Ein oranger Wal und rennende Hunde

Die Art-Woche beginnt und Basel ist im Kunstfieber. Was aber sind die skurrilsten, überraschendsten und grössten Hingucker an der diesjährigen Art Basel? Hier sind die Tipps.

Art Basel 2024
Die Galerien an der Art Basel ziehen Besucher*innen aus aller Welt an (2024). (Bild: Art Basel)

289 Galerien aus 42 Ländern und Territorien stellen an der diesjährigen Art Basel aus – wie soll man bei dem vielseitigen Angebot den Überblick behalten? Zudem sind einige Neuerungen angekündigt und mit dem Bereich «Premiere» kommt ein komplett neuer Sektor zur Art Basel in Basel hinzu, der in diesem Jahr zehn Galerien eine Plattform für junge und aktuelle Kunst bietet. Neu sind auch die Art Basel Awards. Die Art Basel wird erstmals 36 Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur an dem Art Basel Awards Summit ehren und somit die einflussreichsten und zukunftsweisendsten Köpfe der zeitgenössischen Kunst zusammenbringen. Die Auszeichnung findet am Freitag im Auditorium der Art Basel in Halle 1.0 statt und ist kostenlos zugänglich. 

Neben diesen Neuerungen läuft in Basel diese Woche das vielseitige reguläre Art-Programm. Wir bieten dir vorab eine Auswahl der Orte, an denen es vielversprechende Kunst zu sehen gibt. 

Art Basel Messeplatz 2025
Das Kunstwerk von Katharina Grosse auf dem Messeplatz. (Bild: Mattia Reimann)

Gesamtkunstwerk Messeplatz

Ein farbenfroher Hingucker ist erneut – nach dem Weizenfeld im letzten Jahr – der Messeplatz, den aktuell die renommierte deutsche Künstlerin Katharina Grosse mit ihrer charakteristischen Sprühtechnik bespielt und im Laufe der Woche in eine farbintensive und sich ständig wandelnde Umgebung verwandelt. Grosse ist für ihre Arbeit mit explosiven Farben bekannt, die sie direkt auf Innenräume, Landschaften oder Gebäude sprüht. Sie hat bereits damit begonnen, aus dem Messeplatz und der ihn umgebenden Architektur ein Gesamtkunstwerk zu schaffen. Kuratiert wird die farbenfrohe Kunst, die schon jetzt für Aufsehen sorgt, von Natalia Grabowska, Curator at Large für Architektur und ortsspezifische Projekte an der Serpentine Gallery in London. 

Kunstinstallationen am Art Parcours 

Während sich die Türen der Art Basel für die Öffentlichkeit erst am Donnerstag öffnen, kann der Art Parcours bereits am Montag ab 10 Uhr besucht werden. Er wird bereits das zweite Jahr in Folge von Stefanie Hessler vom Swiss Institute in New York kuratiert. Mehr als 20 ortsspezifische Kunstinstallationen im öffentlichen Raum sind entlang der Clarastrasse bis zum Rhein zu sehen.

Aber auch andere Orte in der Stadt werden bespielt: Besonderes Highlight ist die eigens für den Parcours konzipierte Arbeit auf dem Münsterplatz: eine grossangelegte Installation des Duos Hylozoic/Desires. Es besteht aus den Multimedia Performance-Künster*innen Himali Singh Soin und David Soin Tappeser. Die 80 Meter lange Textilarbeit «namak halal / namak haram» (2025) bezieht sich auf die Inland Customs Line – eine über 2500 Meilen lange Pflanzenhecke, die die britische Kolonialmacht in Indien errichtete, um Schmuggel zu bekämpfen und eine Salzsteuer zu erzwingen. 

Thomas Bayrle Art Basel
Regenmäntel von Thomas Bayrle beim Art Parcours in der Manor. (Bild: ©Thomas Bayrle. Courtesy the artist and neugerriemschneider, Berlin. Photo: Christian Roeder)

Auch in und um das ehemalige Hotel Merian herum findet Kunst statt. Die monumentale Videoarbeit der US-amerikanischen Konzeptkünstlerin Elaine Sturtevant, die einen unaufhörlich rennenden Hund zeigt, ist Teil einer Doppelprojektion im Tunnel unter dem Merian.

Und im Merian Saal zeigt der Schweizer Video- und Installationskünstler Shahryar Nashat eine Installation aus Fiberglas, durch die unaufhörlich Flüssigkeit gepumpt wird. Das Arrangement, das von Sylvia Kouvali präsentiert wird, «erinnert an einen fragmentierten Körper und kann als Reflexion über die Symbolik von Leben und Tod gelesen werden», sagt Isabelle Becker von der Kommunikationsstelle der Art Basel.

Ein weiterer Anziehungspunkt beim Parcours wird der Manor an der Rheingasse sein, wo in einem Pop-Up Store durchsichtige Regenmäntel (in limitierter Auflage) des deutschen Künstlers Thomas Bayrle mit seinen typischen, seriellen Superformen verkauft werden. 

Art Basel 2025
Die Art Basel wirbt mit dem orangenen ausgestopften Wal von Cosima von Bonin. (Bild: Valerie Wendenburg)

Knapp 300 Galerien

Ab Donnerstag stehen die Hallen der Art Basel dann dem breiten Publikum offen. Knapp 300 Galerien aus aller Welt – darunter 20 neue Galerien aus Europa, Asien und Amerika – präsentieren den Besucher*innen ihre Kunstwerke. Bei der Berliner Galerie Neu zum Beispiel finden sich dieses Jahr eine Reihe von Werken, die Humor mit Konzeptualismus vereinen.

Dazu gehört auch das Werk «Alpha Plus Mind, Gamma Minus Morals (Mae Day X) (2024)» der deutschen Künstlerin Cosima von Bonin. Der orangene ausgestopften Wal ist mit sechs deutschen Militärhörsesseln kombiniert und sicher einer der Hingucker an der Art. Auch eine minimalistische Skulptur, die ganz einfach aus einer Mülltonne besteht, ist am Stand der Galerie Neu zu finden. Das Kunstwerk «Untitled (Trashcan)» (2025) wurde von der schwedischen Performancekünstlerin Klara Lidén erschaffen.

M77 Gallery Art Basel
Nanda Vigos «Cronotopo» (1963) setzt Zeit und Licht in Relation. (Bild: M77 Gallery Milano)

Wer eine Leidenschaft für Linien hat, wird an der Pariser Polka Galerie fündig, die Werke der beiden Künstler Luigi Ghirri und Franco Fontana ausstellt. Die Fotografien der beiden Pioniere können im Zwiegespräch miteinander betrachtet werden. Eines der Werke ist Ghirris «Harlem» (1973), ein Foto, das eine Verbindung zwischen Fiktion und Realität herstellt. Interessant ist auch ein Besuch bei der Mailänder Galerie M77, die eine Auswahl von Werken der italienischen Künstlerinnen und Designerinnen Grazia Varisco und der verstorbenen Nanda Vigo aus den sechziger Jahren präsentiert. Beide setzen sich damit auseinander, wie Zeit und Licht mit den neuen Technologien dieser Zeit zusammenhängen. Dazu arbeiteten sie mit Licht und Glas, Magneten oder Spiegeln. 

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Martin Kippenberger stellte bereits 2007 in Graubünden sein Werk «Transportabler U-Bahn-Eingang» aus. (Bild: Wikipedia)

In der Messehalle 1.0 präsentiert auch in diesem Jahr die Art Unlimited überdimensionale Kunst. Kuratiert von Giovanni Carmine, Direktor der Kunst Halle Sankt Gallen, werden 67 grossformatige Installationen von etablierten und aufstrebenden Kunstschaffenden gezeigt. So auch Martin Kippenbergers Werk «Metro-Net». Ziel des deutschen Malers war es, ein weltumspannendes fiktives U-Bahn-Netz zu errichten. Dazu baute Kippenberger an verschiedenen Orten Eingänge und Lüftungsschächte von U-Bahn-Stationen, die aus funktionslosen Attrappen bestehen. Das Projekt wurde auch nach dem Tod des Künstlers 1997 fortgesetzt. Die Unlimited zeigt nun einen transportablen U-Bahn Eingang, als Teil der Metro-Net World Connection-Serie.

Claudio Vogt
How to Art Basel?

Wo trifft sich die gesamte Schweizer Szene der jungen Kunstschaffenden und welches Event ist dieses Jahr das angesagteste? Der Kunstkenner, Bebbi Zine-Mitgründer und Mediamanager der von Bartha Galerie Claudio Vogt hat uns die Insides rund um die Art-Woche verraten – inklusive Tipp, um gratis an die Art Basel zu kommen.

Zum Interview

Das Atelier Van Lieshout präsentiert «The Voyage – A March to Utopia» (2025), eine Installation, die das menschliche Streben nach Glück und Freiheit nachzeichnet und den Kreislauf des Lebens symbolisiert. Diese sehr grossformatige Arbeit, die über vier Jahre hinweg entstand, wird zur Art 2025 abgeschlossen und erstmals von der Galerie Krinzinger und OMR präsentiert – in Zusammenarbeit mit der Galerie Jousse Entreprise und der Galerie Ron Mandos.

Und es gibt noch eine weitere internationale Premiere: Das in Kairo ansässige Tanzkollektiv nasa4nasa, das mit «Sham3dan» (2024), eine 28- minütige Performance an der Art Unlimited zeigt. Am Donnerstag lädt die Unlimited Night ausserdem zu besonderen Performances ein, die während den verlängerten Öffnungszeiten betrachtet werden können.

Bis die Messehallen öffnen, braucht es nun noch etwas Geduld – die Zeit bis Donnerstag lässt sich aber gut mit dem Art Parcours und anderen Side-Events vertreiben.

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Valerie Wendenburg

Nach dem Studium, freier Mitarbeit bei der Berliner Morgenpost und einem Radio-Volontariat hat es Valerie 2002 nach Basel gezogen. Sie schreibt seit fast 20 Jahren für das Jüdische Wochenmagazins tachles und hat zwischenzeitlich einen Abstecher in die Kommunikation zur Gemeinde Bottmingen und terre des hommes schweiz gemacht. Aus Liebe zum Journalismus ist sie voll in die Branche zurückgekehrt und seit September 2023 Redaktorin bei Bajour. Im Basel Briefing sorgt sie mit ihrem «Buchclübli mit Vali» dafür, dass der Community (und ihr selbst) der Lesestoff nicht ausgeht.

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