«Ich habe keine Ahnung, wer unsere Regierungsratskandidaten sind»

Gastronomin Louise schmeisst den Wahlzettel jeweils ins Altpapier. Dafür macht sie beim Bajour-Nichtwähler*innenparlament mit. Du auch?

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Super engagiert, aber nicht politisch.

Louise zu erreichen, ist nicht einfach. Sie hat viel um die Ohren, plant ihr nächstes Gastroprojekt in Basel. Nach dem dritten Anlauf klappts, Louise nimmt das Telefon ab und sagt: «Kommen wir grad zum Thema.» Das Thema ist Politik. Und die interessiert Louise eigentlich nicht. Deshalb geht sie normalerweise auch nicht wählen: «Ich weiss einfach zu wenig Bescheid.»

Das hat Gründe. Louise arbeitet viel, sie war beim Terrasamba dabei, führte das Smuk, das Atlantis und bald kommt was Neues: «Deshalb habe ich keine Zeit, mich einzulesen.» Kommt hinzu, in ihrem Bekanntenkreis ist Politik selten Thema: «Wir reden halt über unseren Alltag. Und der ist der Politik sehr fern.»

Ausser während Corona. Als Kleinunternehmerin hat Louise schon mitgekriegt, dass der Bundesrat Hilfspakete für Unternehmer*innen schnürte und der Kanton Basel-Stadt Mieterlasse ermöglichte. Zwar hätte sie sich ein bisschen klarere Hygieneregeln für Beizen gewünscht, aber Louise sagt: «Unter dem Strich habe ich mich sehr gut von der Schweizer und der Basler Politik versorgt gefühlt.»

«Politik ist schon wichtig, aber zu weit weg»

Aber jetzt reden wir ja doch über Politik! Es ist vielleicht typisch. Wenn politische Massnahmen die eigene Lebenswelt, das eigene Business betreffen, werden sie nicht nur relevanter, sondern auch verständlicher. Denn Louise findet Politik nicht unwichtig, im Gegenteil: «Ich finde sie sehr wichtig. Aber sie ist zu weit weg.» Sie kriegt beispielsweise auf Social Media nie etwas von den Kandidat*innen mit. «Ich habe keine Ahnung, wer die sind.» Und auch einfach verständliche politische Infos gäbe es viel zu wenig im Internet. «Das ist doch merkwürdig: Man findet so viel Content im Internet. Aber einfache politische Infos nicht.»

Deshalb macht Louise nun im Bajour-Nichtwähler*innen-Parlament mit: «Das ist eine coole Sache. Ich möchte mich mehr informieren.» Mittlerweile haben sich nebst Louise noch sechs weitere Basler*innen für das Nichtwähler*innen-Parlament angemeldet. Aber wir brauchen noch drei. Eine*r davon bist du, liebe*r Basler*in! Melde dich bei [email protected] an. Dann gehen wir einen trinken und reden über deine Wünsche an die Politik.

Bitte, was?

Entschuldige, wir haben gar noch nicht gesagt, um was es geht. Im Herbst sind in Basel Wahlen und das ist für uns Medien immer eine grosse Sache. Leidenschaftlich füllen wir Artikel für Artikel mit den Versprechen der Politiker*innen. Aber dieses Jahr dachten wir von Bajour: Was ist eigentlich mit all denen, die das gar nicht interessiert? Was denken die so? Das wäre doch auch wichtig!

Was soll das bringen?

Wir wollen Nichtwähler*innen und Politiker*innen zusammen bringen. Die, die nicht wählen, bekommen die Gelegenheit, ihre Wünsche und Fragen bei den Kandidat*innen zu deponieren. Und die Kandidat*innen die Chance, direkt und unkompliziert auf die Bedürfnisse von denen einzugehen, die sie so gerne erreichen würden, aber es nicht schaffen. Also, mach mit! Wir würden uns freuen. Und Louise auch. Sie sagt: «Ich möchte in Zukunft mehr über Politik reden.» Mit dir.

Ich wähle aber schon

Vielleicht hast du ja Freund*innen, die's nicht tun. Dann leite ihnen doch den Link zu diesem Artikel weiter und sag ihnen, sie sollen sich unter [email protected] für das Nichtwähler*innen-Parlament anmelden. Oder zumindest für ein gemeinsames Feierabendbier. Danggscheen!

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Foto Pino Covino

Bei Bajour als: Journalistin.

Hier weil: Das Hobby meines Mannes finanziert sich nicht von alleine.

Davor: Chefredaktorin im Lokalmedium meines ❤️-ens (Bajour), TagesWoche (selig), Gesundheitstipp und Basler Zeitung

Kann: alles in Frage stellen

Kann nicht: es bleiben lassen

Liebt an Basel: Mit der Familie am Birsköpfli rumhängen und von rechts mit Reggaeton und von links mit Techno beschallt zu werden. Schnitzelbängg im SRF-Regionaljournal nachhören. In der Migros mit fremden Leuten quatschen. Das Bücherbrocki. Die Menschen, die von überall kommen.

Vermisst in Basel: Klartext, eine gepflegte Fluchkultur und Berge.

Interessensbindungen:

  • Vorstand Gönnerverein des Presserats
  • War während der Jugend mal für die JUSO im Churer Gemeindeparlament. Bin aber ausgetreten, als es mit dem Journalismus und mir ernst wurde.

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