Die Heldin der ausgebliebenen Schlacht

FDP-Regierungsratskandidatin Eva Biland opfert sich, um die bürgerliche Politik im Kanton nicht zu schwächen. So ehrenhaft das sein mag, der Umgang mit dieser Kandidatur war zumindest menschlich fragwürdig, kommentiert Politikredaktorin Valerie Zaslawski.

KOMMI
Eva Biland ist für Johannes Barth quasi die Heldin der Basler Wahlgeschichte. (Bild: PD)

Immerhin als «Winkelried» bezeichnete der Basler FDP-Parteipräsident und Neo-Grossrat Johannes Barth am fünften Parteitag im Häbse seine Regierungsratskandidatin Eva Biland, die am Montagabend vor den Delegierten verkündete, dass sie trotz «solidem Ergebnis» nicht zu einem zweiten Wahlgang antreten werde – nur die FDP und die BaZ ordnen das allerdings so ein. Biland ist für Barth also quasi die Heldin der Basler Wahlgeschichte, die sich opfert, um eine rot-grüne Mehrheit in der Exekutive zu verhindern. Die Heldin der für sie ausbleibenden Schlacht in Basel. 

Biland ist die Entscheidung sichtlich schwer gefallen: Als Präsidentin einer Kampfsportschule habe sie noch nie einen Kampf aufgegeben, sagt sie. Auch gegenüber Bajour sagte sie am Sonntagmittag noch: «Ich bin gar nicht enttäuscht. Natürlich gebe ich alles, dass es jetzt allenfalls klappt mit einem zweiten Wahlgang», und: sie würde sich zur Verfügung stellen, sofern die Partei das wünsche. 

Aber die Ausgangslage sei knifflig, fährt sie fort; nur die Bisherige Esther Keller (GLP) muss in den zweiten Wahlgang, und die Grüne-Kandidatin Anina Ineichen hat überraschend gut abgeschnitten. Dass in diesem Raum, am Parteitag der FDP, niemand eine Grüne in der Regierung haben möchte, ist sonnenklar. Und mit dem Rückzug Bilands rechnen sich die Freisinnigen zurecht bessere Chancen aus, dieses Szenario zu verhindern. Es dominieren die strategischen Überlegungen.

Die harte Wahrheit: Von Beginn weg hat die FDP gezeigt, wie man es nicht macht.
Valerie Zaslwski

Nun kann Biland sich also wieder ihren Patient*innen widmen, die sie, auch das betont sie an diesem Abend, absichtlich nicht gewählt hätten, weil sie sie nicht missen wollten. Applaus. Und Zuspruch ausgerechnet von der Riehener FDP-Grossrätin Silvia Schweizer, die Biland für die Grossratsliste verhindert hatte. Sie sagt: «Ich schätze den Entscheid von Biland.» 

Die FDP wird also Keller unterstützen, die die Bürgerlichen in ihrer Hoffnung auf das L (wie liberal) in GLP zwar enttäuscht hat, wie Barth sagt. «Wir haben das L nicht gesehen.» Dennoch: «Es ist das kleinere Übel, sie anzukreuzen, als Ineichen in der Regierung zu haben.» Barth betont nochmals die Angriffslust der FDP: «Wir greifen als FDP an, wir müssen es probieren, wie die Grünen.» Aber offenbar nicht mit Biland. Und gegen die Grünen soll es die GLP richten. GLP-Vizepräsident Daniel Ordás zeigt sich gegenüber Bajour zuversichtlich: «Wir sind überzeugt, dass für Basel weiterhin eine stabile und nachhaltige 3:1:3-Regierung sinnvoll ist und dass auch die Wähler*innen das so sehen werden.»

Dann wird ein Haken hinter die Sache gesetzt und die Partei widmet sich den Abstimmungsparolen für den 24. November, an dem die Stimmbevölkerung über verschiedene Vorlagen entscheiden wird: Unter anderem Mietrecht (FDP sagt Ja), Ausländer*innenstimmrecht (Nein), Musikvielfaltsinitiative (Nein) und den Rheintunnel bzw. Strassenbau (Ja). Die Vorlagen dürften insbesondere die Linken mobilisieren, weshalb unklar ist, ob die bürgerliche Strategie aufgeht. Sollte Keller auf bürgerlicher Seite nicht genug mobilisieren, könnte Ineichen trotzdem das Rennen machen. Die Grünen-Co-Präsidentin Raffaela Hanauer bestätigte am Montagabend: «Wir rechnen uns sehr gute Chancen aus.» Nun ist denn auch davon auszugehen, dass die anfangs zögerliche SP die Ineichen-Kandidatur unterstützen wird, kommuniziert wird aber erst am Dienstag.

Es ist exemplarisch, wie unterschiedlich die beiden Parteien – FDP und Grüne – mit ihren Kandidatinnen umgegangen sind.
Valerie Zaslawski

Was bleibt, ist ein übler Après-Wahl-Kater: Es ist exemplarisch, wie unterschiedlich die beiden Parteien – FDP und Grüne – mit ihren Kandidatinnen umgegangen sind. Davon zeugten auch am Sonntag die Medienmitteilungen. Während die Grünen das positive Abschneiden von Ineichen betonten und ankündigten, den Parteigremien zu beantragen, mit ihr im zweiten Wahlgang anzutreten, findet sich in dem Schreiben der FDP kein einziges Wort zu Biland.

Die harte Wahrheit: Von Beginn weg hat die FDP gezeigt, wie man es nicht macht. Menschlich war der Umgang mit dieser Kandidatur mehr als fragwürdig. Angefangen bei der Betonung der Frauenkandidatur, obwohl Biland explizit keine Quotenfrau sein wollte, dann deren Lotterie-Kür, bei der im Nachhinein wohl die falsche Kandidatin aufgestellt wurde, über den Ausschluss Bilands von den Grossratswahlen und schliesslich ihr Rückzug für den zweiten Wahlgang, zu dem die Kämpferin, davon ist auszugehen, wohl gedrängt worden ist.

Falls noch jemand daran gezweifelt hat: Die FDP empfiehlt sich nicht als Karriere-Ort, besonders nicht für Frauen, daran ändern auch die jüngsten Bemühungen nichts. Im Gegenteil. Nun hat die FDP Nadine Gautschi verheizt, Karin Sartorius ist weg und Tamara Alù, die erfolglos für den Grossen Rat kandidierte (und sich zuvorderst für die Frauen in ihrer Partei engagiert), dürfte der Sprung ins Parlament nun bis auf Weiteres verwehrt bleiben.

Nichtsdestotrotz dürfte Biland nun erlöst worden sein. Sie muss nicht nochmals für eine Partei hinstehen, deren Support – zumindest von aussen betrachtet – halbherzig wirkt. 

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Das ist Valerie (sie/ihr):

Nach einem ersten journalistischen Praktikum bei Onlinereports hat Valerie verschiedene Stationen bei der Neuen Zürcher Zeitung durchlaufen, zuletzt als Redaktorin im Bundeshaus in Bern. Es folgten drei Jahre der Selbständigkeit in Berlin, bevor es Valerie zurück nach Basel und direkt zu Bajour zog, wo sie nun im Politikressort tätig ist.

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