Basels Platz im Bund?
In ein paar Tagen wird Basel – endlich – wieder in der Landesregierung vertreten sein. Was ändert sich damit für Basel? Die Rekapitulation einer alten Frage.
Wenn Basel mit Beat Jans im Bundesrat vertreten ist, ändert sich viel und doch wenig. Viel ändert sich in Basel, weil man sich hier, so sonderbar das erscheinen mag, wieder richtig anerkannt und zugehörig fühlen kann. Nicht viel ändert sich in Bern, weil Beat Jans, wie es der neugewählte Bundesrat eingeräumt hat, sich nicht primär als Basler Lobbyist versteht, sondern das Gesamtwohl des Landes im Blick hat – haben muss.
Selbstmitleid adieu!
Mit der Wahl eines Basler Bundesrats wird es etwas schwieriger, sich als vernachlässigter Teil am Rand der Eidgenossenschaft in Selbstmitleid zu ergehen. Es bleibt jedoch die Diskrepanz zwischen politischem Gewicht und wirtschaftlicher Stärke. Und es bleibt der von manchen als diskriminierend empfundene Status, bloss Stadtkanton ohne Hinterland, bloss Halbkanton zu sein. Die Grossakteur*innen der Wirtschaft, die den Grossteil der Erträge erwirtschaften, dürften selbst in der Lage sein, mit der Politik dafür zu sorgen, dass ihre Interessen berücksichtigt werden. Und die Aufteilung des politischen Potenzials auf die beiden Halbkantone dürfte kaum grössere Einflusseinbussen auf Bundesebene zur Folge haben.
Momentaner Trost oder lokalpatriotische Genugtuung ergibt sich zudem aus dem Umstand, dass im kommenden Jahr die beiden Basel nicht nur mit Beat Jans einen Platz im Bundesrat erhalten, sondern mit Eric Nussbaumer und Eva Herzog gleich auch die Präsidien des National- und Ständerats anvertraut erhalten hat. Die Wahrnehmbarkeit dieser Herkunft bezeugt ebenfalls, dass unsere Region durchaus dazugehört.
Eine Frage der Aussenbeziehungen
Basel hat sich allerdings nie – wie dies insbesondere für Bern der Fall ist – als Territorialstaat verstanden, sondern als Stadtstaat oder Polis, die sich einerseits auf sich selbst beschränkte, andererseits Zentrum eines europäischen und auch globalen Netzwerks ist. In seinen Aussenbeziehungen liegt das ferne Nantes oder Sankt Petersburg innerlich näher als das geografisch nahe Schönebuech und Ammel.
Kommt hinzu, dass ein natürlicher Teil seiner Agglomeration im französisch-deutschen Ausland liegt, das noch vor dem Bundesbeitritt von 1501 für Basel wichtiger war als die hinter der Jurakette liegende Eidgenossenschaft. Diese vermeintliche Aussenorientierung ist mit der 1963 ins Leben gerufenen Regio Basiliensis, die übrigens im zu Ende gehenden Jahr gerade ihr 60-jähriges Jubiläum gefeiert hat, zu einem integralen Teil der Basler Politik gemacht worden.
In diesem grenzüberschreitenden Sektor erfordern selbst kleine Fortschritte wegen der unterschiedlichen Politsysteme und Mentalitäten erheblichen Aufwand. Aus einer gewissen Ernüchterung und Einsicht, dass die auch für Basel relevante «Musik» doch vor allem in Bundesbern spielt, hat Basel seine Ausrichtung wieder verstärkt auf die Schweiz ausgerichtet. Dies hat, nachdem Zürich 2007 als erstes städtisches Zentrum für sein Umfeld ein Metropolitankonferenz ins Leben gerufen hat, dazu geführt, dass 2011 auch für die Nordwestschweiz ein analoges, aber weit schwächeres Gebilde geschaffen worden ist.
Standortattraktivität im Blick
Ein banaler, aber zentraler Punkt: Basel muss für sich und seine Standortattraktivität vor allem selbst besorgt sein. Basel muss die zum Teil auch divergierenden Interessen intern ausgleichen, zum Beispiel zwischen Vermieter*innen und Mieter*innen oder zwischen den verschiedenen Verkehrsteilnehmenden. Es gibt aber Bereiche, die von gesamtschweizerischen Lösungen abhängen: zum Beispiel die vom Bund mitgetragenen Bauprojekte (Schienenanschluss des EuroAirports, Herzstück, Rheintunnel), zum Beispiel die Umsetzung der OECD- Mindestbesteuerung der Grossunternehmen, zum Beispiel die Personenfreizügigkeit für Zuzüger*innen aus dem EU/EFTA-Raum und aus Drittstaaten u. a. m.
In Basel fühlt man sich wegen der Lage am Dreiländereck «Europa» besonders nahe. Das haben die Erklärungen, die am Basler Volksfest zu Ehren des neu gewählten Bundesrats abgegeben wurden, wieder bestätigt. Die guten Beziehungen zu der gleichsam vor dem eigenen Haus liegenden direkten Nachbarschaft sind sicher eine gute Voraussetzung für ein positives Verhältnis zur weiteren und grösseren auf der nationale-supranationalen angesiedelten Ebene.
Verhandlungen mit der EU?
Das Verhältnis Schweiz-EU ist für Basel generell von höchster Konsequenz. Diesbezüglich bedeutet das Zusammenfallen des Verhandlungsbeginns für ein institutionelles Abkommen mit der EU (Bilaterale III) und der Einzug eines gegenüber der EU offenen Basler Bundesrats eine gute und vielversprechende Konstellation.
Alain Berset hat sich, obwohl Romand, in der Europapolitik wenig engagiert. Beat Jans hingegen hat sich stets für neue Verhandlungen mit der EU eingesetzt und als Regierungspräsident dafür gesorgt, dass sich die Konferenz der Kantonsregierungen gegenüber dem Bundesrat in diesem Sinn aussprach. In seiner Funktion als Vorsteher des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements wird er auf das EU-Dossier sogar besonderen Einfluss haben. Jans muss allerdings in zwei Richtungen Überzeugungsarbeit leisten: nicht nur bei der schwer zu bewegenden konservativen Bundesratsmehrheit, sondern auch bei seiner eigenen Partei und der ihr nahestehenden Gewerkschaft.
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