FDP gibt SVP wieder einen Korb
Eine Gruppe rund um die Freisinnige Saskia Frei wollte der SVP mittels Listenverbindung zu einem Sitz verhelfen. Der Angriff scheiterte.
Manchmal muss man etwas sagen, nur damit es gesagt ist.
Nach diesem Motto stellte sich FDP-Parteigrösse Saskia Frei vor den Freisinn in der Safran Zunft und votierte für eine Listenverbindung zwischen der FDP und der SVP bei den Nationalratswahlen im Herbst. «Ich bin stolz, sind wir hier unter Freisinnigen. Wir können eine Diskussion führen, ohne den Konkurrenten anzupöbeln», sagte Frei. Dass Basel eine SVP-freie Zone sein müsse, «ist eine Idee der erweiterten Familie Eymann-von-Falkenstein», sagte sie mit Blick auf die LDP.
Sie ist die traditionelle Wahlpartnerin der FDP und hatte sich kürzlich einmal mehr mit harschen Worten gegen eine Zusammenarbeit mit der SVP ausgesprochen (Stichwort «Sauhaufen»). Frei fand nun: «Eine solche SVP-freie Zone kann die LDP den Freisinnigen nicht aufzwingen.» Ihre Argumentation: Mit der SVP zusammen könne man einen zweiten bürgerlichen Sitz holen – zusätzlich zu jenem der LDP von Patricia von Falkenstein. Ohne Zusammenarbeit mit der SVP mache die Linke hingegen einen dritten Sitz.
Die Kandidierenden
Frei glaubt nicht, dass die FDP mit der jetzigen, angeblich «starken Liste» eine Chance hat, einen Sitz zu machen. Es kandidieren:
- Tamara Alù (Präsidentin FDP-Frauen, Politikchefin Gewerbeverband)
- Johannes Barth, (FDP-Präsident, Banker)
- Eva Biland (Gemeinderätin Bettingen, Ärztin)
- Baschi Dürr (abgewählter Regierungsrat, CEO Uptown)
«Keiner dieser Kandidaten hat ein politisches Mandat», sagte Frei. «Das ist ein grosser Nachteil.» Sie wurde dann später korrigiert, Biland sei Gemeinderätin in Bettingen. Frei kritisierte weiter, es gebe Stimmen, die es nicht schlau fänden, mit Dürr einen abgewählten Regierungsrat auf die Liste zu setzen. «Ich finde es schlau, weil einer, der so auf den Deckel bekommt und wieder aufsteht, der hat Nehmerqualitäten.» Aber: Baschi Dürr ist für das Ausländerstimmrecht. «Das kann einen bürgerlichen Wähler zum Nachdenken bringen.»
Dürrs liberale Position zum Ausländer*innenstimmrecht beschäftigt Frei schon seit zehn Jahren. 2012 stellte sie sich unter anderem deswegen gegen seine Regierungskandidatur.
Mit ihren Worten fuhr Frei aber auch der Parteileitung und ihrer Strategie an den Karren. Dabei bekam sie Unterstützung von bekannten Freisinnigen wie Christophe Haller (den sie gerne 2012 statt Dürr als Regierungskandidat gesehen hätte) oder Peter Bochsler.
Die Gruppe wusste von Anfang an, dass sie scheitern würde. Richtiges Lobbying, das es für einen erfolgreichen Angriff brauchen würde, versuchten sie erst gar nicht. Es ging mehr darum, auf den Tisch zu hauen.
«Saskia (Frei) empfiehlt uns den Winkelried zu spielen, als Ex-Präsidentin von Exit liegt ihr das auch nahe.»David Jenny
Grossrat David Jenny widersprach mit gewohnter Spitze: «Saskia empfiehlt uns den Winkelried zu spielen, als Ex-Präsidentin von Exit liegt ihr das auch nahe.» Gehe man mit der SVP, sei man bloss deren Juniorpartner und bekomme das in der Stadt auch zu hören.
Und der Grossrat und ehemalige Parteipräsident Luca Urgese gab zu bedenken, die FDP habe zur SVP in vielen Dossiers inhaltliche Differenzen. Ausserdem steche die SVP «einem bei erster Gelegenheit das Messer in den Rücken, wenn es wirtschaftspolitisch schwierig wird», sagte Urgese in Anspielung auf die CS-Übernahme. Die SVP Schweiz liess gestern verlauten, die Krise gehe auch aufs Konto des «FDP-Filzes», Basler Grossrat Joël Thüring teilte den Tweet.
Die Mehrheit der FDP sprach in der Safran Zunft wie erwartet der Parteileitung ihr Vertrauen aus und votierte mit 49 Ja- zu 12 Nein-Stimmen und 7 Enthaltungen für eine Listenverbindung mit EVP, GLP, Mitte und LDP. Und ohne SVP.
Es wird ein schwieriger Wahlkampf für die FDP. Sie hat dafür rund 80’000 Franken budgetiert, wie es an der GV hiess. Baschi Dürr will kämpfen und seine Partei mitreissen: «Es ist nicht immer gleich en vogue, für Werte wie Selbstverantwortung und Freiheit, auch für eine liberale Finanzmarktregulierung, einzustehen.» Aber die FDP dürfe nicht durch die Weltgeschichte laufen und denken, «Gott, wir haben keine Chance. (...) Horribile dictu, sogar der Dürr ist auf der Liste, mit dem lässt sich keine Wahl gewinnen. Ich glaube, wir werden einen Sitz gewinnen.»
Ansonsten war viel Einigkeit: Die FDP beschloss die Ja-Parolen zur OECD-Steuerreform und dem Gegenvorschlag der Gletscherinitiative und wählte den Freisinnigen Shootingstar Tamara Alù zur Vizepräsidentin der FDP (Bajour hat sie einmal porträtiert).
Basel-Stadt verliert einen Sitz im Nationalrat und hat in Zukunft nur noch vier. Jetzt rechnen die Parteien (wie immer) aus, mit welchen Listenverbindungen sie die grössten Chancen haben. Auf bürgerlicher Seite will man eine Listenverbindung von LDP, FDP, Mitte/ EVP und GLP. Die SVP soll aussen vor bleiben.
Die FDP hofft, so nicht nur den Sitz der bisherigen Nationalrätin Patricia von Falkenstein zu verteidigen, sondern auch mit Baschi Dürr einen eigenen Sitz zu holen – auf Kosten der bisherigen Katja Christ von der GLP. Ein schwieriges Unterfangen, die FDP müsste dafür zulegen.
Die GLP wiederum hofft, mit der Listenverbindung ihren Sitz zu sichern. Diesen hat sie vor vier Jahren nur dank einer Unterlistenverbindung geholt, welche bei dieser Wahl nicht mehr erlaubt ist.
Die SVP wird ausgeschlossen. Wäre sie als zweitgrösste bürgerliche Partei* mit im Boot, könnten sich wohl sowohl FDP und auch die GLP einen Sitz abschminken. (afo)