Ein Claramarkt ist kein Allheilmittel
Mit dem neuen Markt, der am kommenden Samstag zum ersten Mal am Rande des Claraplatzes stattfindet, soll das Kleinbasel aufgewertet werden. Das Drogenproblem dürfte dadurch kaum entschärft werden.
Laut und wuselig – so stellt man sich einen multikulturellen Markt vor. Menschen, die sich ungeduldig durch das Angebot wühlen und sich mit ihren vollen Tüten aneinander vorbeidrücken. Ab kommendem 22. März soll es soweit sein: Jede Woche samstags von 8 bis 13 Uhr findet neu der als multikulturell angepriesene Claramarkt im Kleinbasel statt. Ob er hält, was das Klischee verspricht? Mal sehen.
Vor der Clarakirche und auf dem Schulhof sollen frische und gleichzeitig erschwingliche Produkte feilgeboten werden. Auch Marktleute aus dem Elsass und dem Badischen werden anreisen, um ihr Obst und Gemüse einer breiten Bevölkerung zu verkaufen. Die Stadt Basel dürfte das Projekt über den Stadtbelebungsfonds während drei Jahren unterstützen. Das Gesuch sei noch hängig, komme jedoch demnächst zum Abschluss, wie Anita Treml vom zuständigen Verein Stadtbelebung Clara sagt.
«Wir wollen die Stadt beleben, den Claraplatz aufwerten.»Anita Treml vom Verein Stadtbelebung Clara
Die Idee eines bunten Markts ist in der Interessensgemeinschaft Kleinbasel (IGK) geboren, dessen Präsidentin Treml ist. Entsprechend eng arbeitet der neu gegründete Verein mit dem benachbarten lokalen Gewerbe zusammen; sogar der Name Claramarkt ist mit der gleichnamigen Migros-Filiale abgesprochen.
Der Claraplatz solle ein lebendiger Treffpunkt für die ganze Bevölkerung werden – womit explizit auch die Migrationsbevölkerung angesprochen wird. Menschen sollten hier zusammenkommen und neue Begegnungen machen, Kinder herumrennen: «Wir wollen die Stadt beleben, den Claraplatz aufwerten», sagt Treml im Gespräch. Denn, so wie der Claraplatz jetzt daherkomme, lade er kaum zum Verweilen ein.
Multikulturelle DNA
Auch wenn sich die Situation aufgrund vermehrter Polizeikontrollen jüngst verbessert hat, bieten hier Drogendealer nach wie vor ihre Ware an und Randständige belegen die Sitzbänke bei der Tramhaltestelle. Der Platz habe sich zum Sorgenkind der Stadt entwickelt, hiess es im SRF-Regionaljournal noch letztes Jahr. Vergangenen Oktober musste in der Clarakirche sogar ein Security installiert werden, weil der heilige Ort für den Drogenkonsum missbraucht wurde.
Vertreiben will man die Randständigen durch die Belebung jedoch nicht, wie Treml, eine Kleinbaslerin durch und durch, bereits der BaZ versicherte. Alle hätten im Kleinbasel mit seiner multikulturellen DNA Platz. Anders verhält es sich mit den Kügelidealern, welche die Bevölkerung seit Längerem auf Trab halten. So manch einer wünscht sich hier wohl, sie würden aus dem Stadtbild verschwinden.
Drogen und Dreck – Wie verbessern wir die Situation?Dreck ist sichtbarer geworden: Sei es in Geschäftseingängen, Kirchen oder auf den Strassen vom Clara- bis zum Matthäusplatz. Aber wer macht den Dreck? Gerade mit Blick auf die warme Saison, den ESC oder die Einführung der Superblocks diskutieren wir am nächsten Drogenstammtisch, den Bajour gemeinsam mit dem Stadtteilsekretariat Kleinbasel organisiert, wie wir mit Müll, Hygiene und menschlichen Bedürfnissen in unserer Stadt umgehen. Welche Projekte funktionieren – und wo brauchen wir neue Lösungen?
Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung nicht nötig.
Dienstag, 25.3.2025 19-20.30 Uhr Rheinfelderhof Hammerstrasse 61 4058 Basel
Moderation: Martina Rutschmann
Doch ein Markt ist kein Allheilmittel, das weiss auch Treml. Und demnach dürfte wohl auch der neue Claramarkt keine grosse Veränderung bringen, wenn es darum geht, Belebung und Durchmischung zu erreichen. Insbesondere die Kügelidealer werden sich von einem Markt kaum vertreiben lassen.
Dass ein Markt das Drogenproblem durch Belebung nicht zu lösen vermag, zeigt auch das Beispiel des Quartiermarktes auf dem Matthäusplatz, wo ebenfalls jeden Samstag Frisches aus der Region, vor allem Bioprodukte, angeboten werden. Der Matthäusplatz ist es, der mehr noch als der Claraplatz in der Vergangenheit für Schlagzeilen gesorgt hat, weil hier nachts gerne konsumiert wird, was vielen Anwohner*innen den Schlaf raubt. Der wöchentliche Markt änderte an dieser Situation nichts. Die repressiven Polizeiaktionen hingegen verbesserten die Situation auch hier zwischenzeitlich, doch der Frühling steht wieder vor der Tür.
Stadtbelebung durch Markt
Aber auch ohne Drogenproblematik ist es fraglich, inwiefern ein Markt eine Stadt zu beleben vermag. Während man unter den bunten Saisonmärkten gerne das gesellige Beisammensein versteht, darf nicht vergessen werden, dass ein Markt mit viel Aufwand verbunden ist, dass daran Existenzen hängen. So würden die Bäuer*innen aus der Region wohl nicht mehr herkommen, wenn sie nur noch der Belebung der Stadt dienen sollten und kaum noch etwas verdienten.
Kommt hinzu, dass es in Basel bereits eine ganze Reihe an Märkten gibt. Sie befinden sich jedoch vor allem in den Quartieren. Der wohl erfolgreichste ist jener auf dem Matthäusplatz, wohl auch deshalb, weil hier von Anfang an die Nachbarschaft mit viel Aufwand einbezogen wurde. Auch hier wurde versucht, die Migrationsbevölkerung mitzunehmen; so werden seine Saisonmärkte frei von jeglicher Konfession Zimt- statt Weihnachtsmarkt oder Bärlauch- statt Ostermarkt genannt. Wirklich gelungen ist der Einbezug der migrantischen Bevölkerung allerdings nicht, räumt Theres Wernli, die den Markt mitaufgebaut hat, selbstkritisch ein. «Die Menschen hier leben in ihrer Ökonomie.» Geworden ist der Matthäusmarkt also vor allem eines: «Ein Treffpunkt fürs Quartier, für die Bevölkerung; die Menschen fühlen sich wohler.»
«Aufwerten heisst immer auch abwerten.»Theres Wernli, Leiterin Stadtteilsekretariat Kleinbasel
Wernli, die auch Leiterin des Kleinbasler Stadtteilsekretariats ist, zeigt sich wenig begeistert von der Idee einer Aufwertung des Kleinbasels durch den Claramarkt, denn: «Aufwerten heisst immer auch abwerten. Unsere Plätze sind vielleicht weniger schön, wir haben mehr Menschen und eine andere Kaufkraft, trotzdem zieht das Kleinbasel eben mit diesem Mix, der Sonnenseite am Rhein und einer grossen Toleranz viele Menschen an.»
So ist Wernli, die lieber von Nutzungsvielfalt spricht, denn auch skeptisch, dass der Claraplatz – der in ihren Augen vor allem ein verkehrsorientierter Platz ist – durch einen neuen Markt Aufenthaltsqualität bekommen wird, insbesondere wenn das Claragrabentram kommt, das vonseiten der Anwohnenden bereits stark in der Kritik steht. «Der Claraplatz braucht einen ganzen Strauss von Massnahmen, und sie müssen auf den Ort zugeschnitten sein, das bedeutet, sie mit der Bevölkerung zu entwickeln.»