Ein Willkommensruf aus dem Neubad

Nachdem einige Anwohner*innen sich für ein Spielplatzverbot für UMA eingesetzt haben, äussern sich nun Eltern aus dem Quartier, die ein ganz anderes Zeichen setzen möchten.

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Diesen Spielplatz dürfen die UMA gemäss Hausordnung nicht betreten. (Bild: Anja Waldkircher)

Eigentlich wollten sie eher im Hintergrund bleiben, nicht an die Medien gehen, im Privaten für Integration und gute Stimmung im Quartier sorgen. Aber nun, da die ganze Stadt über die Nachbarschaft im Neubad spricht, die nicht möchte, dass die unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden (UMA), die Anfang des nächsten Jahres im ehemaligen Hotel Balegra an der Reiterstrasse 1 einziehen werden, mit ihren Kindern auf dem privaten «Plätzli» im Hinterhof in Kontakt kommen – da haben sie sich entschlossen, doch öffentlich klar zu machen, dass es dort auch andere Stimmen gibt:

«Wir sind zwar nur Wenige, aber klar in unserer Haltung», sagt Vera Conrad. Sie wohnt mit ihrer Familie in dem geografischen Dreieck, das den Spielplatz umgibt. Wie fünf weitere Familien auch, hat sie gegen das Spielplatzverbot für die UMA gestimmt. Sie stehen damit 21 Stimmen für das Verbot gegenüber – 17 Parteien haben sich enthalten. «Es macht mich beklommen, dass diese Angst vorherrscht und man den jungen Menschen gar nicht erst eine Chance gibt», sagt sie am Telefon. Gerade in einem Quartier wie dem Neubad, in dem viele privilegierte Menschen wohnen, sei das traurig. «Es ist nicht so, dass das Plätzli überbevölkert wäre», sagt sie. Eines ihrer Kinder spielt gelegentlich dort. Die anderen beiden sind schon grösser und halten sich kaum mehr dort auf. Und so wäre es wahrscheinlich auch bei den jugendlichen UMA gewesen, vermutet Conrad – sie werden sich andere Orte im Quartier suchen, die ihnen mehr entsprechen.

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Neben Rutsche, Klettergerüst und Schaukel befindet sich auf dem «Plätzli» auch eine Tischtennisplatte. (Bild: Anja Waldkircher)

Davon geht auch Lukas Müller aus, er ist ebenfalls Anwohner. Seine Kinder sind noch kleiner und spielen gelegentlich auf dem «Plätzli». «Ich denke, die UMA hätten höchstens ab und zu die Tischtennisplatte genutzt und die ist wirklich so gut wie nie besetzt.» Er findet es schade, dass nun, bereits bevor die Jugendlichen überhaupt eingezogen sind, ein solch negatives Zeichen gesetzt wurde. Ausserdem hätte die Mehrheit der Anwohner*innen gar keine kleinen Kinder und würden sich deshalb auch nicht auf dem Spielplatz aufhalten. Von den Familien mit Kindern hätten sich einige explizit gegen ein Verbot ausgesprochen.

Auf Bedürfnisse reagieren

Um den neuen Quartierbewohner*innen zu signalisieren, dass es in der Nachbar*innenschaft auch Menschen gibt, die sie gerne willkommen heissen, möchte die Gruppe nun Kontakt mit der Sozialhilfe aufnehmen. Was genau dann geplant werde, um die Integration zu unterstützen, sei noch unklar, berichtet Sonja Kuhn, die mit ihrer Familie ebenfalls am «Plätzli» wohnt. «Wir werden auf die UMA beziehungsweise auf ihre Betreuer*innen zugehen und mit ihnen besprechen, was zweckdienlich ist», sagt sie. Sie versteht die aktuelle Lage in der Migration als gesamtgesellschaftliche Aufgabe und findet es wichtig, sich mit Menschlichkeit zu begegnen.

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Der private Spielplatz ist umringt von Einfamilienhäusern. (Bild: Anja Waldkircher)

SP-Grossrätin Amina Trevisan – die nicht im betroffenen Dreieck wohnt – hat bereits eine Interpellation eingereicht, in der sie die Regierung dazu befragt, welche Orte des freien Aufenthaltes im öffentlichen Raum es in der Nähe gibt, die von den Jugendlichen genutzt werden können und welche Massnahmen getroffen werden, um Begegnungsorte zwischen Anwohnenden und UMA zu ermöglichen.

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Helena Krauser

Das ist Helena (sie/ihr): Helena hat Kultur studiert, um über Kultur zu schreiben, während dem Studium aber in so vielen lokalen Redaktionen gearbeitet, dass sie sich in den Lokaljournalismus verliebt und die Kultur links liegen gelassen hat. Nach Bachelor und Praktika startete sie den zweiten Anlauf zur Versöhnung mit der Kunst, ein Master in Kulturpublizistik sollte es richten. Dann kam das Leben (Kinder, Festanstellung bei der bz) dazwischen. Finally beim FRIDA Magazin gab’s dann kurz richtig viel Kultur und die Entdeckung, dass mehr eben doch besser ist. Deshalb macht sie bei Bajour jetzt beides.

Kommentare

Franca Hänzi
09. Dezember 2024 um 15:37

schwierig

Als ehemalige Anwohnerin möchte ich betonen, dass dieser private Spielplatz in seiner Funktion als privater Spielplatz immer mal wieder Anlass gegeben hat für nachbarschaftliche Gehässigkeiten. Wehe es hat mal ein Kind dort gespielt, dass nicht aus dem direkten geographischen Dreieck zuhause war. Deshalb ist es wahrscheinlich für alle besser, wenn von Anfang an klar ist, dass die Jugendlichen sich dort zu ihrem eigenen Schutz nicht aufhalten sollen. Ich finde es furchtbar.

Roland Stark
09. Dezember 2024 um 18:19

Mich verwundert dieses Ergebnis nicht. Die gleichen Leute, die die Nase rümpfen, wenn im Kleinbasel kritische Stimmen gegen Flüchtlinge laut werden, äussern hier, im privilegierten rot-grünen Neubad-Biotop, selbstverständlich Bedenken, wenn jugendliche Flüchtlinge einen Spielplatz benutzen sollen. Präventiv. Doppelmoral von Gutmenschen nenne ich das. Roland Stark, Bewohner Neubad

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Christine Keller
Grossrätin SP

Danke!

Diesen wenigen Anwohnenden bin ich sehr dankbar! Bravo! Für mich ist die Haltung der Mehrheit der Bewohnenden schlicht unverständlich. Und ich bin auch der Meinung, dass die Sozialhilfe nicht hätte nachgeben dürfen. Es geht nicht nur darum, ob die jungen Geflüchteten den Hinterhof gerne genutzt hätten - wobei der Tischtennistisch ja auch für Jugendliche vielleicht schön gewesen wäre. Es geht um die tiefe fremdenfeindliche Symbolik eines Betretungsverbotes. Das ist nicht akzeptabel in meinen Augen, als Präventivmassnahme.

Venanz Nobel
10. Dezember 2024 um 10:13

Interpellation, Fluch oder Segen?

SP-Grossrätin Amina Trevisan hat also in ihrer Interpellation gefordert, die geeigneten Plätze zu zählen. Das ist sicher gut gemeint. Aber ist es auch zielführend? Sollten die Jugendlichen nicht selber das Passende suchen & finden? Es besteht die akute Gefahr, dass schlafende Hunde geweckt werden noch bevor der erste Jugendliche seinen Rucksack im Haus abgelegt hat.