Karibik-Feeling auf der Hochhaus-Dachterrasse

Dem Hypochonder Christoph Suter macht Corona weniger Angst als andere Krankheiten. Schliesslich hat er die Malaria überlebt. Und auch sonst ist er gewappnet.

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Aus dem neunten Stock des Heuwaage-Hochhauses entgeht Christoph Suter nichts.
Aus dem neunten Stock des Heuwaage-Hochhauses entgeht Christoph Suter nichts. (Bild: Roland Schmid)

«Als der Bundesrat den Lockdown bekannt gab, war für mich klar: Ich hab es!» Doch das Fieberthermometer stieg nicht über 36,2 Grad. Christoph Suter war und ist gesund. Er hat zwar ein Augenleiden und sieht fast nichts mehr, sonst aber ist er ein rüstiger Rentner, wie man so schön sagt. Schlank, keine Vorerkrankungen, sportlich. Und ein Hypochonder dazu.

«Lustigerweise macht mir Corona weniger Angst als viele andere Krankheiten», sagt er. Vinylhandschuhe hatte er vorher schon genug zu Hause und auch Schutzmasken und Desinfektionsmittel gehören seit jeher in seinen Schrank. Die Hände wasche er im Moment ständig und zwar immer mindestens eine Minute lang: «Sie sind inzwischen derart ausgetrocknet, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben Handcrème kaufen muss. Steht schon auf der Einkaufsliste.» Das ist neu, eine Einkaufsliste. «Früher habe ich bei jedem Einkauf mindestens ein Produkt vergessen und musste in den Laden zurück.» Jetzt aber achte er darauf, dass er bei allerhöchstens zwei Einkäufen pro Woche an alles denke.

«Wenn ich das Fenster öffne, bekomme ich Panik, so still ist es in der Steinenvorstadt.»
Christoph Suter

Der Pensionär wohnt im neunten Stock des Heuwaage-Hochhauses. «Wenn ich das Fenster öffne, bekomme ich Panik, so still ist es in der Steinenvorstadt.» In knapp einem Monat wird er 72 Jahre alt. «Ich gehöre klar zur Risikogruppe, fühle mich aber nicht alt deswegen», sagt er. Wie immer schläft er bis um 11 Uhr, doch statt wie sonst ins Krafttraining oder ins Aquafit geht er am Nachmittag auf die Dachterrasse «sünnele». Eine 85-jährige Nachbarin begleitet ihn. Sie machen ein Wettrennen, wer schneller braun wird. Suter behauptet, er sei braungebrannter: «Ich sehe aus, als käme ich aus der Karibik. Bloss bringt mir mein Teint jetzt nichts.»

Warten auf den Antikörpertest

Als er 40 Jahre alt war, hat er Malaria überlebt. «Und zwar die schlimme Version, die Malaria tropica», präzisiert er und klingt fast ein bisschen stolz. «Der Arzt sagte mir, er sei nicht sicher, ob ich ein Pferd oder ein Mensch sei.» Wenn Suter gestresst ist, weil er eine neue Krankheit befürchtet, bekommt er immer gleich eine Fieberblase, sagt er. «Auch nach der Lockdown-Bekanntgabe, zack, hatte ich wieder Herpes. Gleich zwei Mal.» Gesund ist er trotzdem. Die Gefahr, sich anzustecken, sei minim, meint er. Mit der Nachbarin hält er auf dem Dach Abstand, zum Einkaufen zieht er Handschuhe an, spazieren tut er allein. «Einen Mundschutz trage ich nie, er würde mich in falscher Sicherheit wiegen.» Abstand lautet die Devise.

«Das eingeschränkte Leben belastet mich nicht.»
Christoph Suter

Während andere Menschen auf die Rückkehr der Normalität warten, interessiert Suter viel mehr, wann der Antikörpertest erhältlich sein wird. «Ich habe meinen Hausarzt schon zwei Mal angerufen, leider musste er mich vertrösten, die Tests seien noch nicht eingetroffen.» Das eingeschränkte Leben belaste ihn nicht, sagt er. «Ich bin ja auch sonst allein, einen grossen Unterschied macht es nicht, ausser, dass ich keinen Sport treiben kann.» Als die Personenwaage nach einer Woche Lockdown ein Kilo mehr angezeigt habe, sei er erschrocken. «Seither mache ich Liegestützen im Wohnzimmer. Das Kilo ist wieder weg.»

Er hofft, Corona bereits hinter sich zu haben. Der Test wird es zeigen. «Und dann bewerbe ich mich im Spital, die brauchen vielleicht einen, der Betten herumschiebt oder so.»

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Dies ist Teil 3 einer Mini-Serie über ältere Menschen aus der Region in der Quarantäne.

Bisher erschienen:

Doris und Gianni Suter aus dem Gundeli

Isabelle Villard aus dem St. Johann

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Martina Rutschmann

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