Crashkurs Bürger(*innen)gemeinderat

Im Juni sind Bürgergemeinderatswahlen. Was ist das eigentlich für ein Gremium? Wer darf es wählen? Warum hast Du keine Wahlunterlagen bekommen, obwohl Du hier wohnst? Hast Du das Basler Bürgerrecht? Du verstehst nur Bahnhof? Bitte hier entlang.

Blick in den Bürgergemeinderatssaal
Hinter dieser Tür im Basler Stadthaus trifft er sich, der Bürgergemeinderat.

Steht bei Dir im Pass oder auf der ID «Heimatort: Basel»? Dann bist Du, zusammen mit etwa 200’000 anderen Personen Teil der Bürgergemeinde Basel bzw. eigentlich müsste es ja Bürger*innengemeinde heissen. Doch was bedeutet das eigentlich? Kann jede*r Basler Bürger*in werden? Und was hat es mit den anstehenden Bürgergemeinderatswahlen auf sich? In diesem Q&A findest Du die Antworten.

Was ist eine Bürgergemeinde?

In der Schweiz gibt es in jedem Kanton Einwohner*innengemeinden (auch genannt: politische Gemeinde). Im kleinen Kanton Basel-Stadt sind das Basel, Riehen und Bettingen. Diese Einwohner*innengemeinden sind – Obacht – nicht das gleiche wie die Bürgergemeinden. In Basel-Stadt besteht auf dem Gebiet aller drei Einwohnergemeinden auch eine Bürgergemeinde. In anderen Kantonen, zum Beispiel in Genf, Neuchâtel oder Schwyz, gibt es keine Bürgergemeinden mehr. Ob es sie gibt und was ihre Aufgaben sind, unterscheidet sich also je nach Kanton. Mehr dazu erfährst du zum Beispiel im Historischen Lexikon der Schweiz.

Was ist die Bürgergemeinde Basel?

Basel ist mit 200’000 Bürger*innen die grösste Bürgergemeinde der Schweiz. Unter ihrem Dach befinden sich zwei bekannte Basler Institutionen: das Bürgerspital und das Waisenhaus.

  • Bürgerspital
    Das Bürgerspital ist eine Institution der Bürgergemeinde ...
  • Waisenhaus Basel
    ... genau so wie das Bürgerliche Waisenhaus Basel.

Zu den wichtigsten Aufgaben der hiesigen Bürgergemeinde gehören ausserdem Einbürgerungen: Wer in Basel die Schweizer Staatsangehörigkeit erlangen möchte, kommt mit der Bürgergemeinde in Kontakt. Sie führt den Prozess durch und entscheidet über die Einbürgerungsgesuche. Die Bürgergemeinde ist ausserdem zuständig für die Waldbewirtschaftung mittels eines eigenen Forstbetriebs, für die Aufsicht über die Christoph Merian Stiftung und die Verwaltung weiterer Stiftungen sowie dafür, die Basler Zünfte und Gesellschaften zu beaufsichtigen.

Übrigens: Im Gegensatz zur Einwohnergemeinde verfügt die Bürgergemeinde über keine Steuereinnahmen.

Forstbetrieb der Bürgergemeinde der Stadt Basel  in BIRSFELDEN am Dienstag, 28. Juni 2016. © Photo Dominik Pluess
Der Forstbetrieb der Bürgergemeinde bewirtschaftet rund 700 Hektar Wald.

Bürgerort, Heimatort, Wohnort – was ist was?

Der Bürger- oder Heimatort muss nicht zwingend mit deinem Wohnort übereinstimmen. Das heisst: Du kannst Basler Bürger*in sein, ohne hier zu wohnen. Bei Schweizer*innen wird der Heimatort vom Vater oder der Mutter an die Kinder vererbt. So kann es also sein, dass du seit Jahren in Oberwil wohnst, deine Kindheit in Riehen verbracht hast, im Kinderspital in Basel geboren wurdest, aber dein Heimatort trotzdem Kaff XY im Oberwallis ist.

Wie wird man Basler Bürger*in?

Entweder per Geburt – wenn der Heimatort des Vaters / der Mutter auch schon Basel war – oder durch Einbürgerung. Schweizer*innen, die seit mindestens zwei Jahren in der Stadt Basel wohnen, können sich um das Basler Bürgerrecht bewerben (weitere Voraussetzungen sind: keine groben Gesetzesverstösse und keine Schulden). Aktuell kostet das 500 Franken.

Ebenfalls Basler Bürger*in werden können Ausländer*innen, die hier die Schweizer Staatsangehörigkeit erlangen. Für sie gelten weitere Voraussetzungen (wie z. B. Niederlassungsbewilligung C, zehn Jahre Aufenthalt in der Schweiz und mindestens seit zwei Jahren in Basel wohnend, «erfolgreich integriert» sein).

Bürgerbriefübergabe Bürgergemeinde
Eine Familie nach der Bürgerbriefübergabe im Stadthaus.

Was passiert am 18. Juni?

Am 18. Juni sind Erneuerungswahlen des Bürgergemeinderats. Dieser Rat besteht aus 40 Personen und bildet ein Parlament auf Ebene der Bürgergemeinde – so wie der Grosse Rat das Parlament des Kantons bildet. Während der Regierungsrat die Exekutive des kantonalen Parlaments ist, kennt auch der Bürgergemeinderat ein oberstes leitendes und vollziehendes Organ: den Bürgerrat. Dieser wird durch den Bürgergemeinderat gewählt.

Für eben diesen Bürgergemeinderat stellen sich rund 300 Personen auf neun Listen aller grösseren Parteien zur Wahl. Alle Wahlberechtigten erhalten die Wahlunterlagen per Post zugeschickt.

Wer ist in der Bürgergemeinde wahl- und stimmberechtigt?

Auch wenn du Basler Bürger*in bist, heisst das nicht automatisch, dass du stimm- und wahlberechtigt bei Angelegenheiten der Bürgergemeinde bist. Das sind nämlich nur diejenigen Basler Bürger*innen, die hier wohnen und über 18 Jahre alt sind. Von den rund 200’000 Basler Bürger*innen sind es deshalb nur knapp ein Viertel, rund 50’000 Personen.

Stadthaus Bürgergemeinde
Das Basler Stadthaus in der Innenstadt ist der Sitz der Bürgergemeinde.

Wie viel Macht hat der Bürgergemeinderat im Vergleich zum Grossen Rat?

«Verglichen mit dem Grossen Rat hat der Bürgergemeinderat wenig Macht», gibt Patricia von Falkenstein zu. Die LDP-Nationalrätin ist aktuell Statthalterin im Bürgergemeinderat, von 2006 bis 2020 war sie Grossrätin – sie kennt die beiden Basler Räte von innen. «Der Bürgergemeinderat macht keine Gesetze und er hat auch kein Geld, das reinkommt und das man dementsprechend ausgeben könnte», sagt sie. Trotzdem findet sie es richtig, dass Institutionen wie das Bürgerspital, das Waisenhaus oder der Forstbetrieb von Personen beaufsichtigt und unterstützt werden, die aus verschiedenen politischen Ecken kommen. «Es hat seine Berechtigung, dass ein Parlament diese wichtigen Sachen begleitet, und nicht nur der Bürgerrat oder zum Beispiel einfach ein dreiköpfiger Verwaltungsrat», findet sie.

Auf die Frage, ob nicht der Grosse Rat – der immerhin von der ganzen Basler Stimmbevölkerung gewählt wird – diese Aufgaben übernehmen könnte, antwortet sie indes, es brauche den Bürgergemeinderat, «weil die Institutionen eben der Bürgergemeinde gehören und weder der Stadt noch dem Kanton, darum ist es auch richtig, dass es ein eigenes Parlament gibt, das von den Basler Bürgerinnen und Bürgern gewählt wird».

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