GLP-Grossrat Sieber verlangt Antworten
Johannes Sieber möchte in einer Interpellation von der Regierung wissen, ob die Minimalstandards des regulären Asylsystems reichen, wenn die wohlhabende Schweiz schon proaktiv traumatisierte Menschen ins Land hole.
Die Schweiz wird 20 verletzte Kinder aus dem Gazastreifen aufnehmen, die dringend medizinische Versorgung brauchen. In die Rettungsaktion sind sowohl Bund als auch Kantone involviert. Am Montag bestätigte Anne Tschudin, Sprecherin des Basler Gesundheitsdepartements, gegenüber der BaZ, dass der Stadtkanton vier Kinder aufnehmen wird, die nach Ankunft im Kinderspital UKBB betreut werden sollen. Geplant ist, dass Angehörige die Kinder begleiten. Wann die Kinder ankommen, sei noch unklar, ebenso sei die Unterbringung der Angehörigen noch in Abklärung.
GLP-Grossrat Johannes Sieber begrüsst die Bereitschaft des Kantons, findet jedoch, «es muss sichergestellt werden, dass dieses Engagement mit der nötigen Sorgfalt eingegangen wird.» Er reicht am Mittwoch eine Interpellation ein, mit der die Regierung Transparenz schaffen solle. Und sagt zu Bajour: «Die Rettungsaktion darf keine Schaufensterübung werden.» Damit meint er: Keine Übung, nur um gut dazustehen. Sie müsse Hand und Fuss haben.
Spezielles Verfahren?
So reagiere der Bundesrat auf grossen Druck hin zwar richtig, findet Sieber, doch wenn man Menschen proaktiv in die Schweiz und somit in ein mit Fragen behaftetes Asylsystem hole, habe er seine Zweifel, ob die vorherrschenden Mechanismen ein ausreichendes Setting gewährleisteten. So will er neben Fragen der Finanzierung (wer bezahlt, der Bund oder die Kantone?) von der Regierung wissen, ob die betroffenen Personen dem ordentlichen Asylverfahren unterlägen oder sich ihr Aufenthalt auf eine besondere gesetzliche Grundlage beziehungsweise ein spezielles Verfahren stütze. Auch will er wissen, in welchem Umfang psychologische Betreuung der zum Teil traumatisierten Begleitpersonen geleistet werde.
«Es muss sichergestellt werden, dass dieses Engagement mit der nötigen Sorgfalt eingegangen wird.»GLP-Grossrat Johannes Sieber
«Die Betreuung kriegsbetroffener Menschen mit teils schwerwiegender psychologischer Herausforderungen wird im Umfeld von asylbewegten Aktivist*innen immer wieder kritisiert», sagt Sieber, dessen Tante die Basler Asylrechtsaktivistin Anni Lanz ist. Deshalb will er wissen, ob die im regulären Asylverfahren üblichen (und eben in manchen Augen bereits mangelhaften) Massnahmen ausreichend seien. Aber auch, ob die Menschen in einer regulären Asylunterkunft untergebracht würden.
Er stellt weiter Fragen zur Betreuung sowie zur Integration und möchte wissen, welche Massnahmen ergriffen würden, um den Begleitpersonen zeitnah Zugang zu schulischen und insbesondere sprachlichen Bildungsangeboten zu ermöglichen. Aber auch allgemein: Wie den Betroffenen das Zurechtfinden in der Schweizer Gesellschaft erleichtert werde.
«Sollten wir eine Methode finden, wie die Betreuung und Integration gelingen könnte, sehe ich keinen Grund, das Engagement nicht noch zu intensivieren.»GLP-Grossrat Johannes Sieber
Sieber kritisiert: «Wir halten Asylbewerber*innen auf einem Minimalstandard und die Willkommenskultur in Basel ist nicht gerade riesig, wie kürzlich das Beispiel Neubad zeigte, wo es einen Aufschrei gab, nachdem bekannt wurde, dass minderjährige Asylsuchende im ehemaligen Hotel Balegra untergebracht werden.» Ihm geht es indes nicht in erster Linie um eine Kritik am heutigen Asylsystem. Vielmehr möchte er wissen, ob das, was der Kanton für die vier Kinder und ihre Angehörigen bereitstelle, auch angemessen sei. Unabhängig davon wünscht er sich eine proaktivere Kommunikation der Regierung, damit sich die Bevölkerung ein besseres Bild machen könne.
Intensiviertes Engagement
Die Fragen dürfte der Regierungsrat schriftlich beantworten, wohl noch vor der kommenden Session im November. Ebenfalls muss sich die Exekutive mit dem Anzug von Basta-Grossrat Oliver Bolliger beschäftigen; dieser forderte, dass Basel zeitnah humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung in Gaza leistet, sich nach Beendigung des Krieges am Wiederaufbau beteiligt sowie die Aufnahme von Geflüchteten und Kindern prüft.
Vier der verwundeten Kinder werden nun also bald in Basel ankommen. «Sollten wir eine Methode finden, wie die Betreuung und Integration gelingen könnte, sehe ich keinen Grund, das Engagement nicht noch zu intensivieren», sagt Sieber. Die Meinungen dazu dürften allerdings auseinandergehen. So zeigt der Kanton Zürich, wo SVP-Regierungsrätin Natalie Rickli die Aufnahme schwerverletzter Kinder ablehnte, dass in der Politik, aber wohl auch in der Bevölkerung Skepsis mitschwingt. Die SP fordert die Zürcher Regierung nun allerdings in einer Petition auf, Rickli in die Schranken zu weisen.