Dieses Paar wartet auf seine persönliche Lockerung
Pilar Reguero und Michele Parisi verfolgen die Geschehnisse in ihren Heimatländern vom Kleinbasel aus. Gern würden sie ihre Verwandten in die Arme schliessen. Doch das kann noch lange dauern. Dasselbe gilt für die Wiedereröffnung von Parisis Restaurant.
Einen neuen Haarschnitt wird's geben. Ansonsten ändert die Lockerung des Lockdowns für Pilar Reguero (69) und Michele Parisi (70) wenig. Die beiden müssen sich gedulden, bis die Krise auch für sie persönlich überstanden ist. Das ist sie erst, wenn die Grenzen öffnen.
Die Spanierin und der Italiener sind seit Jahrzehnten ein Paar. Das halbe Jahr verbringen sie zusammen. Pilar Reguero lebt im südspanischen Marbella, wo sie als Lehrerin gearbeitet hat. Michele Parisi wohnt schon mehr als sein halbes Leben in seinem geliebten Basel. Zusammen mit Robert Schroeder führt er das Restaurant Zum Schmale Wurf am Rhein.
Pilar Reguero wäre eigentlich längst wieder in Spanien. Doch die Grenzen gingen zu, bevor sie Basel verlassen konnte. Den Lockdown verbringt das Paar in Michele Parisis Wohnung am Claragraben. «Trotz allem geniessen wir die Zeit zu zweit», sagt Parisi. Während sie viel lese, «kann ich stundenlang an die Decke schauen», lacht er. Ausserdem gehen sie täglich spazieren.
Der Kontakt zur Familie ist ihnen wichtig. «Ich telefoniere täglich mit meiner Schwester und meinem Bruder, zum Glück sind die beiden bisher gesund», sagt Pilar Reguero. In Madrid, wo ihre Geschwister leben, gilt eine strenge Ausgangssperre. Nicht zu vergleichen mit der Situation in der Schweiz. Und trotzdem: «Ich habe Heimweh.» Sie hat einen Flug für Mai gebucht, glaubt aber nicht, dass das Flugzeug dann abheben wird.
Auch Michele würde seine Familie in Sizilien gern sehen. Insbesondere seinen 20 Jahre jüngeren Bruder Claudio, der das Down Syndrom hat und die Krise nicht begreift. «Wie auch, wenn es schon für uns schwierig ist, zu verstehen, was geschieht?», fragt Parisi. Claudio lebt bei einer Tante und besucht sonst eine Schule für Behinderte. Die Brüder hören sich regelmässig.
«Werden die Menschen weitermachen wie bisher? Länder bombardieren, Unschuldige töten, die Natur zerstören?»Michele Parisi
Michele Parisi wartet nicht nur auf die Öffnung der Grenzen, sondern auch darauf, seine Beiz wieder eröffnen zu können. «Der Frühling ist die wichtigste Zeit für uns», sagt er. Doch statt Gäste zu bedienen, verbringen er und sein Team die Zeit damit, das Lokal gründlich zu putzen und die Wände zu streichen. «So sauber war es in den vergangenen 20 Jahren nie!» Er hofft, bald wieder Leute empfangen zu können, da es sonst auch finanziell dramatisch werde. Er arbeitet er auch mit 70 Jahren noch, um den Lebensunterhalt seines Bruders finanzieren zu können. «Und weil ich gern in Gesellschaft bin», sagt er.
Hoffnung auf eine bessere Welt
Pilar Reguero und Michele Parisi wissen trotz allem, dass es ihnen vergleichsweise gut geht. Vor allem mit Blick auf Spanien und Italien. Parisi macht die «Populisten» in seinem Land mitverantwortlich für die desaströse Krise. «Die haben 35'000 Spitalbetten abgebaut, das muss man sich vorstellen», sagt er. «Und das Schlimme ist: Die Leute wählen sie wieder.»
Wenn die beiden bei einem Glas Wein auf ihrer Terrasse sitzen und diskutieren, fragen sie sich, ob die Krise etwas Gutes hat. «Werden die Menschen weitermachen wie bisher? Länder bombardieren, Unschuldige töten, die Natur zerstören?» Eine Antwort haben sie nicht. Zu sehr sind sie mitten drin. Sie mehr als andere. Mittendrin und trotzdem zufrieden. Denn dieses Jahr haben sie sich mehr als ein halbes Jahr.
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Dies ist der letzte Teil einer Mini-Serie über ältere Menschen aus der Region in der Quarantäne.
Bisher erschienen:
– Doris und Gianni Suter aus dem Gundeli
– Isabelle Villard aus dem St. Johann
– Christoph Suter
aus der Steinenvorstadt