Ein kleiner Schritt zum Demofrieden?
Im Bewilligungsverfahren für Demonstrationen ist die Datenaufnahme eine Hemmschwelle für Gesuchsteller*innen. Die Kantonspolizei verzichtet deshalb neu auf das Kopieren der ID.
Am Frauentag blieb es in diesem Jahr recht friedlich, wie die Polizei nach der Demo vom 8. März bilanziert (Bajour berichtete). Die vielkritisierten Szenen aus dem vergangenen Jahr – Einkesselung und Gummischrot – wiederholten sich nicht. Und das, obwohl die Demonstration wie schon auch 2023 nicht bewilligt war.
Die Bewilligungspflicht sorgt rund um den Frauentag immer wieder für Debatten. Vor drei Jahren forderte die Basta-Grossrätin Heidi Mück sogar die Abschaffung der Bewilligungspflicht, die Polizei solle lediglich mit einer Anmeldung arbeiten. Die Bewilligung ist für die Polizei jedoch zentral, um den Aufwand abzuschätzen und die Verkehrsmassnahmen zu planen.
Was einige Demonstrationswillige vom Bewilligungsgesuch abhält, ist die Sorge, dass die Daten gespeichert und an den Staatsschutz weitergereicht werden könnten. In dieser Hinsicht versucht die Kantonspolizei nun, diese Hürde tiefer anzusetzen. Pressesprecher Stefan Schmitt sagt, dass Ausweiskopien neu nicht mehr in den Gesuchsunterlagen gespeichert werden. «Uns ist bewusst, dass dies nur ein kleiner administrativer Schritt ist, aber wir versuchen jede Gelegenheit zur Vertrauensbildung zu nutzen.»
Die unbewilligte Demonstration am 8. März zog laut und friedlich durch die Stadt. Die Polizei riegelte die Innenstadt ab – und die Demonstrant*innen suchten sich einen anderen Weg.
Basta-Grossrat Nicola Goepfert hat erst jüngst online ein Gesuch im Bewilligung eingereicht: «Noch immer musste man dort eine Kopie des Ausweises hochladen.» Die Polizei verweist darauf, dass diese Funktion weiter vorhanden ist, «da dies die einfachste Form der Identifizierung ist». Für Goepfert stellt sich die Frage, weshalb dann überhaupt der Ausweis gebraucht werde, wenn man ihn nicht speichere. «Und warum muss man überhaupt mit einem Ausweis identifiziert werden, um ein Gesuch einzureichen? Das könnte doch auch anonym passieren. Wichtig aus Sicht der Polizei ist ja vorallem, dass sie eine Ansprechperson haben.»
Schmitt sagt, dass solche Massnahmen für die Mehrheit der Gesuchsteller*innen eh keine Rolle spielen. Doch auch beim kritischen Rest will die Polizei Vertrauen aufbauen. Es bleibt die Frage: Gelingt ihr das?
Basta-Grossrat Goepfert sagt, dass die Ausweiskopie einer von mehreren Faktoren ist, die bei einer Bewilligung abschreckend wirken können. «Man kann diese Faktoren minimieren aber schlussendlich wird es immer noch die politische Ebene geben: Dass man per se nicht die Bewilligung einholen will für eine Demonstration.»
So hätten auch im Fall der Frauentags-Demo die niedrigeren Hürden nichts daran geändert, dass man keine Bewilligung eingeholt hat. Die Demo-Organisator*innen von Rabia, dem Revolutionäre Antipatriarchalen Bündnis Basel, begründen auf Instagram: «Eine Bewilligung bedeutet, mit der Polizei in den Diskurs zu treten, Kompromisse einzugehen und sie damit weiter in ihrer Machtposition zu unterstützen. Unsere Forderungen lassen keinen Raum für Kompromisse.»
Bei der Frage des Tages diskutieren wir darüber, ob du Verständnis für die Sorgen der Gesuchsteller*innen hast. Oder findest du: Demos sollten in jedem Fall eine Bewilligung einholen? Stimm ab und diskutier mit.
Das hat auch schon für Kritik gesorgt. So schreibt eine Person, dass ohne Bewilligung gewisse Gruppen von der Demonstration ausgeschlossen werden würden, die sonst auch gerne teilnehmen würden. Zum Beispiel Personen mit Behinderung, ohne gesicherten Aufenthaltsstatus oder die aus anderweitigen Gründen Angst vor Auseinandersetzungen mit der Polizei an einer unbewilligten Demo haben.
Nicola Goepfert sagt: «Man kann das blöd finden, dass keine Bewilligungen eingeholt werden. Im Endeffekt ist es egal, wenn es um den grundrechtlichen Schutz von Demonstrationen geht: Unbewilligte Demos sind nicht illegal, sondern genauso grundrechtlich geschützt wie die bewilligten.»
Genau dagegen will die Basler SVP mit ihrer «Anti-Chaot*innen-Initiative» vorgehen: Sie soll sicherstellen, dass unbewilligte Demos auch nicht stattfinden – darüber hinaus sollen die Kosten für Sachbeschädigungen an einer Demonstrationen den Veranstalter*innen aufgehalst werden (Bajour berichtete). Die gleichformulierte Schwester-Initiative im Kanton Zürich wurde jüngst an der Urne abgelehnt – aber dafür der abgeschwächte Gegenvorschlag angenommen.
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