«Es geht nicht nur um die Wirtschaft, sondern vor allem um die Menschen»

SP-Nationalrätin Sarah Wyss ist erleichtert, dass die pro-europäische Initiative «Zämme in Europa» in Basel-Stadt deutlich angenommen wurde. Aus ihrer Sicht stellt die kantonale Abstimmung ein «Leuchtturm-Entscheid» für die restliche Schweiz dar.

Sarah Wyss Europa
Will den Schwung der kantonalen Abstimmung für nationale Entscheide in Bezug auf die EU nutzen: Sarah Wyss. (Bild: Adobe Stock/zVg (Collage: Bajour))

Sarah Wyss, die Initiative «Zämme in Europa» wurde klar angenommen. Sind Sie erleichtert über das Ergebnis?

Ja, ich bin sehr erleichtert. Es zeigt einmal mehr, dass Basel für stabile Beziehungen mit Europa einsteht. Das ist vor allem für die Zukunft sehr wichtig.

Ist dieses Resultat für die anstehenden Abstimmungen über die 10-Millionen-Initiative und das neue bilaterale Vertragspaket wichtig?

Wir können diesen Schwung nun nutzen. Die Diskussionen werden nicht einfach sein, sehr konkret. Die Arbeit, die wir bisher gemacht haben, können wir für die anstehenden Abstimmungen nutzen.

Ist das Ja aus Basel auch ein Signal an die restliche Schweiz?

Ich glaube schon, dass es ein Leuchtturm-Entscheid ist, etwas das ausstrahlt. Erstmals haben wir in Basel-Stadt in der Verfassung festgeschrieben, dass wir gute und stabile Beziehungen zur EU wollen. Das ist in keiner anderen kantonalen Verfassung verankert. Das zeigt auch die Wichtigkeit für den Kanton Basel-Stadt. Gleichzeitig zeigt es, dass Basel-Stadt auf die nationale Politik angewiesen ist und dass wir es dort schaffen müssen, gute Beziehungen zur EU zu haben – für die Wirtschaft, für die Gesellschaft, für die Kultur, für alles. Es ist nicht nur die Wirtschaft, sondern das ganze Leben. Die EU ist auch eine Wertegemeinschaft. Das müssen wir wieder verstärkt in den Fokus rücken. Es geht nicht nur um die Wirtschaft, sondern vor allem um die Menschen.

Kommen wir zu den nationalen Abstimmungen: Die Abschaffung des Eigenmietwerts wird voraussichtlich angenommen, bei der E-ID ist es noch unklar, Basel-Stadt hat sie angenommen. Wie ist hier Ihr Gefühl?

Ich bin sehr überrascht, dass es bei der E-ID so knapp ist, denn im Parlament war es unbestritten. Alle Parteien sind klar der Meinung, dass es diese sichere E-ID braucht. Deshalb bin ich sehr erstaunt. Beim Eigenmietwert bin ich enttäuscht vom jetzigen Trend. Auch von der Basler Stimmbevölkerung mit rund 80 Prozent Mieterschaft hätte ich erwartet, dass sie anders abstimmt. Hier ist es uns nicht gelungen, unsere Argumente an die Leute zu bringen.

Waren bei der E-ID die Zweifel zu gross in Bezug auf Datensicherheit und die versprochene Freiwilligkeit?

Das Thema Digitalisierung ist immer schwierig. Weshalb will man eine digitale Identität und was bedeutet das? Die Skepsis kann gross sein, gerade wenn man nicht Digital Native ist. Deshalb ist die Angst vor dem Digitalen und dessen Nutzen gross. Aber wir müssen jetzt erst einmal abwarten, was die Gründe sind für dieses eher knappe Resultat.

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