Handyhotels erobern Basler Schulen

Immer häufiger müssen Handys auch in den Znüni-Pausen in abgeschlossenen Boxen parkiert werden. Der politische Druck steigt, die Handhabe einheitlicher zu gestalten.

Handyhotels
In Basel regelt jede Schule selbst, wie mit dem Handy umgegangen wird. (Bild: Unsplash)

Auf den Punkt:

  • Handys sind an Basler Schulen nicht verboten, sie dürfen aber während der Schulzeit weder hör- noch sichtbar sein.
  • Dank unserer Bajour-Community wissen wir: Die Regeln wurden sowohl an der Sekundarschule Theobald Baerwart als auch an der Sekundarschule Holbein verschärft.
  • An einigen Basler Schulen wurden neu sogenannte Handyhotels eingeführt.

(Noch) sind Handys an Basler Schulen nicht grundsätzlich verboten. Doch gilt während der Schulzeit, dass sie weder hör- noch sichtbar sein dürfen. Im Detail regelt jede Schule den Umgang mit Smartphones selbst. Stichwort: Teilautonomie. Dabei gilt selbstredend, dass Primarschulen einen Tick strenger regulieren als Sekundarschulen, wo die Kinder schon älter sind. Über allfällige Verschärfungen zum Schulstart schwieg sich das Erziehungsdepartement (ED) vergangene Woche auf Anfrage von Bajour aber aus und sagte lediglich, dass es solche mindestens an einer Schule gegeben habe. Um welchen Standort es sich dabei handelt, sollte indes ein Geheimnis bleiben. 

Dank unserer Bajour-Community wissen wir nun: Die Regeln wurden sowohl an der Sekundarschule Theobald Baerwart als auch an der Sekundarschule Holbein verschärft. Die von unseren Leser*innen nach unserem Aufruf von vergangener Woche eingeschickten Dokumente zeigen, dass in den beiden Schulen die Handys in den Pausen nicht (mehr) genutzt werden dürfen; im Unterricht mussten sie auch früher schon ausgeschaltet und zur Seite gelegt werden. 

«Man findet immer eine Lösung, aber es ist halt nicht mehr so einfach.»
Vater einer 15-jährigen Schülerin

Dafür wurden nun sogenannte Handyhotels eingeführt, wie es in dem Schreiben der Sekundarschule Holbein an die Eltern heisst, das Bajour vorliegt: «Für das neue Schuljahr werden in jedem Klassen- und Fachraum sogenannte Handyhotels eingerichtet. Bei Ankunft in der Schule deponieren die Schüler:innen ihr Handy im Handyhotel und erhalten es am Ende des Halbtags wieder zurück.» Dies solle das soziale Miteinander und die Lernmotivation verbessern.

Nahezu dasselbe gilt für die Sekundarschule Theobald Baerwart, wie eine Mutter gegenüber Bajour bestätigt, deren 15-jährige Tochter über die neue Regelung nicht sehr erfreut ist: «Die Kinder müssen 10 Minuten früher in der Schule sein, um das Handy abzugeben. Dasselbe beim Zurückgeben, viele verspäten sich so für den öV.» Auch die Mittagspausen seien dadurch noch kürzer. Kämen die Kinder aufgrund der Abgabe zu spät, gebe es einen Absenz-Eintrag mit Verspätung. Die Mutter sagt: «Wir mussten ein Schreiben unterzeichnen, in dem stand, dass keine Haftung bei einem Diebstahl übernommen wird.»

Mittelgrosse Begeisterung

Auch der Vater einer bald 15-jährigen Holbein-Schülerin, der sich bei Bajour gemeldet hatte, sagt, seine Tochter fände die Anpassungen «wenig praktisch», sie bedeuteten vor allem «einen logistischen Aufwand». Der Austausch zwischen den Schüler*innen während der Pausen habe sich mit der neuen Regelung bisher kaum verändert, sofern man das nach einer Woche bereits beurteilen kann. Und der Vater stellt klar: «Ich finde, es sollte einer Mittelschüler*in überlassen werden, wie er oder sie die Pausen gestalten will.» Ob ein Handyverbot eine neue Kultur herbeiführe, stellt er hingegen infrage.

Auch könne seine Tochter am Pausen-Kiosk nun nicht mehr mit dem Handy bezahlen, auf das der Vater seine Maestro-Karte geladen hatte. Nun nehme die Tochter ihre persönliche Karte mit, bezahle ihr Znüni von ihrem eigenen Konto und der Vater gebe ihr diesen Betrag via Sackgeld wieder zurück. «Man findet immer eine Lösung», sagt er, «aber es ist halt nicht mehr so einfach».

Umgang mit Handy lernen

Anderer Meinung ist Sasha Mazzotti. Sie ist SP-Grossrätin, Primarlehrerin sowie selbst Mutter einer 16-jährigen Tochter. Sie versteht nicht, wieso sich der Kanton so schwer damit tue, strengere und flächendeckendere Regeln einzuführen. Dass man sich in der Diskussion gerne auf die sogenannte Teilautonomie der Schulen beziehe, bezeichnet sie als «ein vorgeschobenes Argument». Die Problematik im Umgang mit Handys sei überall die gleiche, ob in Kleinhüningen oder auf dem Bruderholz. 

Sasha Mazzotti
Ein Handyverbot klingt zwar brutal, aber es braucht Schutzzonen, in denen Kinder andere Anregungen haben.
Sasha Mazzotti, SP-Grossrätin, Primarlehrerin und Mutter einer 16-jährigen Tochter

Mazzotti findet, «Handyverbot» klinge für liberal denkende Menschen zu negativ, darum solle man es als «Schutzzonen» sehen, in denen Kinder und Jugendliche eine «Handypause» machten und sich auf andere Anregungen einlassen dürften. Sie sagt: Kinder müssten den Umgang mit dem Handy lernen, täten dies aber nicht, indem sie in der Pause mit dem Handy spielten statt sich mit Mitschüler*innen zu unterhalten. Sie findet es richtig und wichtig, wenn die Handys – wie nun an immer mehr Basler Schulen – im Unterricht und in der Pause parkiert werden müssten.

Ob Handyhotels, Handyparkplätze oder Handyboxen: Das ED bestätigt, dass immer mehr Basler Sekundarschulen – so auch die Sekundarstufe Gartenstrasse oder Bäumlihof – solche Schliessfächer eingerichtet haben. Nach neuerlichem Druck ist das ED übrigens mit weiteren Schulen herausgerückt, die die Regeln zum neuen Schuljahr (leicht) verschärft haben: Namentlich sind das die Primarschule Vogelsang und die Sekundarschule Wasgenring. Zu den Handyhotels schreibt es: «Die Erfahrungen damit sind gut.» 

Im Herbst kommt dann auch eine Petition des Komitees für eine smartphonefreie Schulkultur in die Petitionskommission des Grossen Rates, die die Entwicklung einer kantonalen Richtlinie fordert. Vielleicht könnten die Handyhotels dafür ja eine Leitschnur sein.

KOMM
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Valerie Zaslawski

Das ist Valerie (sie/ihr):

Nach einem ersten journalistischen Praktikum bei Onlinereports hat Valerie verschiedene Stationen bei der Neuen Zürcher Zeitung durchlaufen, zuletzt als Redaktorin im Bundeshaus in Bern. Es folgten drei Jahre der Selbständigkeit in Berlin, bevor es Valerie zurück nach Basel und direkt zu Bajour zog, wo sie nun im Politikressort tätig ist.

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