Bürgerlicher Schulterschluss – inklusive SVP

Die bürgerlichen Parteien machen gemeinsame Sache. Mit gleich zwei Kandidaten greifen FDP, LDP, Mitte und SVP ins Rennen um die Regierungsratswahlen ein: Conradin Cramer (LDP) will das Regierungspräsidium übernehmen und Luca Urgese (FDP) tritt als Regierungsrat an.

Luca Urgese Conradin Cramer
Luca Urgese und Conradin Cramer gehen für die Bürgerlichen gemeinsam ins Rennen.

Zwei Tage vor Weihnachten sind die Vertreter*innen der bürgerlichen Parteien positiv gestimmt. Conradin Cramers Elch-Krawatte und Particia von Falkensteins Weihnachtsbrosche stechen ins Auge. Im Mittelpunkt aber stehen nicht die anstehenden Festtage, sondern der Wahlkampf. 

In der Regierung gibt es einen Sitz zu besetzen und das Regierungspräsidium ist nach der Wahl von Beat Jans in den Bundesrat vakant. Die Bürgerlichen greifen mit zwei Kandidaten an: Der ehemalige FDP-Präsident Luca Urgese will in den Regierungsrat einziehen und der Elch-Krawatten-bekleidete Erziehungsdirektor Conradin Cramer möchte Beat Jans in seiner Funktion als Regierungsratspräsident beerben. 

Bemerkenswert dabei: Die Bürgerlichen FDP, LDP und die Mitte wagen den Schulterschluss mit der SVP. Patricia von Falkenstein (LDP), Balz Herter (Die Mitte), Eva Biland (FDP) und Pascal Messerli (SVP) stellten sich an der Medienkonferenz mit klaren Worten geschlossen hinter das Kandidaten-Team. Messerlis SVP verzichtet auf eine eigene Kandidatur. 

Luca Urgese
Möchte in den Regierungsrat: Luca Urgese.

Urgese stellt seine Herkunft und den Migrationshintergrund seiner Familie an den Beginn seiner Ansprache – ein geschickter Schachzug des ehemaligen FDP-Präsidenten, um sich auf Augenhöhe mit dem bereits nominierten SP-Kandidaten Mustafa Atici zu begeben. 

Für Urgese ist Politik ein Handwerk, in dem es darum gehe, «neue Ideen in Formen zu giessen und  Mehrheiten über politische Lager hinaus zu schaffen». Er habe ein Gespür dafür, wo die Mehrheiten liegen, sagt der FDP-Grossrat. Ausserdem gibt er sich beharrlich und bemüht eine oft gebrauchte Floskel: «Politik ist kein Sprint, Politik ist ein Marathon.». Dass seine Kandidatur nun von vier Parteien unterstützt werde, sei ein Zeichen dafür, dass er kompromissbereit sei und stets die Sache im Blick habe. Als Beispiel dafür nannte er den Basler Steuerkompromiss (2023) oder das Klima-Vorstosspaket (2021) der Spezialkommission, die er mit ausgehandelt habe. 

Es sei ihm bereits in seiner früheren Funktion als Parteipräsident der Basler FDP gelungen, die Zusammenarbeit unter den bürgerlichen Parteien zu stärken. Während seiner Zeit im Grossen Rat war der 37-jährige Jurist Mitglied in den Kommissionen für Bildung und Kultur sowie Justiz, Sicherheit und Sport. 

Conradin Cramer
Möchte Regierungspräsident werden: Conradin Cramer.

Luca Urgese und Conradin Cramer betonen, sie seien ein «gutes Team» und würden sich schon lange kennen. Cramer, der bereits seit sieben Jahren im Regierungsrat ist und nun gerne deren Präsident sein möchte, betont: «Ich stehe für Kontinuität.» Das Erziehungsdepartement würde Cramer im Falle seiner Wahl abgeben, was aber nicht heisst, dass er genug von seinem jetzigen Amt hat, denn: «Es gibt dort noch grosse Herausforderungen und die Arbeit ist hochspannend.» Vorerst aber hat Cramer andere Ziele: «Ich möchte Regierungspräsident für alle sein: Für die Bürgerlichen, die Linken, für die, die nicht wählen dürfen und für die, die sich nicht für Politik interessieren.» 

Cramer betont auch seine Freude an der Kultur: «Basel leuchtet gegen aussen und innen. Nun gilt es, ein neues Kulturleitbild und eine Museumsstrategie zu realisieren.» Als Regierungspräsident würde er sich zudem des «unbefriedigenden Themas Wohnen» annehmen: «Es müssen dringend mehr Investitionen im Kanton getätigt werden.» 

SVP, Mitte, FDP, LDP
Pascal Messerli (SVP), Eva Biland (FDP), Luca Urgese (FDP), Conradin Cramer (LDP), Patricia von Falkenstein (LDP) und Balz Herter (Mitte) an der Medienkonferenz im schönen Raum mit dem unhandlichen Namen Pfister Werkstatt by Krafft Basel.

Die geschlossene Reihe der Bürgerlichen steht nun der gespaltenen Linken gegenüber. Die GLP erhebt aktuell keinen Anspruch auf einen zweiten Sitz in der Regierung und verzichtet daher auf eine Kandidatur. Auch GLP-Regierungsrätin Esther Keller steht für das frei werdende Präsidialdepartement nicht zur Verfügung. Die Partei legt ihren Fokus auf die im Herbst anstehenden Gesamterneuerungswahlen, bei der sie den Sitz von Esther Keller bestätigen will. Unterstützt die GLP die bürgerlichen Kandidaten? Patricia von Falkenstein sagt: «Wir sind offen, mit der GLP zusammenzuarbeiten. Sie ist aber nun am Zug. Wenn sie hinter uns Bürgerlichen steht, würde uns das einen noch grösseren Schub geben.» 

Eine breite Allianz ist wichtig

Der Wahlkampf hat begonnen, Ferien gibt es für die Kandidaten keine: Cramer und Urgese möchten in den kommenden zwei Wochen vermehrt «auf die Leute zugehen und zeigen, dass wir ein Team sind». Sehen sie die Differenzen zwischen den linken Parteien als einen Vorteil für die Bürgerlichen? Die Antwort von Luca Urgese fällt diplomatisch aus: «Eine breite Allianz ist wichtig. Wenn man sich aufteilt, wachsen die Chancen sicher nicht.»

Dieser Ansicht ist auch Pascal Messerli, der sagt: «Mit Blick auf die Zukunft hilft es uns, wenn wir zusammenarbeiten.» Deshalb sei auch der Zusammenschluss der Bürgerlichen so wichtig. «Wir reichen uns die Hand, alleine können wir nicht mal einen Blumentopf gewinnen.» Die Parteien seien froh, sich auf ein gemeinsames Ticket geeinigt zu haben. Es werde angestrebt, diese auch bei den Gesamterneuerungswahlen im Herbst 2024 fortzusetzen. 

SVP Mitte FDP LDP
Zusammenschluss der Bürgerlichen.

Die Nomination der beiden Kandidaten müssen die Parteibasen von FDP, LDP und Mitte noch absegnen, die SVP hat die Nomination bereits im Vorstand abschliessend entschieden. «Aus Zeitgründen war es nicht möglich, noch eine Versammlung abzuhalten. Das ist aber auch kein aussergewöhnliches Vorgehen», sagt Pascal Messerli. 

Auf linker Seite entscheiden die Grünen am 7. Januar bei ihrer Mitgliederversammlung, ob sie definitiv, wie vom Vorstand vorgeschlagen, Jérôme Thiriet ins Rennen schicken. Bei den Ersatzwahlen für den Regierungsrat am 3. März wird sich zeigen, ob sich die Linken gegen die breit demonstrierte Front der Bürgerlichen durchsetzen können.

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