer stärker in die geschäftlichen Belange der eigenen Bank einzumischen, sollten die staatlichen Banken endlich dem freien Markt übergeben werden.