Vogel-Strauss-Politik muss ein Ende haben

Die beiden Basel würden basierend auf dem Universitätsvertrag pro Student*in vier bis fünf Mal mehr zahlen als die übrigen Kantone. Daher brauche es die Uni-Finanzierungs-Initiative, schreibt der Präsident der Gemeinde Rünenberg.

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Thomas Zumbrunn möchte den Universitätsvertrag per Ende 2027 kündingen. (Bild: Valerie Wendenburg)

Elf Baselbieter Gemeinden haben die Initiative «Für eine faire Beteiligung aller Kantone an der Universität Basel (Uni-Finanzierungs-Initiative)» eingereicht. Das politische Establishment reagiert entsetzt, spricht von einem «populistischen» Anliegen und sieht die Zukunft der Universität Basel in Gefahr. Warum der Aufruhr?

Thomas Zumbrunn
Zur Person

Thomas Zumbrunn ist Co-Geschäftsführer von Pro Natura Baselland und seit Juli 2020 Gemeindepräsident von  Rünenberg. Der Rünenberger Gemeinderat hat die Uni-Finanzierungs-Initiative lanciert, die ein neues Finanzierungsmodell für die Universität Basel vorsieht. 

Einerseits bezahlen die beiden Basel basierend auf dem Universitätsvertrag pro Studierenden vier bis fünf Mal mehr als die übrigen Kantone. Pro Jahr verschenken sie so je über 60 Millionen Franken, Tendenz stark steigend. Die Globalbeiträge werden für die Leistungsperiode 2026-2029 um elf Prozent steigen. Andererseits muss Baselland aufgrund der finanziellen Schieflage wieder einmal sparen und neue Einnahmequellen erschliessen, und zwar fast 400 Millionen Franken in den Jahren 2025-2028.

Auch wenn die verordneten Massnahmen von Regierungs- und Landrat gerne schöngeredet werden, geht es ans Eingemachte: In der Sekundarschule werden Lektionen gestrichen, über angepasste Verzugs- und Vergütungszinsen findet eine versteckte Steueranpassung statt, bescheidene Budgets wie beim Natur- und Landschaftsschutz werden beschnitten, und so weiter und so fort.

Während Baselland seine über zwei Milliarden Franken Schulden nicht abbauen kann, sind Basel-Stadt und Aargau (mit der drittgrössten Gruppe von Studierenden an der Universität Basel) längst schuldenfrei und haben Reserven gebildet. Der Aargau wird demnächst abermals die Steuern senken, obwohl die dortige Steuerlast bereits deutlich tiefer ist als im Baselbiet. Jeder Kanton hat die Regierung und das Parlament, die er verdient. Wir haben offensichtlich eine Exekutive und eine Legislative, die schlecht haushalten. Allein die Schuldzinsen betragen etwa 30 Millionen Franken pro Jahr.

Gewaltige Umverteilung

Wir Initiativgemeinden verorten eine lückenhafte Umsetzung des nationalen Finanzausgleichs durch den Kanton. Im Rahmen des Ressourcen- und Lastenausgleichs findet eine gewaltige Umverteilung von Geldern zwischen Bund und Kantonen statt, damit alle Kantone über genügend Mittel verfügen, um ihre Aufgaben wahrnehmen zu können – auch im Bereich Bildung.

Nächstes Jahr bezahlt der wirtschaftlich potente Kanton Basel-Stadt 148 Millionen Franken, Aargau und Solothurn erhalten netto über eine Milliarde Franken, Baselland hingegen nur 5 Millionen Franken, da es auf dem Papier über eine viel höhere steuerlich ausschöpfbare Wirtschaftskraft verfügt als die «armen», ressourcenschwachen Kantone Aargau und Solothurn.

Dass die beiden Basel Trittbrettfahrer-Kantone mit Milliarden von Franken quersubventioniert haben, ist ein gewaltiges politisches Versagen.

Das fünfte, integrale Instrument des nationalen Finanzausgleichs, die «verstärkte Zusammenarbeit unter den Kantonen», wurde bis heute vom Kanton Basel-Landschaft nur lückenhaft angewendet. Die Bundesverfassung sieht seit dem Jahr 2008 in Art. 48a vor, dass die Bundesversammlung Kantone zur Beteiligung an interkantonalen Verträgen verpflichten kann. Konkretisiert wird dies in Art. 15 Abs. 1 Finanz- und Lastenausgleichsgesetz.

Jahrzehntelanges Versäumnis

Baselland müsste lediglich einen Antrag an die Bundesversammlung stellen, die anderen Kantone zur Beteiligung am Universitätsvertrag zu verpflichten. Er hat dies seit bald 18 Jahren sträflich unterlassen, obwohl er wie Basel-Stadt laut Universitätsvertrag zu einer Erweiterung der Trägerschaft verpflichtet ist.

Dass die beiden Basel seit Inkrafttreten des Universitätsvertrags Trittbrettfahrer-Kantone mit Milliarden von Franken quersubventioniert haben, ist ein gewaltiges politisches Versagen. Der Aufschrei vieler Politikerinnen und Politiker kann damit erklärt werden, dass es unangenehm ist, auf ein jahrzehntelanges Versäumnis hingewiesen zu werden. Statt das immer heisser werdende Eisen endlich anzufassen, tut man die Initiative lieber als realpolitisch unmöglich und schädlich ab und übt sich weiterhin in Nichtstun, ohne einen alternativen Weg aufzuzeigen.

Flyer Podium Uni Basell-6 (2)
Quo Vadis, Uni Basel?

Bajour lädt zur Podiumsdiskussion ein: Wir sprechen über die Zukunft der Uni Basel und darüber, wie sie sich künftig finanzieren und positionieren möchte.

Zur Anmeldung

Wir Initianten haben nichts gegen die Uni Basel, aber auch nichts gegen den Kanton Basel-Landschaft, welcher aufgrund seines fahr- und nachlässigen Verhaltens regelmässig zur Ader gelassen wird. Unsere Initiative fordert deshalb die Kündigung des Universitätsvertrags per Ende 2027 und die Ausarbeitung eines neuen interkantonalen Vertrags über eine gemeinsame Trägerschaft der Uni Basel unter Einbezug aller Kantone. Falls sich die übrigen Kantone verweigern, würde Baselland ab 2030 legitimerweise wie die übrigen Kantone nur noch Beiträge auf Basis der Interkantonalen Universitätsvereinbarung (IUV) bezahlen. Auch dieser Vertrag garantiert übrigens den gleichberechtigten Zugang aller Studierenden zur Universität Basel.

Dringend nötiger Druck

Das häufig vorgebrachte Totschlagargument, die beiden Basel würden im Gegenzug zu den viel höheren Beiträgen an die Uni Basel ja schliesslich von einem Standortvorteil profitieren, ist eine reine Nebelpetarde. Ein Standortvorteil, der sich in den beiden Basel vermutlich in höchst unterschiedlichem Masse auswirkt, wird nämlich bereits im nationalen Ressourcenausgleich berücksichtigt. Ein anderes Totschlagargument ist, dass die Universität Basel für die Region von herausragender Bedeutung sei. Dies ist aber kein Argument gegen die Initiative, sondern bloss eine Plattitüde, eine Binsenwahrheit, die von niemandem bestritten wird.

Statt sich die grossen Brocken wie die Uni-Finanzierung vorzuknöpfen, lässt die Baselbieter Politik lieber den eigenen Kanton darben, um mit den eingesparten Mitteln Trittbrettfahrer-Kantone zu beschenken. Dies muss endlich ein Ende haben. Den dafür dringend nötigen Druck erzeugt die Uni-Finanzierungs-Initiative.

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