Hast du schon einmal eine Burkaträgerin gesehen?

Im März stimmt die Schweiz ab: Sollen Burkas in Zukunft verboten werden? Die Mehrheit ist gemäss einer SRF-Umfrage dafür. Eine Burkaträgerin gesehen haben allerdings die wenigsten. Schon gar nicht in Basel, wie unsere Strassenumfrage zeigt.

Basel, 29. Januar 2021. Es ist stürmisch und der Rhein ist so hoch wie schon lange nicht mehr. Draussen sind wir trotzdem. Rausgetrieben hat uns eine eben veröffentlichte erste Meinungs-Umfrage von SRF: Hätte die Schweiz am 18. Januar über ein Verhüllungsverbot abgestimmt, wäre die Initiative angenommen worden.

Was ist dran an der Umfrage, haben wir uns gefragt, und den Bajour-Check gemacht: Wir haben ohne repräsentativen Anspruch nachgefragt und wollten wissen: Hast du schon einmal eine Frau mit Burka oder Niqab gesichtet? Wir haben mit 20 Leuten gesprochen. Das waren ihre Antworten.

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Tessa Stutz, 66 (Bild: Adelina)

Tessa Stutz: «Nein, ich habe noch nie in Basel eine Frau mit Burka oder Niqab gesehen. Vielleicht verlassen sie ja selten das Haus? Trotzdem finde ich finde es schwierig, mir eine Meinung über dieses Thema zu bilden. Ich frage mich, ob das diese Frauen auch wirklich wollen und ob es nicht irgendwie auch unmenschlich ist.»

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Simone Wyss, 43 (Bild: Adelina)

Simone Wyss: «Ich habe in Basel kaum je eine verschleierte Frau gesehen. Aber diese Initiative ist auf jeden Fall nicht der richtige Weg, unterdrückten Frauen zu helfen, denke ich. Ich glaube, sie geht eher gegen den Islam und nicht um Frauen.»

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Yves, 23 (Bild: Adelina)

Yves: «In Basel habe ich glaubs nur ein Mal beim Hotel 3 König eine Frau mit Burka gesehen. Verstösst die Initiative nicht sogar gegen Religionsfreiheit und Menschenrechte? Ich glaube nicht, dass es den Initiant*innen des Verhüllungsverbots wirklich darum geht, unterdrückten Frauen zu helfen. Darum werde ich gegen die Initiative stimmen.»

Was will die Verhüllungsinitiative?

Die Initiative fordert, dass niemand sein Gesicht im öffentlichen Raum oder bei allgemein zugänglichen Dienstleistungen, zum Beispiel beim Taxifahren, verhüllen darf. Sie kommt von der SVP. Umgangssprachlich wird sie auch «Burka-Initiative» genannt, da das Tragen einer Burka oder einer Niqab damit ebenfalls illegalisiert wird.

Ausnahmen gelten nur in Gotteshäusern oder wenn man aufgrund der Gesundheit, des Klimas oder des einheimischen Brauches eine Gesichtsverhüllung trägt.

Was ist eigentlich eine Burka und was ein Niqab?



Die Burka ist ein Kleidungsstück, das aus religiösen Gründen den ganzen Körper einer Frau verhüllt. Die Augen liegen dabei hinter einem Gitter. Ein Niqab hingegen ist eine Kombination aus Kopfbedeckung und Schal. Er wird ebenfalls aus religiösen Gründen getragen und bedeckt das Gesicht und den Kopf, wobei beim Niqab – anders als bei der Burka – die Augen freibleiben.

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Esther, 72 (Bild: Valerie)

Esther: «Ja, ich habe bereits Frauen in Burkas oder Niqabs gesehen. Die meisten davon aber in Afghanistan. Einmal auch beim Oeschinensee in der Schweiz. Trotzdem werde ich wahrscheinlich Ja stimmen. Ich finde, Migrant*innen, die bei uns leben, sollen sich von unserer Freiheit anstecken lassen können. Schlussendlich wissen wir nicht, ob die Frauen die Burkas freiwillig tragen oder nicht, oder?»

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Stephanie, 35 (Bild: Valerie)

Stephanie: «Ja, ich habe schon irgendwo ein paar Frauen mit Niqab gesehen. Das stört mich aber überhaupt nicht. Ich finde auch, dass es teilweise gut aussieht.»

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Christoph Rudin, 59 (Bild: Valerie)

Christoph Rudin: «Frauen in Burka oder Niqab habe ich auf meinen Reisen in Afrika gesehen. In der Schweiz noch nie. Ob es mich hier irritieren würde, weiss ich nicht. Ich finde die Burka sollte legal bleiben, möchte aber gleichzeitig die Menschen nicht verurteilen, die davon irritiert sind. Weil es stimmt ja schon. Man sieht nicht, wer einem gegenüber sitzt.»

Wie bitte?

Das Fazit unserer Umfrage: Wir haben mit 20 Personen gesprochen. Davon hat eine Person konkret sagen können, dass sie in Basel einmal eine vollverschleierte Frau in der Nähe des Hotel Drei Könige gesehen hat. Eine zweite Person hat bereits mehrmals Burkaträgerinnen gesehen, aber nicht in Basel. Das deckt sich mit einer Studie des Luzerner Islamwissenschaftlers Andreas Tunger-Zanetti. Laut der Studie gibt es schweizweit nur 30 Frauen, die eine religiöse Gesichtsverhüllung tragen. Der Rest sind Touristinnen.

Die Schweiz stimmt am 7. März also über die Frage ab, ob 30 von 8 Millionen Personen eine Burka tragen dürfen oder nicht. Zu diskutieren bleibt: Handelt es sich bei der Verschleierung um ein wirkliches Problem oder geht es um eine Glaubensfrage?

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Adelina Gashi

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